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Hannah, Mari

Hannah, Mari

Titel: Hannah, Mari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sein Zorn komme uber uns
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sah auf die Schublade, dann wieder zu Gormley.
    Genau in dem Augenblick hörte das Telefon auf zu klingeln.
    »Na dann …« Gormley zuckte die Achseln. »Mach ich mal besser weiter.«
    Er kehrte in den Hauptraum zurück, ging aber nicht gleich zu seinem Schreibtisch, sondern blieb vor ihrer Bürotür stehen und wählte noch einmal. Er beobachtete, wie sie ihre Schreibtischschublade aufzog und ein Handy herausholte, das in ihrer Hand weiterklingelte. Sie sah schuldbewusst auf, ihre Blicke trafen sich durch die Scheibe in der Tür. Er schüttelte verärgert den Kopf, ging zurück zu seinem Tisch und zerrte den Mantel von der Lehne seines Stuhls. Er war stinksauer. Ihre »Geschichte« mit Jo war ihm nicht aufgefallen, bis Mrs. Collins vor ein paar Tagen den rätselhaften Motorradfahrer erwähnt hatte, der bei Jos Haus aufgetaucht war.
    Daniels hätte sich ihm anvertrauen können, hatte sich aber dagegen entschieden.
    Er fühlte sich hintergangen.
    »Danke, dass du mir blind vertraust«, sagte er, als sie ihm nachgeeilt kam.
    Die gereizte Stimmung zwischen ihnen weckte die Aufmerksamkeit der anderen im Raum. Als ihr klar wurde, dass die halbe Mordkommission zuhörte, warf Daniels ihm einen entschuldigenden Blick zu und senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Bitte komm zurück in mein Büro, Hank, ich kann das erklären.«
    Gormley machte auf dem Absatz kehrt und ging ohne ein weiteres Wort.
    »Hank?« Daniels seufzte. »Hank, wo gehst du hin?«
    Über die Schulter hinweg sagte er: »Keine Ahnung.«
    Er war draußen, trottete mit gesenktem Kopf, die Hände in den Taschen, nachdenklich die Straße entlang, als sie ihn in ihrem Toyota einholte.
    Daniels ließ das Fenster herunter. »Hank, bleib stehen.«
    Er ging weiter.
    »Hank … Es tut mir leid.«
    Er ignorierte sie.
    Frustriert trat sie erst das Gaspedal durch und bremste dann scharf ab, so dass sie ein paar Yards vor ihm zum Stehen kam. Sie sprang aus dem Wagen und versperrte ihm den Weg.
    »Das ist ein Befehl!«, brüllte sie ihn an. »STEIG IN DEN VERDAMMTEN WAGEN EIN!«
    Ein paar Minuten später standen sie sich immer noch zornentbrannt in einer stark befahrenen Unterführung gegenüber, Autos und Lastwagen rasten in beiden Richtungen an ihnen vorüber. Verkehrslärm. Abgase. Aggressive Fahrmanöver. Eine entfernte Sirene. Hier und da ein Hupen, wenn Autofahrer sich über ihren Streit lustig machten.
    »Zieh endlich den Kopf aus dem Sand!«, schrie Gormley sie über den ohrenbetäubenden Verkehrslärm hinweg an. »Denk mal für einen Augenblick darüber nach, was du hier eigentlich tust! Du machst alles kaputt, Kate, und wofür? Du bist doch immer diejenige gewesen, die so groß dahergeschwafelt hat von wegen beruflicher Integrität und Loyalität unter Kollegen …«
    »Dann bin ich eben dieses Mal ein lausiges Beispiel«, gab Daniels bissig zurück. Sie lehnte sich gegen die mit Graffiti beschmierte Wand, verschränkte abweisend die Arme vor der Brust, dann gab sie diese Haltung auf und fing an, auf und ab zu gehen. »Jo ist eine Kollegin, vergiss das nicht. Ich hab nur versucht …«
    »Erspar mir deine Entschuldigungen, Kate. Du solltest es endlich hinter dich bringen, und das weißt du ganz genau!« Gormley zeigte einem Fahrer den Stinkefinger, der ihn geärgert hatte. »Schwule werden in der Arbeitswelt heute toleriert. Hat dir das noch keiner gesagt?«
    Daniels fuhr zurück, als hätte er ihr eine Ohrfeige versetzt. Sie blieb stehen und starrte ihn mit wutverzerrtem Gesicht an. »Toleriert? Was ist denn das für ein bescheuerter Ausdruck?«
    »Du weißt genau, was ich meine.«
    »Ja, und als Nächstes erzählst du mir noch, dass Schwulsein auch beim Aufstieg hilft! Verarschen kann ich mich alleine.«
    »Nur zu. Hast ja alle anderen auch schon verarscht!«
    Daniels holt tief Luft und zählte bis zehn. Sie brauchte dringend was zu trinken und konnte Gormley tatsächlich überreden, mit ihr in den Pub zu gehen.
    Zehn Minuten später hatten sich ihre Gemüter beruhigt. Sie saßen ins Gespräch vertieft, den dringend benötigten Drink vor sich, in einer ruhigen Ecke des The Bridge.
    »Alte Vorurteile sind hartnäckig, Hank«, sagte Daniels nachdenklich. »Wieso sollte ich die Probleme suchen?«
    »Du machst mir echt Angst, weißt du das?« Gormley breitete die Hände aus. »Das ist nur ein Job!«
    Daniels sah ihn an. Jo hatte genau dasselbe zu ihr gesagt. Er holte ein Päckchen Zigaretten aus der Tasche – beschloss dann aber, dass jetzt nicht der richtige

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