Hannah, Mari
Robson, wobei seine Begeisterung über Jo Soulsbys baldige Freilassung im Augenblick seine eigenen Probleme überwog. Jetzt erst sah er Gormleys finsteren Blick und wusste, dass es ihm an den Kragen gehen würde. »Wo ist sie überhaupt?«
Gormley sah in die Richtung von Daniels’ leerem Büro. Er zuckte die Schultern. »Vielleicht ist sie mit Oliver gegangen, um einen Richter zu finden. Sie haben beide viel für Jo übrig. Hatten wir alle, bevor du diese lächerliche Scheiße gebaut hast. Sie will wohl sichergehen, dass die Staatsanwaltschaft nichts gegen ihre Freilassung einwendet. Aber das sollen die nur mal versuchen!«
Robsons Grinsen verschwand. »Hank, was den Mantel angeht …«
»Spar dir deine Entschuldigungen, Mann«, Gormley zog seinen Stuhl näher an den Schreibtisch und loggte sich in seinen Computer ein. »Was passiert ist, ist passiert. Es war nicht nur deine Schuld.«
Robson wusste, dass er sich auf Bright bezog, der aus irgendeinem Grund auch noch nicht aufgetaucht war. »Hat eigentlich irgendjemand Soulsbys Söhnen Bescheid gesagt?«, fragte er schüchtern.
»Oliver kümmert sich darum.«
Nach seiner Tasche tastend, zog Robson sein Handy hervor. Er spielte die Nachricht ab und fragte dann: »Ist dein Handy eingeschaltet?«
»Warum?«
»Das war der Chef.«
»Und?«
»Er klingt außer sich. Er hat versucht, dich zu erreichen.«
»Ja, nun, der kann warten. Schließlich hat er uns diesen ganzen Schlamassel eingebrockt.« Gormley hatte ein paar Anrufe ignoriert und sich gefragt, ob Bright überhaupt Schuldgefühle hegte. »Der hat vielleicht Nerven. Wenn er auf Daniels gehört hätte, dann hätte Jo nicht die letzten sechs Wochen im Bau verbracht. Kannst du dir vorstellen, was das mit jemandem wie ihr macht?«
»Er war nicht ganz klar im Kopf, wegen Stella …«
»Probleme haben wir alle. Aber wir müssen trotzdem unseren Job machen. Und manche kriegen das anständig hin.«
Robson sah auf den Boden. »Er ist auf dem Weg hierher, will uns alle hier haben und eine Nachbesprechung mit Daniels so schnell wie möglich.«
»Da braucht er aber Glück.« Gormley stand auf. »Ich seh mal, ob ich sie finden kann.«
75
»Ich bin Euer Lordschaft sehr dankbar für diese Kautionsanhörung.« William Oliver blickte den Mann im hochlehnigen Ledersessel direkt an. Richter Tremayne sah beeindruckend aus in seiner lilafarbenen Robe mit der eng sitzenden roten Schärpe, die von einem lange bestehenden Gewichtsproblem zeugte. Er schwitzte in dem überheizten Gerichtssaal und nahm die Perücke ab, um sich die Stirn zu wischen. Oliver räusperte sich. »M’lord, wie Sie wissen, wurde meine Mandantin, Josephine Soulsby, unter der schweren Beschuldigung, ihren Exmann Alan Stephens ermordet zu haben, im Croxhill Remand Centre in Untersuchungshaft genommen, wo sie auf eine Anhörung vor diesem Krongericht wartete.«
»Ja, Mr. Oliver. Ich bin mit dem Fall vertraut.«
Daniels, die auf der Polizeibank saß, drängte die beiden Männer im Geiste, sich zu beeilen. Es hatte bereits eine Verzögerung von vierundzwanzig Stunden gegeben, da gestern kein Richter zur Verfügung gestanden hatte, der den Antrag hätte anhören können. Die Mühlen des Strafgerichts mahlten manchmal langsam.
Sie sah durch den Gerichtssaal zur Anklagebank. Jo stand aufrecht, den Blick nach vorn gerichtet, flankiert von zwei Vollzugsbeamten. Sie sah bleich und ausgemergelt aus und hatte einen frischen Bluterguss unter dem linken Auge. Unmittelbar ihr gegenüber saß eine junge Stenotypistin mit den Händen über den Tasten, zum Weiterschreiben bereit. Die Frau warf einen Blick zur Seite, als die Tür aufging. Vier Rechtsanwälte kamen herein, begrüßten den Richter mit einem Nicken und nahmen rasch Platz. Sie sahen Oliver finster an, verärgert darüber, dass er es irgendwie geschafft hatte, hineinzuschlüpfen und die Aufmerksamkeit des Richters in der kurzen Pause während einer anderen wichtigen Verhandlung für sich zu gewinnen.
Endlich beschloss Oliver, zur Sache zu kommen. »M’Lord, es sind neue Indizien ans Licht gekommen, von denen die Polizei bisher noch keine Kenntnis hatte. Sie deuten darauf hin, dass ein Serienmörder für den Tod von Alan Stephens verantwortlich sein könnte, und nicht meine Mandantin. Wenn Eure Lordschaft wünschen, kann Detective Chief Inspector Kate Daniels, die hier im Gerichtssaal anwesend ist, dies unter Eid bezeugen.«
Der Richter lächelte Daniels an und dachte nach.
Sie erhob sich, sagte, wer sie
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