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Hannas Entscheidung

Hannas Entscheidung

Titel: Hannas Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Lisa und Tom zum Abendessen einladen.
    Er hängte seine Jacke an den Haken, legte die Laptoptasche auf den Couchtisch, sah sich um. Irgendetwas irritierte ihn. Seine Müdigkeit verflüchtigte sich im selben Augenblick. Lauschend blieb er stehen und holte die Waffe aus seiner Tasche heraus. Vorsichtiger als zuvor schlich er an den Wänden entlang durch seine Wohnung. Jemand war in seinem Schlafzimmer gewesen. Es roch frischer und anders, als er es von sich kannte. Die Betttuchkante war nicht im exakten Winkel gefaltet, so wie er es machte, um sie unter die Matratze zu stecken. Erst, als er jeden Millimeter seiner Wohnung durchsucht hatte, blieb er an der Tür stehen.
    Er horchte auf Geräusche von unten, konnte nichts hören. Eine eiskalte Faust ergriff sein Herz. Lisa. Er schlich die Treppe hinunter in den zweiten Stock. Der Zweitschlüssel zur Wohnung seiner Schwester fand genauso lautlos seinen Weg ins Schloss. Langsam schob er die Tür auf, schlüpfte durch und drückte sie vorsichtig zu. Die Waffe im Anschlag schlich er zur Küche, dem ersten Raum auf dem Flur. Den Rücken an der Wand lugte er vorsichtig hinein und erstarrte. Zwei Schreie ließen ihn herumwirbeln. Seine Waffe richtete sich auf seinen unbekleideten Schwager, der reflexartig die Hände in die Höhe hob, während Lisa in der Küche weiterhin schrie.
    Ben senkte die Waffe, und sein Schwager stolperte leichenblass ins Schlafzimmer zurück, hoffentlich, um sich etwas zum Anziehen zu holen, dachte Ben – noch immer in leichtem Schockzustand angesichts der nackten Tatsachen, mit denen er konfrontiert worden war. Jeder, der plante ihn zu überfallen, war nun gewarnt. Dennoch behielt er seine Waffe in der Hand und ging in die Küche, wo seine Schwester, die eine Hand über ihrer Brust, die andere vor ihrer Scham, vor dem offenen Kühlschrank stand, vor sich auf dem Fußboden ein aufgeplatzter Joghurt.
    »Alles okay?« Es war nicht das erste Mal, dass er Lisa nackt sah. Allerdings waren ihr Busen und der Bauch normalerweise maximal halb so groß wie jetzt. Himmel – der Bauch! Hatten die zwei ernsthaft so Sex gehabt? In Lisas Zustand? Er schüttelte leicht den Kopf, versuchte das flaue Gefühl loszuwerden.
    »Lisa, sag endlich was. Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Ich wollte doch nur eine Kleinigkeit essen. Ben, ich bin schwanger, da achtet man nicht auf seine Figur, und überhaupt – bist du wahnsinnig geworden, mich deshalb mit einer Waffe zu bedrohen?«
    Als Tom hinter ihm auftauchte, wirbelte er erneut herum.
    »Ben – ganz ruhig. Mensch, was ist hier los?« Sein Schwager flüsterte unbewusst, sah besorgt auf seine Frau, die ihre Hände jetzt dazu benutzen musste, den Kühlschrank zu schließen. Tom half ihr in den Bademantel, den er mitgebracht hatte, bückte sich und wischte mit Küchenpapier den Fußboden sauber.
    Langsam ließ sich Lisa auf dem Stuhl nieder. Noch immer hatte sie kaum Farbe im Gesicht, was Ben enorm beunruhigte. Mit zwei langen Schritten war er bei ihr und ging in die Hocke.
    »Alles in Ordnung bei dir?«
    »Alles in Ordnung, alles in Ordnung?«, echote sein Schwager. »Bei uns ja, aber was ist mit dir? Seit wann stürmst du mit gezückter Pistole unsere Wohnung?«
    »Jemand war in meiner Wohnung«, erklärte Ben und erschrak, als die Blässe in Lisas Gesicht noch eine Spur zunahm. Besorgt nahm er ihre Hand. Sie erschien ihm so zart wie die in Marmor gehauene Figur von Maria.
    »Ja, und deshalb wirst du gleich paranoid? Du hast sie nur um einen Tag verpasst. Zu ihrem Glück ...«, kommentierte Tom, trat zu seiner Frau und massierte ihr die Schulter. »Hey, Lizzy, ist wirklich alles klar mit dir?«
    Ben löste seinen Blick von Lisa und sah seinen Schwager an. Mit absolut ruhiger Stimme fragte er ihn: »Wen habe ich verpasst?«
    »Julia.«
    »Julia wer?«
    In seine Schwester kam Leben. Auf ihren Wangen tauchte ein zartes Rosa auf. Entschlossen stand sie auf und wickelte den Bademantel um ihren Körper. Sie holte sich ein Glas aus dem Schrank und schüttete Multivitaminsaft ein.
    »Julia wer?«, wiederholte Ben mit derselben emotionslosen Stimme wie zuvor, ohne seine Schwester aus den Augen zu lassen.
    Toms Blick wanderte zwischen ihnen hin und her, bis er von Bens scharfem Blick festgehalten wurde. Tom zuckte leicht zusammen. »Ich habe keine Ahnung, wie Julia mit Nachnamen heißt.«
    Lisa lehnte sich an die Küchentheke, die linke Hand über ihren Bauch gelegt, während sie den Saft trank.
    »Du hast sie wohl mal gerettet, und

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