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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Jackentasche schien sein Gewicht zu verzehnfachen. Tolerierte die Organisation einen Fehler? Viktor hatte ihr Zugang verschafft zu den Systemen von Medicare. Ohne seine Hilfe wäre sie nicht an das Wissen gelangt. Würde Viktor durch einen Kopfschuss sterben oder durch eine Stichwunde? Meine Lebensversicherung, hallte es in ihrem Kopf. Nein, er wollte nicht sterben – er wollte leben. Er benutzte sie, so wie jeder andere auch. »Kennen Sie einen Paul Gerlach?«
    Mit ihrer Frage riss sie beide Männer aus ihren Gedanken und hatte ihre volle Aufmerksamkeit.
    »Was ist mit ihm?«
    Sie wandte sich Oberst Hartmann zu. »Ich habe vielleicht etwas, das weiterhelfen kann.«
    »Von wem? Was?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Vorher müssen Sie mir etwas versprechen.«
    »Lass mich raten. Es hat etwas mit Marie zu tun«, spottete der Mann in Uniform vor ihr.
    »Ihr Wort.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Aber bei Lukas Benner schon.«
    »Nein, da konnte und wollte ich es genauso wenig. Aber das lag nicht in meiner Entscheidungsbefugnis.«
    »Sondern?«
    »Des BKA – genauer gesagt der Staatsanwaltschaft«
    »Und Sie haben es gewagt, mir etwas von Gerechtigkeit zu erzählen?« Hanna fühlte, wie sich Zorn in ihrem Magen ballte.
    »Glaub mir, mich frustriert das genauso wie dich. Was glaubst du, weshalb ich nicht mehr beim BKA bin?«
    Hartmanns Gesichtsausdruck spiegelte seine Frustration wider. Sie hatte ihn noch nie so deprimiert erlebt. Damals war er ihr vorgekommen wie ein Jagdhund, der sich auf die Spur seiner Beute gesetzt hatte, so nah war er der Wahrheit über ihre Entführung damals gewesen.
    Lukas hatte für seine Taten gebüßt. Ob auf dem Weg über Gott oder die FoEI. Sie suchte nach ihrem schlechten Gewissen, aber fand es nicht. Genauso wenig spürte sie Befriedigung über seinen Tod, höchstens Erleichterung, weil er ihrer Schwester nichts mehr antun konnte. »Paul Gerlach?«, brachte sie die Männer wieder zurück auf das ursprüngliche Thema.
    Keine Reaktion. Beide sahen sie an, forderten mehr.
    So kam sie nicht weiter. »Ich weiß, dass er derjenige ist, der den Trojaner programmiert hat, den du ...«, sie zeigte auf Ben, »... auf meinen Rechner gebracht hast. Also wer hat Zugriff auf ihn, das BKA oder eure Einheit?«
    »Du brauchst einen Computerspezialisten? Wozu?«
    Bens Stimme klang gefährlich leise. Abschätzend musterte er sie. Unwillkürlich zuckte ihr Augenlid für den Bruchteil einer Sekunde. Seine geschmeidige Bewegung kam zwar überraschend, aber nicht zügig genug. Sie reagierte blitzartig, geschult durch die letzten Monate.
    »Stopp«, donnerte Oberst Hartmanns Stimme durch den Raum und bremste beide ab.
    Hanna setzte ihren Stuhl, den sie sich beim Aufspringen geschnappt hatte, nicht ab, sondern behielt ihn schlagbereit in der Hand, während Ben einen Schritt vor ihr verharrte.
    »Wage es nicht, mir näherzukommen!«, fauchte sie.
    »Du versuchst nicht ernsthaft, wieder etwas vor uns zu verstecken? Wo hast du es diesmal? Im Rucksack war nichts. Du bist nicht so blöd, es ein zweites Mal in deiner Unterwäsche zu verstecken.« Er suchte sie mit den Augen sektionsweise ab, bis sein Blick an ihrer Jacke hängen blieb. Sie schleuderte ihm den Stuhl entgegen, bevor er nach ihr greifen konnte.
    Er fing ihn mit einer Hand ab.
    »Setzen! Das ist ein Befehl!«
    »Ich bin keiner ihrer Soldaten.« Hanna ließ Ben nicht aus den Augen.
    »Du setzt dich!«
    Mit einem Grinsen stellte Ben den abgefangenen Stuhl auf den Boden und setzte sich rittlings darauf, sodass sich die Lehne zwischen ihnen befand. Zögernd ging sie rückwärts, brachte zwei Stühle zwischen sich und ihn und ließ sich auf den dritten in der Reihe sinken.
    »Paul Gerlach hält sich zurzeit nicht in Deutschland auf. Wir können dir einen anderen Computerspezialisten zur Verfügung stellen«, erklärte ihr der Oberst.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nur Paul Gerlach.«
    »Verrätst du mir, weshalb ausgerechnet er?«
    »Weil er es draufhat.«
    »Und das weißt du woher?«
    Sie presste die Lippen zusammen. Hartmann war ihr entgegengekommen. Hätte er Ben gelassen, hätte sie vermutlich keine Chance gehabt. Abgesehen davon befanden sie sich unter der Erde in einer Kaserne.
    »Du hast dich mit deinem Freund Viktor getroffen!«
    Ben sah verblüfft aus.
    »Stimmt das?« Aufmerksam taxierte Hartmann sie.
    Sie nickte.
    »Und er hat dir etwas gegeben, wozu du einen Computerspezialisten brauchst?«
    Sie bestätigte es mit einem Nicken.
    »Und du weißt

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