Hannah, Mari
wollte, dass die Vernehmung ein Ende nähme und sie endlich nach Hause gehen und in ihrem eigenen Bett schlafen könnte. Sie war unschuldig, und Bright hatte nichts in der Hand, um das Gegenteil zu beweisen.
»Es ist Jahre her, dass ich mit ihm zusammengelebt habe.« Jo rieb sich die Nasenwurzel und sah ihrem Ankläger auf der anderen Seite des Tisches in die Augen. »Sie wissen, dass es so ist, Superintendent. Aus welchem Grund hätte ich ihn töten sollen?«
»Dazu komme ich noch«, sagte Bright gelassen und behielt seine Trumpfkarte vorerst im Ärmel.
Auf der anderen Seite der Trennwand war Daniels’ Gesicht rot vor Ärger und Frustration. Sie wusste, was jetzt kommen würde, und verfluchte ihren Chef leise. Sie erinnerte sich noch gut daran, wie sie dort gesessen hatte, wo Carmichael jetzt saß. Ihr erstes Verhör mit Bright war beeindruckend gewesen. Es fühlte sich an, als sei es erst gestern gewesen und nicht vor zehn Jahren. Er beherrschte die Kunst der Vernehmung von Verdächtigen, wusste instinktiv, welche Knöpfe er drücken musste und wie fest. Er hatte ihr so viel beigebracht: dass das richtige Timing beinahe ebenso wichtig war wie die Beweise, und wie man den richtigen Moment abpasste, in dem man das Messer umdrehte. Das war der Schlüssel, um ein Geständnis zu bekommen. Den Verdächtigen in die Falle treiben, ihn dazu zwingen, einen Fehler zu machen, der ihn für sehr lange Zeit ins Gefängnis bringen würde. Allerdings fragte sich Daniels allmählich, ob er bei allem, was derzeit in seinem Leben los war, womöglich die Bodenhaftung verlor.
Konnte er nicht sehen, dass er alles falsch verstand?
Obwohl der Polizeiarzt Jo für vernehmungsfähig erklärt hatte, vermutete Daniels, dass sie noch durch den Unfall traumatisiert war. Bright würde Hackfleisch aus ihr machen, und nichts, was Oliver sagte oder tat, würde ihn davon abhalten. Er stand kurz davor, eine weitere Frage zu stellen, als er durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen wurde.
»Herein!«, rief er mit einem Seitenblick zu Carmichael.
Daniels war klar, dass beide erwarteten, dass sie durch die Tür hereinkäme. Es beunruhigte sie, als Robson mit einem Päckchen in der Hand erschien, von dem sie annahm, dass es ein weiteres Beweisstück war, irgendetwas Ausschlaggebendes für den Fall.
»Nur für die Aufzeichnung, DS Robson hat den Raum betreten.« Bright konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Er stand auf und trat zu Robson, der in einer Ecke des Zimmers stehen geblieben war. Sie kehrten Daniels den Rücken, flüsterten leise miteinander. Von ihrem Platz aus konnte sie weder ihre Gesichter sehen noch hören, was sie sagten, aber ihr Gespräch dauerte nicht lange.
Bright nahm das Päckchen und entließ Robson. Als er sich zu den anderen umdrehte, entdeckte Daniels einen vertrauten Ausdruck auf seinem Gesicht: einen triumphierenden Ausdruck, der ihr Angst einjagte. Er ging an den Tisch, setzte sich wieder hin und wog das Päckchen in der Hand, bevor er es bedeutungsschwer über den Tisch in die Mitte zwischen sich und Jo schob. Dieses kleine Schauspiel war reine Berechnung; eine klassische Methode, um den Druck auf den Verdächtigen zu erhöhen.
»Mrs. Soulsby, waren Sie jemals in der Wohnung Nummer vierundzwanzig in Court Mews?«
»Ms. Soulsby. Und nein, war ich nicht.«
»Sind Sie sich da ganz sicher?«
»Absolut.«
»Also waren Sie noch nie zuvor in Alan Stephens’ Apartment?«
»Das habe ich gerade gesagt.«
»Ist Ihnen der Begriff nachweisbare Lüge bekannt?« Er behandelte sie jetzt herablassend.
»Sie gottverdammter Mistkerl! Das wissen Sie ganz genau!«
Bright nahm das Päckchen, das er so sorgsam und theatralisch mitten auf dem Tisch platziert hatte. Carmichael beobachtete, wie er es öffnete und einen Bilderrahmen mit einer gestellten Fotografie von Alan und Monica Stephens enthüllte. Er ließ ihn offen liegen, so dass Jo und Oliver das Bild deutlich sehen konnten.
»Für die Aufzeichnung, ich zeige Ms. Soulsby und Mr. Oliver das Beweisstück FMDO811, ein gerahmtes Foto.« Er machte eine effektvolle Pause. »Haben Sie das schon einmal gesehen?«
»Nein.«
»Irgendeine Ahnung, wer darauf abgebildet ist?«
»Alan … und seine derzeitige Frau, nehme ich an.«
»Erklären Sie mir, wie Ihre Fingerabdrücke auf diesen Bilderrahmen kommen.«
Jo konnte nicht fassen, was sie gehört hatte. »Das kann unmöglich sein!«
Sie starrte Oliver an und schüttelte den Kopf. Der Anwalt behielt sein Pokerface bei und
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