Hanni und Nanni sind immer zur Stelle

ein.
    Jetzt mussten die beiden sich beeilen. Vom Speisesaal her duftete es schon verführerisch nach Kakao und warmen Waffeln. Sie schlüpften in Jeans und Turnschuhe und machten sich auf den Weg.
    Alina hartes Spiel hatte einen besonderen Grund. Jenny und Bobby hatten sie nämlich abgepasst, bevor sie zum Tennis gegangen war. Da Petra nicht redete, sollte Alina erzählen, wieso sie den Aufsatz als Partnerarbeit hingestellt hatte. Jenny und Bobby waren sich sicher, dass sie beide sie schon zum Reden bringen würden. Schließlich waren sie Freundinnen.
    Doch Alina hatte so getan, als wüsste sie nicht, wovon Jenny und Bobby redeten. Und je heftiger sie alles abstritt, umso finsterer wurden die beiden Mädchen, die gerade noch ihre besten Freundinnen gewesen waren.
    Als sie auseinandergingen, war für Jenny und Bobby klar, dass es zwischen Alina und ihnen zum Bruch gekommen war. Auch Alina ahnte das.
    Nun hockten Jenny und Bobby in ihrem Zimmer zusammen und grübelten. Wenn Petra sich nicht selbst helfen konnte, dann mussten sie ihr eben helfen. Wie auch immer, sie wollten Alina eins auswischen.
    Besonders erzürnt waren die Freundinnen darüber, dass Alina sie so getäuscht hatte. Sie hatten sie für ein lustiges Mädchen gehalten, eine neue Freundin. Sie hatten ständig in ihren Zimmern oder im Park zusammengehockt. Und sie hatten sie überallhin mitgenommen, damit sie, die Neue, sich nicht allein fühlte. Unterdessen hatte sie die scheue Petra auf die gemeinste Weise ausgenutzt.
    „Bei der Englischklausur hat Alina übrigens auch alles von Petra abgeschrieben“, verriet Jenny Bobby jetzt.
    Bobby blies wütend die Backen auf. „Das auch noch! Und das alles hat doch nur geklappt, weil Doris krank ist und Petra niemanden hat, der auf sie aufpasst“, regte sie sich auf.
    Jenny nickte finster. „So viel steht fest: So geht es nicht weiter.“
    Die beiden dachten angestrengt nach. Nicht umsonst waren sie für ihre Streiche in Lindenhof bekannt und gefürchtet. Auch für Alina würde ihnen etwas Passendes einfallen! Darauf konnte sie sich verlassen!
    Petra hockte mit einem Stapel Büchern in der Bibliothek. „Lackmustest“, las sie. „Basen und Säuren.“
    Im Chemieunterricht stand der Neutralisationstest bevor. Frau Jenks hatte angekündigt, dass sie selbst kleine Experimente machen dürften. Darauf wollte sich Petra vorbereiten. Doch sie verstand überhaupt nicht, was sie da las.
    Alina ging ihr nicht aus dem Kopf. Alina, die ihr abends auflauerte, um an ihre Hausaufgaben zu kommen. Die das Lob eingeheimst hatte für einen Aufsatz, zu dem sie kein einziges Wort beigetragen hatte. Und die wie selbstverständlich ihre gesamte Englischarbeit abgeschrieben hatte.
    Petras beste Freundin Doris war eine der Schlechtesten in der Klasse. Petra freute sich, wenn sie ihr helfen konnte. Aber das mit Alina war etwas anderes. Alina tat so, als hätte Petra die Pflicht, ihre Arbeit an sie weiterzugeben.
    Hanni und Nanni waren sicher, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Aber konnte Petra Alina verraten? Konnte sie herausposaunen, dass ihre Zimmergenossin in Wirklichkeit eine ganz schlechte Schülerin war? Würde sie dann nicht petzen?
    Petra war ganz kurz davor gewesen, den Zwillingen zu sagen, wie Alina zu ihren guten Noten kam. Aber da waren Jenny und Bobby. Vor den beiden konnte sie einfach nicht sagen, was ihr auf der Seele lag.
    Sie seufzte. Was sollte sie bloß tun? Vielleicht musste sie einfach abwarten, bis Doris zurückkam nach Lindenhof. Petra nickte erleichtert. Dann würde sich das Problem mit Alina schon lösen.
    Wieder versenkte sie sich in ihr Chemiebuch. „Sauer, alkalisch, basisch“, las sie. Doch die Worte kamen nicht in ihrem Gehirn an. Schon die Vorstellung, dass sie heute Abend wieder mit Alina allein im Zimmer sein würde, brachte ihre Gedanken zum Stocken.
    Ihr Blick wanderte durch die einsame Bibliothek. Dann klappte sie das dicke Buch zu und legte es auf den Stapel zurück. Doris! Sie musste ihr einen Brief schreiben. Ihre Freundin hatte auch Probleme mit der Schule. Sie würde ihr sagen können, ob es ein übler Vertrauensbruch war, wenn sie Hanni und Nanni verriet, was zwischen ihr und Alina vorging. Oder war es tatsächlich so, dass sie einfach über ihren Schatten springen und Alina die mühelosen Erfolge des Abschreibens gönnen musste?
    Petra saß in ihrem Bett, den Schreibblock auf den Knien. Die anderen waren jetzt, nach dem Abendessen, noch im Gemeinschaftsraum, um zu spielen, zu