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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Wolff euch mit mir eine Falle stellen wollte. Seine letzte hast du ja überlebt.«
    »Mit dir?«, mischte sich der Oberst verblüfft ein. »Weshalb mit dir?«
    »Keine Ahnung. Fragen Sie meinen Onkel. Sie stehen ja offensichtlich in Kontakt mit ihm.«
    »Du lenkst ab«, unterbrach Ben. »Was meinst du mit deinem Hinweis auf meine Verletzung? Was weißt du darüber?«
    »Nichts.«
    »Hanna!«
    »Denk nach.«
    »Das habe ich, und glaub mir, nicht nur einmal.« Ben umrundete den Tisch, setzte sich vor ihr halb auf die Platte.
    »Major Wahlstrom!«, peitschte es scharf durch den Raum, doch in Bens Gesichtsausdruck zeigte sich keinerlei Auswirkung. Er legte die rechte Hand auf ihre Stuhllehne.
    Sie funkelte ihn böse an. »Ich kann das nicht erklären!«
    »Versuchs.«
    Sie schloss die Augen, schüttelte leicht den Kopf, als sich die Bilder des Traums in ihre Gedanken schlichen: lauernde Männer, der Angriff auf Ben von einer völlig anderen Seite, als er es erwartet hatte, die Messerattacke, anstatt ihm einfach eine Kugel in den Kopf zu jagen. Warum setzte er das nicht in einen Zusammenhang? War er der Profi oder sie? Sie öffnete die Augen. »Warum verwendet jemand ein Messer, anstatt dir eine Kugel durch den Kopf zu jagen?«
    »Weil es eine stille Art des Tötens ist.«
    »Schalldämpfer?«
    »Macht immer noch mehr Lärm als ein Messer.«
    »Aber das Opfer ...«
    Er schwieg, musterte sie aus zusammengekniffenen Augen.
    Sie sah Irritation, aber es reichte ihm nicht als Antwort, so viel signalisierte ihr seine Mimik. »Der Schnitt sieht aus wie bei mir, nur etwas nach innen versetzt. Trifft man so eher Organe?«
    Immer noch fixierte er sie, behielt seine Haltung ihr gegenüber bei.
    Er machte ihr Angst mit dieser unbewegten Miene. Gleichzeitig beschleunigte seine Nähe ihren Herzschlag. Ein weiteres Mal schloss sie die Augen. Es gab noch etwas anderes, was sie in den Traum gesehen hatte. Sie zögerte, wusste aber, dass sie die Frage stellen musste. »Gab es weitere Opfer mit dieser Art von Verletzung?«
    »Spielt das eine Rolle?« Die Stimme von Oberst Hartmann klang nicht drohend, eher so, als würden sie gemeinsam eine Theorie durchspielen. Nur Bens einengende Art zeigte deutlich, dass sie sich auf einem schmalen Grat bewegte.
    »Ja – Symbole.«
    »Symbole«, echote Hartmann.
    Ben richtete den Oberkörper auf, verschränkte die Arme. Die Stirn gerunzelt, betrachtete er Hanna nachdenklich.
    Sie wusste, es war albern und kindisch, aber sie kam dagegen nicht an. Langsam schob sie ihren Stuhl zurück, erhob sich und setzte sich zwei Stühle weiter.
    Ben blieb an seinem Platz sitzen, schmunzelte.
    »Du denkst an die Kopfschüsse bei deinen Entführern?«, hakte der Oberst nach.
    »Ja, Sie haben das damals angesprochen.«
    »Du hast recht.« Er schüttelte den Kopf. »Die Messerstiche in die Seite ...«
    »... geführt von unten nach oben ...«
    Hartmann sah Ben an, der nickte.
    »... geführt von unten nach oben – als Symbol für was?«
    »Rache.«
    »Wieso Rache?«
    »Ist es ein schneller, einfacher Tod?«
    »Nein.« hinter Bens hastiger Antwort spürte Hanna die Emotionen – ein Gemisch aus Wut, Trauer und Ärger.
    Ben sah seinen Vorgesetzten an, der leise durch die Zähne pfiff. Wenn sich die Theorie bestätigte, konnte man damit möglicherweise Konstantin Wolff einkreisen. Es ärgerte Ben maßlos, dass sie nicht auf diese Idee gekommen waren. Genauso hatten sie vor einem Jahr übersehen, dass die Kinder, die in dem HIV-Projektdorf in Afrika gelebt hatten, nicht HIV-positiv gewesen waren.
    »Wie kommst du auf solche Gedanken? Solltest du dich nicht mit anderen Sachen beschäftigen? Kunst, Belichtung und so was?«, ließ er seinen Ärger an ihr aus.
    Ihre blauen Augen richteten sich auf ihn. »Kunst, vor allem religiöse Kunst, ist voller Symbolik. Es ist etwas Urmenschliches.«
    »Sie hat vollkommen recht«, bestätigte Hartmann. »Ein Serienkiller mordet auch meist auf dieselbe Art, weil er etwas damit sagen möchte, identifizierbar sein will.«
    »Konstantin Wolff ist kein Serienkiller, außerdem führt er die Drecksarbeit nicht selber aus, dafür hat er seine Lakaien«, widersprach Ben.
    »Ja, aber ein Gruppensymbol ist noch viel mächtiger als das einer Person. Wer aus der Reihe tanzt, bekommt einen sauberen Kopfschuss verpasst. Wer der Gruppe zu nahe kommt, wird aufgeschnitten, damit er qualvoll verendet.«
    Ben zuckte bei dem letzten Wort zusammen und sah, dass es Hanna ebenso erging.
    Der USB-Stick in ihrer

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