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Hannas Wahrheit (German Edition)

Hannas Wahrheit (German Edition)

Titel: Hannas Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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und deponierte Salz und Pfeffer auf dem Tisch.
    Sie löste sich aus der Erstarrung, mit der sie den Mann in ihrer Küche beobachtet hatte. Ihre Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, presste die Lippen zusammen.
    Er hob den Kopf, als spürte er ihren Blick. Seine hellgrauen Augen sahen sie an.
    „Wie oft?“, fragte sie kühl.
    Seine Augenbrauen gingen kurz in die Höhe, dann wechselte der fragende Ausdruck zu einem verstehenden. Ein flüchtiges Lächeln streifte seine Lippen.
    „Zwei, drei Mal.“
    Er drehte sich um, nahm einen Korb aus dem Schrank, legte vier Scheiben Brot hinein und holte die Margarine aus dem Kühlschrank. Bei keiner seiner Handlungen zögerte er auch nur einen Moment. Er setzte sich an den Tisch, zeigte einladend auf den zweiten Stuhl. „Setz dich, so wie dein Magen knurrt, kannst du auch was vertragen.“
    Sie blieb stehen, rührte sich nicht, starrte ihn weiter an. Dies war ihre Wohnung, ihr Rückzugsort, und er hatte ihr auch das genommen.
    Er zuckte mit den Achseln. „Deine Wohnung hatte eine gewisse Anziehungskraft auf mich. Man kann viel über den Menschen lernen, der darin wohnt.“ Er lud sich eine Portion Rührei mit Schinken und Pilzen auf sein Brot, das er zuvor mit Margarine bestrichen hatte. Ihr wurde klar, dass er wollte, dass sie sich unsicher fühlte. Sie sollte Angst bekommen, sich beobachtet und kontrolliert vorkommen. Sie sollte denken, dass sie keine Wahl hatte, außer den von ihm bestimmten Weg zu gehen. Sie löste sich von dem Türrahmen, holte saure Gurken aus ihrem Vorratsschrank, platzierte sie vor sich und lud sich ebenfalls Essen auf ihren Teller.
     
    Ben Wahlstrom beobachtete Hanna beim Essen. Er hatte ihren Schock gesehen, das Erkennen, die Sicherheit ihrer Höhle verloren zu haben. Das war seine Taktik. Erst dem Gegner das Gefühl geben, dass er sein Schutz verloren hat, bevor du ihm ein Angebot unterbreitest. Sie ignorierte ihn, was gar nicht einfach war, schließlich saß er ihr genau gegenüber. Er ließ ihr Zeit, in ihren Gedanken zu schmoren. In Ruhe widmete er sich seinem Essen. Es brauchte Zeit, Geduld und Verständnis für die Situation des anderen, damit der Gegner seine Abwehr fallen ließ. Als der Brotkorb leer war, stand sie auf, sah ihn kurz fragend an, er nickte. Sie schnitt zwei weitere Scheiben ab. Er hütete sich zu lächeln. Sie hatte seine Anwesenheit akzeptiert. Er war kein Fremdkörper mehr in ihrer Wohnung. Das Ganze funktionierte besser als erwartet.
     
    Sie tat, als wäre sie alleine am Tisch. Das war nicht einfach, sie merkte, wie er sie beobachtete. Sie entspannte bewusst ihre Schultern, ließ sich Zeit beim Essen, kaute sorgfältig. Es war wichtig, dass er das Gefühl bekam, dass sie seine Anwesenheit akzeptierte. Wenn er den Eindruck gewann, dass sie ihm wohlgesonnen war oder er eine Beziehung zu ihr aufbauen konnte, würde er mit seinen Worten, die irgendwann unweigerlich kamen, vielleicht mehr verraten, als er wollte. Sie war ein geduldiger Mensch, sie konnte lange warten, und sie würde ganz sicher nicht als Erste das Wort ergreifen. Als sie aufstand, um sich Brot zu holen, wandte sie sich um und sah ihn fragend an. Er konnte die Zufriedenheit über ihre freundschaftliche Geste nicht gänzlich verbergen. Sie musste sich schnell abwenden, damit er ihr triumphierendes Lächeln nicht sah. Ja, glaub ruhig, dass alles nach deinen Wünschen funktioniert, dachte sie grimmig. Lass uns sehen, wer am Ende mehr von diesem Abend profitiert.
    Er wartete, bis Hanna sich wieder gesetzt hatte, nahm das Brot und schmierte es sich. Er bemerkte, dass Hanna den Augenkontakt aufnahm. Sie setzte einen Fuß locker auf die Kante des Stuhls und beobachtete, wie er sein Brot aß, während sie ihres genüsslich verzehrte. Er wählte seine ersten Worte vorsichtig.
    „Du hast gestern Abend in deiner Bildershow eine Frage gestellt. Ich musste sterben – Warum.“ Er sah sie an. „Möchtest du sie beantwortet haben?“
    „Nein.“
    Ihre Antwort brachte ihn aus dem Konzept. Er war sich aufgrund der Bildercollage sicher gewesen, dass der Junge ihr Schwachpunkt war. Ein Kind, das umgebracht worden war und mit dem sie sich identifizierte.
    „Beantworte mir eine andere.“
    Überrascht legte er den Kopf schief, um eine andere Perspektive einzunehmen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass sie mit ihm reden würde.
    „Ehrlich“, fügte sie hinzu.
    „Nur zu. Frag.“
    „Was willst du wirklich von mir?“
    Er

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