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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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ist es sowieso gleich. Mal sehen.«
     
    Am nächsten Nachmittag fuhr Antigonos zum großen Markt vor dem Tynes-Tor. Er hatte ein paar Erkundigungen angestellt und war sicher, den richtigen Mann für Hamilkar gefunden zu haben.
    Der schlanke, dunkelhaarige Daniel trug nur eine lange schmierige Tunika. Er sah aus wie tausend andere Marktbauern, aber die Leute, mit denen er zwischen drei Obstkarren stand und verhandelte, zeigten durch ihre Redeweise und Körperhaltung, daß er der Meister war. Antigonos nahm es aufmerksam zur Kenntnis.
    »Ha, der blöde Hellene!« Daniel drängte sich durch den Kreis, der ihn umgab, und fiel Antigonos um den Hals. »Oder muß ich jetzt Herr Bankbesitzer sagen?«
    »Ziegenschänder«, sagte Antigonos lachend.
    »Na gut, Ziegenschänder. Komm – da drüben kann man besser reden. – Wir sprechen morgen weiter!« Er winkte den Bauern zu und schob Antigonos durch das Gedränge.
    Es war ein unangenehm kühler Nachmittag im Spätherbst; der graue Himmel dämpfte die Farben des Markts, der Kleider und der Waren. Antigonos warf dem Jungen, der sein Pferd und seinen Wagen hütete, eine weitere kleine Münze zu und deutete auf die Tröge. Der kleine zerlumpte Wächter führte das Tier zur Wasserstelle.
    »Längere Wiedersehensfeiern müssen wir aufschieben« , sagte Antigonos. »Ich habe ein Anliegen.« Er wartete, bis die Schanksklavin zwei Becher mit heißem Kräuteraufguß gebracht hatte, der zum Wetter besser paßte als Wein. »Ein wichtiges Anliegen.«
    Daniel runzelte die Stirn, trank und verbrühte sich den Mund.
    Er knirschte irgendeinen Fluch in seiner Sprache. »Braucht deine Bank Geld?«
    »Danke, nein. Ein sehr großer punischer Handelsherr hat mich – die Bank – mit der Verwaltung seines Vermögens beauftragt. Und er braucht einen Gutsverwalter.«
    Daniel kniff die Augen zusammen. »Wo?«
    »In der Byssatis. Es ist ein sehr großes Gut, und es ist eine der ältesten und reichsten Familien.«
    »Und du meinst, die nehmen einen Juden?«
    Antigonos legte die Hände um den heißen Becher. »Die lassen ihr Vermögen durch einen hellenischen Metöken verwalten, der heute abend zusammen mit einem Etrusker bei ihnen essen wird, um mit einem Punier und einem Römer zu reden.«
    Daniel kicherte. »Wilde Mischung.«
    »Ja. Und?«
    Daniel starrte einen Punkt in der Luft an, über Antigonos’ Kopf. »Tja, Tiggo, das kommt ein bißchen plötzlich. Andererseits – mein Vater kann sich auf meine Brüder stützen, der Markt findet einen anderen Meister, ohne Zweifel. Und ich habe das hier lange genug gemacht.«
    »Vergiß nicht – der Punier muß zustimmen, aber dann bin ich dein Herr, als Verwalter des Gesamtvermögens.«
    Daniel grinste. »Dann sieht man sich vielleicht öfter. Was soll ich machen?«
    »Du kommst gleich mit, so wie du bist. Wir reden mit dem Besitzer – wenn er dich will, klären wir die anderen Dinge in den nächsten Tagen.«
    Daniel pfiff leise. »Ich kann doch nicht in diesem Schmuddelzeug vornehme Punier besuchen.« Er hob den von Mist, Lehm, Staub und Obstflecken verzierten Saum seiner Tunika.
    »Die wollen einen Gutsverwalter, keinen Kleiderständer« , sagte Antigonos. »Es kommt auf das an, was du sagst und wie du es sagst, nicht auf deine Fetzen. Aber nach dem ersten Gespräch wirst du dich höflichst zurückziehen – das Essen ist politisch, und…«
    »Klar. Und dann morgen früh in deiner Bank?«
     
    Marcus Atilius Regulus hatte einen kantigen Bauernschädel, war fast kahl und glattrasiert. In den sieben Jahren seiner Gefangenschaft hatte er weder innerlich noch äußerlich Entgegenkommen gezeigt; selbst zu diesem Anlaß erschien er in seiner römischen Tracht – Sandalen, lederner Schurz, Toga. Die beiden jungen Punier, die ihn zu bewachen hatten, aßen außer Hörweite an einem kleinen Tisch.
    Da Regulus nicht den kleinsten Brocken Punisch sprach (oder sprechen wollte) und auch kaum Hellenisch beherrschte, zog Kshyqti sich nach dem Essen zurück. Sie verstand kein Latein; außerdem schien ihr der römische Felsklotz unheimlich zu sein. Der Etrusker, ein kleiner drahtiger Mann mit fahrigen Bewegungen und einer Knollennase, machte sich ein Vergnügen daraus, die starre Grammatik der hölzernen Sprache absichtlich zu zertrümmern. Hamilkars Latein war elegant, soweit Latein elegant sein konnte. Antigonos beherrschte nur die übliche Handelszunge der italischen Küste, ein Gemenge aus Latein, Etruskisch und Hellenisch, konnte aber dem Gespräch

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