Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannas Wahrheit (German Edition)

Hannas Wahrheit (German Edition)

Titel: Hannas Wahrheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
Vom Netzwerk:
Liege vor der Tür. Das Blut hing an einem Ständer, und in einer Schale auf dem Bett lag alles, was notwendig war, um einen Zugang zu legen. Er hob Hanna aus dem Auto und legte sie auf die Liege. Seine Schwester desinfizierte die Armbeuge.
    „Du musst mir wenigstens ein bisschen was stauen, damit ich den Zugang legen kann“, teilte sie ihren ersten Befehl aus. So war er es von ihr gewohnt.
    Die Augen von Hanna flatterten. „Er liebt Sie“, flüsterte sie leise, dann verlor sie das Bewusstsein. Lisa warf ihm einen kurzen Blick zu und schüttelte den Kopf.
    „Wie viel Blut hat sie verloren?“
    „Keine Ahnung“, gab er zu. „Aber wir müssen die Wunde an der Seite schließen, sonst können wir ihr gar nicht so schnell Blut zuführen, wie sie es dort wieder verliert.“
    „Also los, dann mach voran.“
     
    Die nächste Stunde verbrachte Ben Wahlstrom damit, seiner Schwester zu assistieren. Sie stellte keine Fragen über das, was passiert war, sondern nähte, verband, prüfte den Kreislauf, den Blutdruck und hängte Hanna an einen Tropf. „Du hättest sie in ein Krankenhaus bringen müssen“, stöhnte sie vorwurfsvoll.
    Er schüttelte den Kopf. „Nein, du bist die Beste.“
    „Quatsch, ich stelle nur keine Fragen“, korrigierte sie ihn. Am Kopf hatte Hanna eine Beule, nicht viel größer wie damals in Afrika. Er wusch ihr das Gesicht, an dem Erbrochenes klebte. Vorsichtig reinigte er auch ihr Haar. Sie war blass. Um die Augen befanden sich tiefe dunkle Ringe, die Lippen ein helles Rosa. Auch seine Jacke war dreckig und roch nach Erbrochenem.
    „Du kannst mir deine Sache geben, ich habe hier unten eine Waschmaschine.“ Dankbar reichte Ben Lisa seine Jacke und sein T-Shirt. Das von Hanna entsorgte er gleich.
    „Und?“, fragte er sie, als sie zusammen im Waschraum standen. Er wusste, dass Lisa niemals in Gegenwart ihrer Patienten über diese sprach.
    Sie seufzte tief. „Ehrlich?“
    „Immer.“
    Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Die Wunde habe ich geschlossen. So weit zu den äußerlichen Verletzungen. Organe sind von dem Messer nicht verletzt worden. Bleiben die Fragen, wie viel Blut sie verloren hat, was mit der Kopfverletzung ist und welches Trauma sie erlitten hat. Wacht sie auf, hat sie eine Chance zu überleben. Die Frage ist, ob sie aufwacht und ob sie leben will.“
    Ein forschender Blick traf ihn. Er wusste, jetzt würden die Fragen kommen.
    „Ich muss telefonieren“, erklärte er hastig. Er musste überlegen, was und wie viel er ihr sagen konnte.
    Zum Telefonieren ging er aus der Praxis in sein Auto. Er wählte die Nummer von Oberst Hartmann.
     
    Lisa saß am Bett von Hanna, als er in das Zimmer kam. Etwas hatte sich verändert, aber er konnte nicht sagen, was es war. Seine Schwester sah nicht mal zu ihm, obwohl sie sein Kommen bemerkt haben musste. Schlagartig erhöhte sich sein Plusschlag. Nein, bitte nicht, schrie es stumm in ihm. Sein Blick ging zu den Kontrollgeräte, die Lisa an Hanna befestigt hatte. Das Herz schlug in einem gleichmäßigen Rhythmus, der Blutdruck war niedrig. Erleichtert atmete er aus. Nein, so weit war alles in Ordnung.
    Er nahm sich einen Stuhl, platzierte ihn neben seiner Schwester. „Was ist?“, flüsterte er leise.
    Sie zeigte auf das Tattoo am rechten Oberarm. „Das ist ein christliches Symbol.“
    „Ein Dornenkranz“, bestätigte er.
    „Sie ist die Frau, über die wir gesprochen haben.“
    „Ja.“
    „Die Frau, die als Sechzehnjährige vergewaltigt worden ist.“
    „Ja.“
    Sie schwieg. Er ließ ihr Zeit, bremste seine Neugierde.
    „Hast du die Inschrift gelesen?“
     „Eine Inschrift?“
    Sie zeigte mit der Hand in die Mitte des Dornenkranzes, ohne den Arm zu berühren. Tatsächlich gab es dort, verschlungen in den Dornen, eine Schrift.
    „Ego sum lux mundi“, entzifferte Ben die Schrift.
    „Ich bin das Licht der Welt“, übersetzte Lisa die Worte. „Wer ist sie?“
    „Es ist besser, wenn du es nicht weißt.“
    Lisa drehte ihren Kopf zu ihm und sah ihn an. Er kannte diesen Blick, voller Entschlossenheit. „Wer ist sie, Ben Wahlstrom?“ Wenn Lisa ihn mit seinem Nachnamen ansprach, wusste er, dass sie keine weiteren Ausreden von ihm akzeptieren würde.
    „Hanna Rosenbaum.“ Er entschied sich für die Wahrheit.
    Ihr Mund klappte auf, wanderte zu der Frau im Bett, zu Ben, zu der Frau und wieder zu ihm zurück. „Die Fotografin?“
    Statt zu antworten, nickte er.
    Die Haltung seiner Schwester änderte sich. Sie setzt sich

Weitere Kostenlose Bücher