Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
Vom Netzwerk:
zu Ende war, wenn Bright hiervon erfuhr. Aber er hatte ihr keine Wahl gelassen. Sie musste sich Luft verschaffen, um darüber nachzudenken, was sie als Nächstes tun konnte. Die einzige Möglichkeit bestand darin, Jo davon zu überzeugen, auf Zeit zu spielen.
    Als Daniels im zweiten Stock aus dem Aufzug trat, war die Luft geschwängert von Krankenhaustratsch. Sie entdeckte Schwester Baker sogleich und ging auf sie zu. Baker stand gerade mit einem jungen Arzt vor ihrem Büro und hielt ein Schwätzchen. Die Schwester lief rot an, als ihre Blicke sich trafen. Sie unterbrach ihr Gespräch mit dem Arzt und sah auf die Uhr. Ihr aufgesetztes Lächeln konnte Daniels nicht täuschen. Nicht eine Sekunde lang.
    »Die Besuchszeit ist vorüber«, war alles, was Baker sagte.
    Der Arzt, der die Spannung zwischen den beiden spürte, verabschiedete sich hastig. Die Schwester war nicht in der Stimmung, Zugeständnisse zu machen. Daniels zwang sich zu einem Lächeln, bereit, zu Kreuze zu kriechen, um wieder in ihre Gunst aufgenommen zu werden. Sie war noch nie eine gute Schauspielerin gewesen, doch jetzt setzte sie ein flehentliches Gesicht auf und sagte entschuldigend: »Es tut mir wirklich aufrichtig leid, aber es ist lebenswichtig, dass ich mit ihr spreche. Das kann nicht bis morgen warten, bitte.«
    »Nun, das wird es wohl müssen.« Schwester Baker straffte die Schultern, um Daniels zu zeigen, wer hier das Sagen hatte. »Sie schläft. Da werden Sie wohl später noch einmal wiederkommen müssen.«
    Daniels schluckte ihren Stolz hinunter. »Hören Sie, ich weiß, wir hatten einen schlechten Start. Es war ganz und gar mein Fehler. Ich, ich war gestresst, habe mir Sorgen um meine Kollegin gemacht. Das tut mir leid. Zwei Minuten, um mehr bitte ich ja gar nicht, und dann bin ich schon wieder draußen.«
    »Zwei Minuten!« Schwester Baker tippte auf ihre Uhr. »Keine Minute länger!«
    Schlaf unter dem Einfluss von Medikamenten war ein ununterbrochener Albtraum, er manipulierte Jos Unterbewusstsein und ließ sie Dinge sehen, die sie nicht sehen wollte. Ein schwarzer Schemen ragte bedrohlich über ihrem Kopf auf, und der verschwommene Umriss eines blutüberströmten Mannes lag auf dem Boden. Er stand auf und kam auf sie zu. Sie versuchte, wegzulaufen, doch die Decken lasteten schwer und hielten sie ans Bett gefesselt, ihr Haar klebte in verschwitzten Strähnen am Kopf, die Augenlider waren wie verleimt. Und immer noch kam der Umriss näher. Unscharf zunächst, aber dann klarer … näher … klarer. Alan streckte die Hand nach ihr aus, lächelte sie mit blutverschmierten Zähnen an. Seine Lippen bewegten sich, aber es gingen keine Worte von ihnen aus. Und wenn, dann wollte Jo sie nicht hören.
     
    Daniels beobachtete, wie Jo sich im Schlaf krümmte und wand, verängstigt durch die Geister, die ihre Träume heimsuchten. Um sie nicht plötzlich aufzuwecken, wartete sie, bis sie von selbst zu sich kam und mit großer Kraftanstrengung die Augenlider aufschlug.
    Erst als sie sah, wer in Wirklichkeit neben ihrem Bett stand, wich die Spannung aus Jos Körper. »Die haben mir Schmerzmittel gegeben«, sagte sie und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich war einfach weg vom Fenster. Ich hatte einen schrecklichen Traum von Alan. Es war grauenhaft.«
    Daniels setzte sich und nahm ihre Hand. »Bist du richtig wach?«
    Jo nickte, unsicher, weil sie spürte, dass Daniels Stimmung sich verändert hatte.
    »Dann hör mir zu, ich hab nicht viel Zeit. Es hat gewisse Entwicklungen gegeben. Du sollst offiziell vernommen werden. Du sagst nichts, hörst du mich? Kein Wort. Besorg dir sofort einen Anwalt. Plädier auf nicht vernehmungsfähig. Tu alles, was mir Zeit verschafft. Kriegst du das hin?«
    Noch ein Nicken. »Ich versteh nicht, was für Entwicklungen?«
    »Ich hab jetzt keine Zeit, um das zu erklären. Vertrau mir, Jo. Wenn die dich mit dem Tatort in Verbindung bringen können, dann stecken wir tief in der Scheiße, und dann kann ich nicht mehr viel machen.«
    Dem Ernst der Lage zum Trotz entspannte sich plötzlich Jos Gesicht. Sie lächelte ihre Besucherin an, mit Augen und Mund zugleich, wie sie es früher getan hatte, wenn sie zusammen waren. Das stoppte Daniels in voller Fahrt.
    »Was ist denn?«, fragte sie.
    »Es besteht noch Hoffnung für dich«, erklärte Jo. »Du hast ›die‹ gesagt, als du über die Polizei gesprochen hast, als seien deine Kollegen plötzlich zum Staatsfeind Nummer eins geworden, ein Gegner, eine Kraft, die man

Weitere Kostenlose Bücher