Hanibal
hielten einen nackten schwarzen Sklaven fest. Kinn und Oberkörper des Mannes waren blutverkrustet, der Mund wie im Schmerz zusammengepreßt, die Augen geschlossen. Wenn die beiden ihn nicht gestützt hätten, wäre er zusammengebrochen. Ein dritter Punier stand ein wenig seitlich hinter ihnen; er hielt eine brennende Fackel in der Hand. Der Duft salzigen Meerwassers füllte die Luft.
»Dieser hier«, sagte Hanno, »hat heute nachmittag zu laut gesprochen – Dinge, die mir mißfielen. Er hat mich gestört, als ich ein wenig schlummerte und von Qart Hadasht und seiner künftigen und alten Größe träumte. Du verstehst, Metöke?«
»Ich verstehe«, sagte Antigonos mit zusammengebissenen Zähnen.
»Gut, gut. Wir haben ihm die Möglichkeit genommen, solche Dummheiten zu wiederholen. Schade, daß du nichts von deinem Teller gegessen hast; seine Zunge war dabei. Gebraten.« Er hob die Hand.
Einer der Punier riß den Kopf des Schwarzen zurück, der andere hielt ihm die Nase zu. Als der Mann den Mund aufsperrte, leuchtete der dritte Punier mit der Fackel. Antigonos blickte in den verstümmelten, roten Rachen und schloß die Augen. Er schwankte. Die Schwertspitzen berührten seine Kehle.
»Tu mir doch den Gefallen, die Augen zu öffnen«, sagte Hanno. »Nachdem er nun ein stummer Freund des Hauses ist, möchte ich ihn mit anderen stummen Freunden bekannt machen.«
Der Mann stieß gurgelnde Geräusche aus und versuchte sich zu befreien. Die beiden kräftigen Punier packten ihn, hoben ihn hoch und stießen ihn über das Geländer.
Unten, von Fackeln erhellt, war ein wassergefülltes Becken, das fast den ganzen Hofraum einnahm. Der Sklave schlug in der Luft um sich, klatschte ins Wasser, tauchte unter. Das Wasser schien aufzukochen. Die Leiber großer Fische zerrissen die Oberfläche.
»Ah, die Muränen sind hungrig«, sagte Hanno. »Das trifft sich gut.«
Der Kopf des Sklaven erschien noch einmal über Wasser. Er stieß einen langen, gurgelnden Schrei aus, den schlimmsten Laut, den Antigonos je gehört hatte. Die Schwertspitzen klirrten leise. Im Flackerlicht färbte sich das Becken; roter Schaum trieb gegen die Umrandung.
»Nun zu etwas anderem. Komm, Metöke. Zurück zu den gemütlichen Liegen.« Hanno ging wieder voraus. Die beiden Wachen blieben neben Antigonos; einer der stämmigen pumschen Henker stieß ihn in den Gang.
Antigonos zitterte; sein Körper war eine eiskalte Masse fremder Glieder und Muskeln. Benommen ließ er sich auf die Liege sinken. Die Schwerter blieben vor seinem Hals. Fast unbewußt sah er, daß Boshmuns Gesicht verzerrt und blaß war. Bokhammon, Mago und Mula unterhielten sich halblaut; jemand lachte.
Hanno klatschte in die Hände. Zwei weitere Punier brachten einen hellhäutigen Mann herbei. Man hatte ihm die Beine zusammengebunden und die Hände auf den Rücken gefesselt. Ein Ledergürtel lag auf den Wangen und unter dem Kinn, die halboffene Schnalle auf dem Schädel. Der Mann trug einen ledernen Lendenschurz. Er schien nicht mißhandelt worden zu sein, aber die Augen flackerten.
Die Sklavin mit den frischen Peitschenstriemen brachte Hanno ein Becken mit glühenden Kohlen und eine Zange. Die Augen des Gefangenen öffneten sich weit.
»Auch dieser hat zuviel geredet«, sagte Hanno. »Gut hinschauen, Metöke; ich möchte nicht, daß du etwas versäumst oder später vergißt. Es wird dir eine Lehre sein und deinen Stolz ein wenig mindern.«
Antigonos würgte und schluckte. Die Demütigung und die Grausamkeiten, die er betrachten mußte, lahmten seinen Geist und machten seinen Körper krank. »Treib es nicht zu weit, Punier«, stieß er hervor. »Es gibt für alles eine Grenze.«
Hanno lächelte. Eine zweite Sklavin brachte ein gläsernes Becken.
»Eine winzige Schlange aus dem tiefen Süden Libyens« , sagte Hanno. Er deutete in das Gefäß. »Sie ist sehr giftig, und im Moment schläft sie. Sie hat den Tag zwischen Eiswasserschalen im Keller verbracht. Es wird etwa ein Fünftel einer Stunde dauern, bis sie wieder erwacht und sich an ihr Gift erinnert. Los!«
Der Gefangene schrie auf. Jemand stieß ihm ein Messer zwischen die Zähne, zwang ihn, den Mund zu öffnen. Ein anderer stopfte ihm die kleine Schlange hinein. Der Gürtel wurde stramm zugezogen, die Schnalle geschlossen. Der Mann konnte nicht schreien. Er stieß hohe Quieklaute durch die Nase aus. Die Augen traten aus den Höhlen, die Kehle arbeitete, der Hals weitete sich und zog sich zusammen, immer wieder. Er zitterte,
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