Hanni und Nanni sind immer zur Stelle
lange, da hörten alle Lehrerinnen Mamsell und dem Herrn zu, die sich gegenseitig mit schwärmerischen Gesichtern die Stichworte zuwarfen.
Frau Theobald sah sehr zufrieden aus. Und Claudine, die genau mitbekam, was da am Lehrerinnentisch vor sich ging, strahlte.
„Na, schön trainiert?“, begrüßte Jenny Alina nach dem Abendessen im Gemeinschaftsraum.
Alina stutzte. „Keine Zeit“, gab sie dann zurück. „Petra und ich mussten Englisch nachschreiben, falls ihr es noch nicht wisst. Wahrscheinlich glaubt die olle Roberts, dass wir gepfuscht haben. Aber sie hat keine Beweise.“
„Sie hat keine Beweise, wer es war“, verbesserte Bobby.
Alina schoss das Blut in den Kopf.
Hilda versuchte die Wogen zu glätten. „Bitte, Bobby, lass das doch lieber Frau Roberts entscheiden. Du kannst dich hier nicht als Oberrichterin aufspielen.“
Damit war die Sache fürs Erste vom Tisch. Doch Alina hielt es an diesem Abend nur kurz im Gemeinschaftsraum aus. Keiner redete mit ihr. Und gerade Jenny und Bobby, die sie für ihre Freundinnen gehalten hatte, waren besonders garstig.
Als sie in ihr Zimmer kam, saß Petra am Fenster und schrieb eine ellenlange Hausarbeit über das Gedicht, das sie in Deutsch behandelten.
„Hallo“, begann Alina gespielt munter und schob ihren Stuhl neben Petras. „Gut, dass du das da erledigst. Ich brauche es ja dann gleich nur noch abzuschreiben. Wir verkaufen es wieder als Gemeinschaftsarbeit, okay?“
Petra wurde steif wie ein Brett. Sie wollte Alina nicht schaden – wirklich nicht! Aber die Worte von Hanni und Nanni hatten ihre Spuren hinterlassen. Langsam drehte sie sich zu Alina herum. „Weißt du, Alina“, begann sie, „so kann das nicht weitergehen. Ich habe den ganzen Abend an der Hausaufgabe gesessen – und vorher auch schon viel dafür gelesen. Jetzt ist es genug. Du sollst deine Hausaufgabe selber machen. Du nutzt mich ja richtig aus …“ Sie atmete schwer, als sie das letzte Wort gesagt hatte.
Zornig sprang Alina auf. „Also hast du doch gepetzt!“, warf sie Petra an den Kopf.
Petra sah sie verständnislos an. „Wie bitte?“, fragte sie.
„Die Englischklausur!“
Petra schüttelte den Kopf. „Nein.“
Alina stutzte. Petra hatte tatsächlich nicht gepetzt. Das spürte sie. Diese dumme, einfältige, ehrliche Petra! Wie aber sollte es nun für sie weitergehen? Sollte sie es so machen, wie sie es an den anderen Schulen auch immer gemacht hatte? Einfach krank sein? Bis den Lehrerinnen der Geduldsfaden riss?
Nein!, beschloss Alina. Es gab noch eine andere Lösung!
Am nächsten Tag in Deutsch erlebte Petra eine üble Überraschung. Als sie ihr Heft aufschlug, um Frau Jenks den Aufsatz vorzulesen, fehlten genau die Seiten, auf denen sie ihn am Abend zuvor geschrieben hatte. Ratlos blätterte sie in ihrem Deutschheft. Oder hatte sie ihn aus Versehen in das falsche Heft geschrieben? Vielleicht ins Erdkundeheft? Oder ins Französischheft?
Petra schüttelte den Kopf. Sie konnte sich das Ganze nicht erklären.
Alinas Finger schnellte in die Höhe. „Frau Jenks, darf ich bitte die Hausaufgabe vorlesen?“
„Natürlich“, nickte die Klassenlehrerin. „Bei Petra scheint es ja irgendwelche Probleme zu geben.“
Alina schlug ihr Heft auf und las. „Theodor Storm und der Naturalismus. Der Naturalismus war eine Geistesströmung Ende des 19. Jahrhunderts …“
Alina hatte lange daran gesessen, die Hausaufgabe heimlich abzuschreiben. Mit Petras Heft war sie im Dunkeln in den Gemeinschaftsraum hinübergeschlichen und hatte eine ganze Stunde ohne Unterbrechung geschrieben. Zum Schluss hatte sie die Seiten aus dem Heft getrennt und sie in kleinen Schnipseln im Klo hinuntergespült. Wer konnte jetzt noch sagen, dass es Petra war, die die ganze Arbeit machte, während sie sie nur ausnutzte? Petra war es doch, die keine Arbeit dabeihatte. Während sie selbst Frau Jenks eine ganze hervorragende Arbeit präsentieren konnte.
„Sehr schön“, sagte die Lehrerin, als Alina fertig war. „Am meisten freut mich, dass du in der Bibliothek warst und dich sehr gut eingearbeitet hast. Nehmt euch ein Beispiel!“, wandte sie sich an den Rest der Klasse. „Mach dir keine Sorgen“, sagte sie dann zu Petra, die aussah, als würde sie im nächsten Moment in Tränen ausbrechen. „Diese eine fehlende Hausaufgabe wird deiner Note nicht schaden. Du zeigst sie mir einfach später, wenn du sie gefunden hast.“
„Ist … ist gut, Frau Jenks“, stotterte Petra.
Alina machte ein
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