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Hanibal

Hanibal

Titel: Hanibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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zuckte vor und seitwärts und zurück, versuchte hochzuspringen. Zwei Punier hielten ihn fest.
    »Interessant«, sagte Hanno. Er klang fast versonnen. »Ob die Schlange noch im Mund ist? Im Hals? Oder im Magen? Ach, es gibt so viel Wissenswertes. Natürlich könnte man ihm auch die Lippen zusammennähen, aber das wäre eine unnötige Grausamkeit, nicht wahr, Metöke?«
    Antigonos’ Geist kehrte zu ihm zurück. Er empfand Ekel , Entsetzen, Mitleid, Abscheu und Haß. Sein Körper war noch immer eiskalt, aber er gehorchte wieder.
    »Was hat dieser bedauernswerte Mann getan?« sagte er heiser.
    »Ein Sikeliot – Hellene wie du, Metöke. Er hat mir ein paar unbedeutende Dienste erwiesen, aber gestern sah man ihn, wie er sich mit einem der Leute des schönen Hasdrubal unterhielt. Wie gesagt – zuviel geredet hat er, nicht wahr, Dymas? Und noch etwas – er hat sich mit dieser Sklavin hier vergnügt, die mir gehört. Sie hat ihre Strafe schon erhalten – nicht arg, nur ein wenig. Wir wollen sie ja noch ein Weilchen verwenden. Aber Dymas muß viel lernen.«
    Hanno ergriff die Zange und nahm eine glühende Kohle aus dem Becken. Ein Punier steckte den Zeigefinger in den Vorderteil des Schurzes und zog.
    »Bald wird die Schlange erwachen«, sagte Hanno. »Bis dahin soll er noch ein wenig für uns tanzen. Schöne hellenische Tänze, Metöke.« Er ließ die Kohle in den Schurz fallen.
    In Antigonos’ Ohren war nur noch ein Rauschen. Er schnellte von der Liege, stieß die beiden Schwerter beiseite, ergriff einen Wasserkrug und schüttete den Inhalt über den Schurz des Sikelioten. Mit der gleichen Bewegung riß er den krummen Dolch aus der Scheide und zog die Klinge über den Hals des Mannes. Er glaubte und hoffte, einen Schatten von Erleichterung und so etwas wie Dankbarkeit auf die Panik der Augen fallen zu sehen. Eine Blutfontäne spritzte aus der zerschnittenen Schlagader, in Hannos Gesicht, auf seine Seidentunika. Der Sikehot brach zu Füßen des Puniers zusammen.
    Zwischen Hannos Hals und der Klinge war kaum noch ein Fingerbreit Luft, als die Wächter Antigonos wegrissen. Bokhammon und Mago waren aufgesprungen, Mula saß auf seiner Liege und wiegte den Oberkörper vor und zurück, Boshmun hatte das Gesicht mit einem Tuch bedeckt.
    Hanno stand da, regungslos, blutverschmiert; um seine vergoldeten Sandalen bildete sich eine rote Pfütze. Er hob den rechten Fuß, berührte den Bauch des Toten und deutete auf die Treppe. »Schafft ihn weg.«
    Die Schlangenaugen wandten sich Antigonos zu und musterten das Gesicht des Hellenen, als wäre jeder Zug darin neu und überraschend. »Nicht schlecht, Metöke.« Die Stimme klang eher nachdenklich als zornig.
    Antigonos rang nach Luft. Ein harter Arm preßte sich gegen seine Kehle; zwei Fäuste hielten seine Hände auf dem Rücken fest. Seine Schläfen pochten. Er konnte den Kopf kaum bewegen. Am Rand seines Gesichtskreises lagen die beiden Schwerter auf dem Boden, die er nicht hatte fallen hören. Das brachte ihn wieder zur Besinnung. Die Männer mußten die Anweisung erhalten haben, ihn unter keinen Umständen ernsthaft zu verletzen. Er spürte leichte Schmerzen am rechten Unterarm. Offenbar gab es da eine kleine Schnittwunde, vom Wegstoßen der Schwerter.
    Der tote Sikeliot wurde von den punischen Henkern weggeschleppt. Schwarze Sklavinnen erschienen mit Holzeimern und Tüchern, um das Blut aufzuwischen. Antigonos überlegte, was wohl mit der Schlange geschehen würde.
    Hanno ließ sich Wein einschenken. Als er den Becher zum Mund hob, war die Hand vollkommen stetig. Dann bückte er sich und hob den blutigen Krummdolch auf. »Ägyptisch, wie?« sagte er. »Laßt ihn los.«
    Die Wächter gehorchten. Antigonos streckte sich, massierte nacheinander die Unterarme. Der Schnitt war unwesentlich; er hatte kaum geblutet.
    Hanno warf ihm den Dolch vor die Füße und ließ sich auf die Liege sinken. »Du hast ein Schauspiel verkürzt; das war nicht gut. Ich nehme es dir aber nicht übel. Immerhin wissen wir nun, daß du mit dem Messer umgehen kannst.«
    Boshmun blickte auf, die Hände vor dem Mund. Sem Gesicht war grünlich angelaufen. Undeutlich sagte er: »Zum nächsten derartigen Schauspiel brauchst du mich nicht zu laden, Hanno. Ich teile hierin durchaus die Ansicht, die der Metöke durch seine Tat ausgedrückt hat.«
    Hanno trank einen Schluck; dann hob er die Achseln.
    »Unbedeutend, mein Freund. – Ich will dich nicht länger von deiner Verabredung mit Hasdrubal fernhalten, Metöke.

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