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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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und die Küste beherrscht. Er fand Gefallen an mir – trotz der Ohrringe.« Antigonos öffnete die Augen und lächelte. »Wir haben drei Tage und drei Nächte miteinander geredet. Ich war so stolz auf das, was ich wußte und konnte, und… Ah, es ist gleich. In der letzten Nacht vor meinem Aufbruch hat er mir gesagt: ›Du bedarfst keiner Hilfe, aber ich will dir dennoch ein Geschenk machen.‹ Ich habe überlegt und ihn dann um einen Rat oder eine Vorhersage für den Krieg gebeten. ›Das kann ich nichts sagte er. ›Dich und Dinge, die dir sehr nah sind, kann ich erfühlen – kleine Dinge, Menschen. Aber du gehörst keiner der beiden kriegführenden Städte wirklich an, keine ist in deinem Blut, keine kann ich fühlen.‹ Dabei hatte ich ihm nie gesagt, daß ich Metöke bin.« Er räusperte sich. »Ich wußte nicht, um was ich bitten sollte. Dann seid ihr mir eingefallen, und ich habe dem alten Mann erzählt – von einem großen Mann, der seine Stadt retten könnte, wenn die Stadt sich nur von ihm retten ließe, von seiner schönen und gütigen Frau, und davon, daß sie zwei Töchter aber keine Söhne haben. Er hat die Augen geschlossen und dann gesagt: ›Ja, ich kann sie sehen. Komm mit.‹ Kurz vor Morgengrauen sind wir zu einer heiligen Stätte gekommen. Dort hat er etwas aus einem goldenen Behälter geholt, die Hände darauf gelegt und es mir gegeben. Dies hier.«
    Antigonos nahm das Tierfell, rollte es auf und breitete es über Kshyqtis und Hamilkars Knie. Die ledrige Unterseite war gegerbt, die gräuliche Wolle der Oberseite fühlte sich an wie grobes Kamelhaar.
    »Ein Tier aus den Bergen des südlichen Erdteils. Sie nennen es liam oder yama. Man benutzt es als Nutz und Lasttier. Es liefert Wolle, Milch, Fleisch und notfalls das gesamte Fell. Es ist gewissen Göttern geheiligt, und dieses yama wurde geopfert. Das ist, was der alte Mann dann gesagt hat: »Es ist für deine Freunde. Sie sollen miteinander darauf liegen. Drei ruhmreiche Söhne; der erste wird größer sein als der Vater, der zweite fast so groß wie der Vater, der dritte ein wenig geringer als der zweite. Wenn der dritte Sohn geboren ist, soll der Vater das Fell mit heiligen Krautern eures Landes räuchern und es im Kampf über Brust und Rücken tragen. Nie darf gischtendes Wasser es benetzen.«
    »Und du«, sagte Kshyqti nach langem Schweigen, »du hast nichts von dem alten Mann bekommen?«
    »Doch.« Antigonos stand auf, ging zu seinem Sessel, setzte sich und ergriff den Weinbecher. »Doch. Viele weise Ratschläge. Und eine Anweisung, die mich überrascht hat. Ich hatte dem alten Mann nichts vom Orakel des Amun erzählt. Aber zum Abschied sagte er: »Und vergiß nicht, von dem Gold, das du mitnimmst, einen Teil dem fernen Gott zu geben, dessen Priester dich hergeschickt hat.«
     
    Die Reise zu Amuns Oase mußte warten; Antigonos verschob sie aufs nächste Frühjahr. Es gab wichtige Dinge zu tun, die nicht mit der Geduld eines dreitausendjährigen Tempels behandelt werden konnten: Kassandros, die Familie, die Bank, das Leben.
    Bostar war ein großartiger Verwalter, aber bisweilen fehlte ihm der weite Blick und die Bereitschaft, Kühnheit und Leichtsinn zu unterscheiden.
    »Aber wozu willst du die Werft verkaufen? Sie macht doch besten Gewinn!«
    Antigonos seufzte. »Hör zu, mein Freund. Was ist vor eineinhalb Jahren in Drepana und bei Kamarina geschehen?«
    »Wollen wir jetzt den Sizilischen Krieg besprechen?«
    »Wir müssen.«
    Bostar schob die Unterlippe vor. »Wenn du meinst… Bei Drepana hat der Nauarch Adherbal eine römische Flotte versenkt, und vor Kamarina der Stratege Qarthalo die andere.«
    Es stimmte nicht ganz; Qarthalo hatte die zweite römische Flotte durch listige Segelmanöver dazu gebracht, vor einer steilen Leeküste zu ankern; als seine erfahrenen Steuerleute die Vorzeichen eines Sturms bemerkten, zog er sich mit seinen Schiffen im letzten Moment zurück, in eine sichere Bucht, während die Römer an den Klippen zerschmettert wurden. Aber auf derlei Feinheiten kam es Antigonos nicht an.
    »Gut. Nun hören wir von unseren Freunden, die mit Rom Geschäfte machen, daß mit Rom keine Geschäfte zu machen sind. Rom ist erschöpft; auf dem Land wird heftig gekämpft, aber es fehlen die Mittel, eine neue Flotte zu bauen.«
    »Wunderbar.« Bostar starrte ihn verständnislos an. »Und?
    Endlich haben wir wieder die Herrschaft über das Meer – und du willst die Werft verkaufen?«
    »Das beste Geschäft mit der Werft sind die

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