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Hannahs Entscheidung

Hannahs Entscheidung

Titel: Hannahs Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Sunday
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ihr und dem Hund hin und her glitten. Himmel, was für ein Riesenvieh!
    »Entschuldigen Sie bitte. Tsali ist zuweilen etwas stürmisch.« Die Fremde streckte ihr eine Hand entgegen. »Herzlich willkommen im Cottage Garden . Ich bin Tayanita Taylor.«
    Der Händedruck der Frau war warm und fest. »Ich – ähm – das macht nichts«, entgegnete Hannah, obwohl ihr Herz noch immer wild pochte. »Dass der Hund mich so temperamentvoll begrüßt, meine ich.« Aus dem geflochtenen Korb, der am Flurende direkt neben dem Aufgang zu einer Treppe stand, ertönte zustimmendes Winseln, was den Frauen ein Schmunzeln entlockte. »Ich bin Hannah Mulligan.«
    »Möchten Sie sich in aller Ruhe im Souvenirgeschäft umsehen oder darf ich Ihnen ein paar Kostbarkeiten zeigen, Miss Mulligan?« Tayanita machte eine einladende Geste.
    Im Flur roch es verführerisch nach frisch gebrautem Kaffee, Apfelkuchen und Zimtwaffeln. Hannahs Magen gab prompt ein dumpfes Grollen von sich. »Danke, aber eigentlich wollte ich eine Kleinigkeit …« Sie hielt inne, als sie die mystischen Klänge bemerkte, und spähte hinüber in den Laden. »Darf ich?«
    »Aber sicher, gern.« Tayanita schob den Glasperlenvorhang beiseite, damit Hannah durchgehen konnte.
    Überwältigender Duft nach Sandelholz, Vanille, Rosenblättern und wildem Thymian erfüllte das Zimmer, das sie betraten. Ein deckenhohes Holzregal enthielt allerlei Krimskrams, Bücher, Töpfereien, Figürchen und geflochtene Korbwaren. In einer Glasvitrine sah Hannah Edelsteine, Silberschmuck und schillernde Perlenbänder auf dunklem Samt funkeln. Farbenfrohe Teppiche, Gemälde und Drucke schmückten die Wände. Von der Decke hingen mit bunten Federn und glänzenden Perlen besetzte Ornamente. Traumfänger, erinnerte sich Hannah. Sie wandte sich zu Tayanita um. »Was ist das für eine Musik?«
    »Die Rivercane Flöte.« Tayanita nickte. »Die meisten Menschen sind davon fasziniert.«
    Erstmals nahm Hannah bewusst das exotische Aussehen der Fremden wahr. Die amberfarbenen Augen, die hohen Wangenknochen und das schwarze schwere Haar, das den Rücken bis zur Taille hinunterfloss. Die Frau strahlte etwas Warmes und Mütterliches aus, das Hannah sofort anzog. »Sie haben hier viele ausgefallene Dinge.«
    »Das sind Qualla Kunstwerke.« Tayanitas silberne Armreife klirrten, als sie eine ausschweifende Handbewegung machte. »Ich bekomme sie von meinen Leuten oben in den Bergen.«
    Hannah berührte einen der Traumfänger.
    »Gefällt er Ihnen?«
    Behutsam strich Hannah durch die zarten bunten Bänder. »Er ist unglaublich schön.«
    »Ein Traumfänger.«
    Hannah nickte. »Ja, ich kenne sie. Solch ein außergewöhnliches Exemplar habe ich jedoch noch nie gesehen. Er ist wirklich bezaubernd.«
    Tayanita stellte sich auf die Zehenspitzen, um den Fänger vom Haken zu nehmen. Mit einem Lächeln hielt sie ihn Hannah entgegen. »Betrachten Sie ihn in Ruhe. Kennen Sie die Mythologie?«
    »Nicht genau.«
    »Traumfänger werden üblicherweise zwischen Bett und Fenster an der Decke befestigt, um die Träume nachts einzufangen. Die schlechten bleiben an den Knoten der Netze hängen und zerfallen, sobald das Morgenlicht auf sie trifft. Die guten hingegen schlüpfen durch die Löcher und gleiten an den Federn oder Bändern zu den Schlafenden hinab .«
    »Ein schöner Gedanke.« Vielleicht sollte sie dieses Schmuckstück mit nach Charlotte nehmen. Stoff für Albträume hatte sie immerhin mehr als genug.
    »Unsere Leute verstehen noch etwas von der alten indianischen Kunst.« Tayanitas angenehm warme Stimme holte Hannah aus ihren Gedanken.
    »Sie sind Indianerin?« Hannah gab ihr den Traumfänger zurück.
    »Geboren und aufgewachsen in Piney Grove im Qualla Boundary der Cherokees.« Nicht ohne Stolz hängte Tayanita den Fänger zurück an seinen Haken. Hannahs Blick blieb an ihren bernsteinfarbenen Augen haften. Als ob sie die unausgesprochene Frage geahnt hätte, lachte die Indianerin auf und entblößte dabei eine Reihe ebenmäßiger weißer Zähne. »Ich gebe es zu. Irgendwo unter meinen Vorfahren hält sich eine Weiße versteckt. Ich glaube mich erinnern zu können, dass mein indianischer Ururgroßvater sich meiner Ururgroßmutter väterlicherseits, einer hellhäutigen Südstaatenschönheit aus Louisiana, damals nicht hatte entziehen können.«
    Tayanitas Geständnis zauberte ein flüchtiges Lächeln auf Hannahs Gesicht. Auf einmal fühlte sie sich von all den Geschehnissen des Tages überwältigt. Ihr wurde seltsam

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