Hannas Entscheidung
Lisa hat sie dann zusammengeflickt – diese Julia. Ein total nettes Mädchen – okay – Frau. Etwas schweigsam und zurückhaltend ...«, Tom verstummte, als Lisa ihn anfunkelte.
»Hanna war hier?« Er hatte es geahnt. Seit Lisas Reaktion auf seine Bemerkung, jemand sei in der Wohnung gewesen, hatte er es geahnt.
»Nicht Hanna. Julia,« versuchte sein Schwager, dem herannahenden Sturm den Wind zu nehmen.
Ben wischte die Bemerkung mit einer Handbewegung weg. Dummerweise war es die Hand mit der Waffe. Hastig sprang Tom schützend vor seine Frau. Ben hob beschwichtigend die Hände und legte seine Waffe auf den Küchentisch.
»Hey, ich würde meiner Schwester niemals ein Haar krümmen.«
Eisige Kälte breitete sich aus.
»Okay, was ist hier los?«, verlangte Tom nun zu wissen.
»Julia ist Hanna«, bestätigte Lisa Bens Verdacht.
Ben fühlte Wut sich explosionsartig in seinem Inneren ausbreiten und war tatsächlich froh, dass die Waffe auf dem Tisch lag. Mit der Faust schlug er auf den Tisch. »Verflucht noch mal, Elisabeth, setz dich.«
»Ganz bestimmt nicht. Erst, wenn du dich beruhigt hast.«
Oh ja, seine Schwester besaß das gleiche Temperament wie er. Nur Tom sah man an, dass er nicht wusste, wie ihm geschah. Er hatte sie beide noch nie streiten sehen.
»Ihr beruhigt euch jetzt beide!«, griff er trotzdem ein.
»Halt dich da raus.« Die Ansage kam von beiden unisono und brach die Wut. Sie sahen sich mit einem verhaltenen Lächeln an. Finster presste Ben die Lippen aufeinander. Oh nein, er würde sich jetzt nicht von ihr weichspülen lassen, Schwangerschaft hin oder her. Hanna. Verflixt und zugenäht! Während er in Rom nach ihr suchte, hatte sie in seiner Wohnung gesessen, in seinem Bett geschlafen! Er stoppte seine Gedanken, setzte sich auf den Stuhl.
»Kannst du mir was zu trinken geben?«
»Alkohol? Auf keinen Fall«
»Einfach nur ein Bier, Tom.«
Lisa ging zum Kühlschrank und holte zwei Bier heraus, dann setzte sie sich auf die andere Seite des Tisches, schob die Waffe in die entfernteste Ecke und öffnete die Flaschen. Eine stellte sie vor Ben, die andere zu dem leeren Stuhl neben sich. Ben nahm einen tiefen Zug, während Tom sich zwischen sie setzte und begann, seine Flasche in den Fingern zu drehen.
»Es wäre besser, du würdest einfach reden«, versuchte Ben es mit einem sachlichen Tonfall.
»Ja – sie war hier. Und!«, fauchte sie ihn an.
»Ihre Tarnung ist aufgeflogen.«
»Ich weiß – weil du Idiot dein Hirn nicht benutzt hast und unter deinem richtigen Namen nach Rom geflogen bist. Mann, Ben! Es hat Hartmann nicht mal eine Stunde gekostet, das herauszufinden.«
»Lukas Benner ist tot.« Er hätte das nicht sagen dürfen. Noch war es nicht offiziell bekannt, aber bis dahin konnte es auch nicht mehr lange dauern. Schließlich wollte die Familie ihn am Montag beerdigen. Soweit reichten die Infos von Paul. Auch hatten sie keine Spuren von Mitteln in seinem Blut gefunden, die einen Mordverdacht rechtfertigten. Er musste Lisa das sagen, damit sie verstand, dass sich Hanna in ernsthafter Gefahr befand.
»Wieso war sie überhaupt hier?« Für den Bruchteil eines Augenblicks hoffte er, sie hätte seinen Schutz gesucht, gab sich sogar ein wenig dem Gefühl hin. Nur war er da bereits in Rom gewesen auf der Suche nach ihr.
»Sie wusste nicht, wohin und klang hundemüde.«
»Du hast Kontakt mit ihr?«
Lisa presste die Lippen zusammen, verschränkte die Arme vor der Brust.
»Seit wann?« Er war nahe daran, ein zweites Mal auf den Tisch zu hauen oder, noch besser, sie am Kragen zu packen und zu schütteln, bis sie ihm alles erzählte. Gleichzeitig fragte er sich, wie er sie überzeugen konnte.
»Wie gefährlich ist es für sie auf einer Skala von eins bis zehn?«
»Zehn«, kam seine Antwort ohne Zögern.
»Du lügst mich nicht an?«
»Nein.«
»Versprichst du, ihr zuzuhören und ihre Wünsche zu respektieren?«
Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück, und fixierte sie.
»Ben!«
»Das kann ich nicht, und das weißt du genau.«
»Okay, dann war es das.«
Seine Hand schoss über die Tischplatte und hielt Lisa am Handgelenk fest.
»Solange wir uns in einem Rahmen bewegen, der ihre Sicherheit nicht gefährdet.«
Sie starrte auf seine Hand. Er ließ sie los.
»Sie möchte ihr Leben zurück.«
»Ich weiß.«
»Du weißt das?«
»Ja.«
Aufmerksam betrachtete sie ihn. »Während der Verhandlung in Berlin kam sie eines Abends zu mir.«
Er fühlte den Klumpen aus Wut in seinem
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