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Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising

Titel: Hannibal Lector 04 - Hannibal Rising Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Anblick, die Sie mein Herz zu singen gelehrt haben«, erwiderte er.
    »Liefere die Männer Inspektor Popil aus. Kolnas und die anderen.«
    Hannibal trank seinen Sake aus und stellte die Schale ab. »Sie sagen das wegen Kolnas’ Kindern, ist es nicht so? Sie falten Kraniche für die Kinder.«
    »Ich falte Kraniche für deine Seele, Hannibal. Du wirst ins Dunkel gezogen.«
    »Nicht gezogen. Als ich nicht sprechen konnte, wurde ich nicht ins Schweigen gezogen, das Schweigen nahm mich gefangen.«
    »Aus dem Schweigen bist du zu mir gekommen, und du hast zu mir gesprochen. Ich kenne dich, Hannibal, und es ist kein einfaches Kennen. Du wirst zur Dunkelheit hingezogen, aber du wirst auch zu mir hingezogen.«
    »Auf der Brücke der Träume.«
    Die Zither machte ein leises Geräusch, als Lady Murasaki sie abstellte. Sie streckte die Hand nach ihm aus. Die Kirsche streifte über seine Wange, als er sich erhob, und sie führte ihn zum Bad. Das Wasser dampfte. Neben dem Wasser brannten Kerzen. Sie forderte ihn auf, sich auf eine Tatami-Matte zu setzen. So hockten sie sich dann Knie an Knie gegenüber, ihre Gesichter dreißig Zentimeter voneinander entfernt.
    »Hannibal, komm mit mir nach Japan. Du könntest im Landhaus meines Vaters eine Praxis eröffnen. Für einen Arzt gibt es dort viel zu tun. Und wir wären zusammen.« Sie beugte sich zu ihm vor. Sie küsste ihn auf die Stirn. »In Hiroshima dringen grüne Pflanzen durch die Asche ans Licht.« Sie berührte sein Gesicht. »Wenn du verbrannte Erde bist, werde ich warmer Regen sein.«
    Lady Murasaki nahm eine Orange aus einer Schale neben dem Bad. Sie grub die Fingernägel hinein und legte ihre duftende Hand an Hannibals Lippen.
    »Eine einzige reale Berührung ist besser als die Brücke der Träume.«
    Sie löschte die Kerze neben ihnen mit einer Sakeschale und ließ die Schale umgedreht darauf stehen, ihre Hand länger an der Kerze als nötig. Sie stieß mit dem Finger gegen die Orange, die über die Fliesen ins Bad rollte. Sie legte ihre Hand hinter Hannibals Kopf und küsste ihn auf den Mund, die erblühende Knospe eines Kusses, die sich rasch öffnete.
    Ihre Stirn an seinen Mund gedrückt, knöpfte sie sein Hemd auf. Er hielt sie auf Armeslänge von sich und sah in ihr wundervolles Gesicht, ihr Leuchten. Sie waren sich nahe, und sie waren sich fern, wie eine Lampe zwischen zwei Spiegeln.
    Der Morgenmantel fiel an ihr hinab. Augen, Brüste, Lichtpunkte auf ihren Hüften, Symmetrie auf Symmetrie, sein Atem kürzer werdend.
    »Hannibal, versprich mir etwas.«
    Er zog sie ganz fest an sich, seine Augen zusammengepresst. Ihre Lippen, ihr Atem an seinem Hals, an der Höhlung seiner Kehle, sein Schlüsselbein. Seine Clavicula. Die Waage des heiligen Michael.
    Er konnte die Orange im Bad auf und ab springen sehen. Einen Augenblick lang war sie der Kopf des kleinen Rehbocks im brodelnden Wasser der Wanne, wie er im Rhythmus von Hannibals Herzschlag immer wieder gegen die Wände der Wanne stieß, immer und immer wieder, als versuchte er selbst im Tod noch verzweifelt, herauszukommen. Die in Ketten gelegten Verdammten unter seinem Brustkorb marschierten unter den Waagschalen über sein Zwerchfell in die Hölle hinab. Stemohyoid omohyoid thyrohyoid/juuuguuular, Aaaaaamen.
    Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, und sie wusste es. »Hannibal, versprich mir etwas.«
    Ein Herzschlag, und er sagte: »Ich habe bereits Mischa etwas versprochen.«
    Sie saß reglos neben dem Bad, bis sie hörte, wie die Wohnungstür zuging. Sie schlüpfte in ihren Bademantel und knüpfte sorgfältig den Gürtel. Dann nahm sie die Kerzen vom Bad und stellte sie vor die Fotografien auf ihrem Altar. Ihr Licht fiel auf die Gesichter der gegenwärtigen Toten und auf die Rüstung, die still über allem wachte, und in der Maske von Date Masamune sah sie die künftigen Toten.

50

    Professor Dumas hängte seinen Laborkittel auf einen Kleider bügel und knöpfte mit seinen rosigen Pummelhänden den obersten Knopf zu. Er hatte auch rosige Wangen und ordentlich gekämmtes blondes Haar, und die Ordentlichkeit seiner Kleidung hielt den ganzen Tag lang an. Außerdem umgab ihn stets eine Art überirdisch guter Laune, die ebenfalls den gan zen Tag anhielt. Ein paar Studenten blieben noch im Sektions saal und putzten die Seziertische.
    »Für die Vorlesung morgen früh brauche ich eine offene Brusthöhle, Hannibal, die Rippen aufgespreizt und Lungenge fäße sowie Arterien unterschiedlich gefärbt. Aus der Farbe von Nummer

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