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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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war, und bezeugte ihre Bereitschaft, die Beweise vorzutragen, wenn er sie hören wolle. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass Jo sie ansah. Der Richter nahm sich Zeit zu entscheiden, ob er sie in den Zeugenstand rufen wollte oder nicht, dann machte er eine nach unten gerichtete Bewegung – ganz klar ein Kommando, sich zu setzen –, wie ein Hundeführer beim Training.
    »Sehr gut«, sagte er. »Ich glaube Ihnen, Mr. Oliver.«
    Daniels setzte sich wieder.
    Der Richter legte seinen Stift beiseite und straffte sich, bevor seine strenge Stimme über die Köpfe der in Saal 8 versammelten Menschen hinwegdröhnte. »Sofern ich mich recht erinnere, war da noch die Kleinigkeit von einem teilweise erhaltenen Fingerabdruck, der am Tatort gefunden wurde. Für sich allein genommen, beweist so eine Entdeckung natürlich keine Schuld, aber er wurde dem Magistratsgericht als ›zweifelsfreies Indiz‹ vorgelegt, oder etwa nicht?«
    Daniels hatte erwartet, dass er sich auf diesen Punkt stürzen würde. Sie sah zu Jo hinüber, ohne die geringste Erklärung dafür, wie der Fingerabdruck dorthin gekommen sein könnte. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Die Freilassung auf Kaution war für ihre ehemalige Partnerin noch längst nicht sicher, nicht einmal mit der zusätzlichen Aussage, die sie von Monica Stephens erhalten hatte.
    »So war es in der Tat, Euer Lordschaft«, antwortete Oliver selbstsicher. »Aber ich möchte Sie dringend bitten, Ms. Soulsby auf Kaution freizulassen, während weitere Untersuchungen angestellt werden. Die Staatsanwaltschaft hat nicht vor, gegen das Kautionsersuchen Widerspruch einzulegen. Man ist, wie soll ich sagen, sehr darum bemüht, in diesem Fall jegliche weiteren Justizirrtümer zu vermeiden.«
    »Das freut mich zu hören«, sagte der Richter. »Haben Sie noch etwas hinzuzufügen?«
    »Nur, dass meine Mandantin eine Expertin von außerordentlich gutem Leumund ist und dass sie bereitwillig ihren Ausweis abliefern und sich allen Bedingungen unterwerfen wird, die Sie ihr aufzuerlegen sich genötigt fühlen könnten. Sie stellt weder für sich noch für andere eine Gefahr dar, was leider nicht von dem Mann behauptet werden kann, der sie angeklagt hat.«
    »Superintendent Bright irrt sich nicht oft, Mr. Oliver«, warnte der Richter.
    »Ja, nun, ich möchte nur mit allem Respekt darauf hinweisen, dass er in dieser Angelegenheit, sagen wir mal, weit am Ziel vorbeigeschossen ist. Sein Übereifer hat dazu geführt, dass Ms. Soulsby unnötigerweise ihre Freiheit verloren hat – ein traumatisches Ereignis für sie und, Euer Lordschaft werden mir da gewiss zustimmen, ebenfalls für ihre Familie. Ich weiß aus sicherer Quelle – von niemand anderem als Assistant Chief Constable Martin –, dass eine dringliche Ermittlung der Dienstaufsicht zu diesem Thema bereits in die Wege geleitet wurde.«
    O Gott!
    Auf der Pressebank kritzelte ein junger Reporter, den Daniels kannte, wie verrückt. Er arbeitete für eine Lokalzeitung, The Journal. Sie fragte sich, ob er sich bereit erklären würde, Brights Namen aus dem Artikel herauszulassen, wenn sie ihm etwas anderes dafür anbot. Der Vorschlag, ausschließlich über Martin zu berichten, könnte den Zweck erfüllen. Je hochrangiger der betroffene Officer war, umso mehr Zeitungen würden sich schließlich verkaufen lassen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Journalist Namen verwechselte, ein Fehler, der in der Hitze des Gefechts leicht einmal vorkommen konnte. Und sie würde sicherstellen, dass es sich für ihn auszahlte. Sie machte sich im Geist eine Notiz, auf dem Weg nach draußen mit ihm zu sprechen.
    »Das stimmt, Mr. Oliver«, sagte der Richter. Er wandte sich an den Anwalt, der die Krone vertrat, und sah ihn über seine Brille hinweg an. »Noch etwas hinzuzufügen, Mr. Cartright?«
    Cartright stand auf. »Nein, M’Lord.«
    »Sehr gut. Es wird eine Kaution festgelegt, unter drei Bedingungen …«
    Olivers Brust hob sich. Er stieß einen Seufzer der Erleichterung aus, so laut, dass er bis vorne im Gerichtssaal zu hören war. Die wartenden Anwälte drehten sich um und lächelten ihn heuchlerisch an, wollten rasch wieder zu ihren anderen Angelegenheiten zurückkehren. Als der Richter die Bedingungen verlas, lächelte Oliver in sich hinein und notierte die Ergebnisse.
    Jo Soulsby war frei.
    Er blieb sitzen, als der Richter das Gericht verließ und die Vollzugsbeamten Soulsby nach unten brachten. Daniels hatte einen Ausdruck im Gesicht, den er nicht ganz verstand.

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