Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
behandelt wird. Und er würde ganz sicher kein Problem mit Mitgefangenen haben. Wenn er einfährt, würde ich ihm für seine Notiz danken. Kein Mann, der verrückt genug ist, einem die Wahrheit zu erzählen, verdient es, umgelegt zu werden.« »Es gibt einen Grund dafür, daß jemand deine Post überwachen läßt. Sie müssen einen Gerichtsbeschluß erwirkt haben, und der liegt irgendwo unter Verschluß. Noch jedenfalls werden wir nicht überwacht - das hätten wir bemerkt«, sagte Ardelia. »Ich traue es den Arschlöchern ohne weiteres zu, daß sie wissen, daß er im Anmarsch ist, und es dir nicht sagen. Paß bloß auf morgen.« »Mr. Crawford hätte uns doch darüber informiert. Sie können nicht viel gegen Lecter unternehmen, ohne Mr. Crawford davon in Kenntnis zu setzen.« »Jack Crawford ist Geschichte, Starling. Auf dem Auge bist du einfach blind. Was, wenn sie etwas gegen dich im Schilde führen? Dafür, daß du immer so vorlaut bist, daß Krendler dir nicht an die Wäsche gehen durfte? Was, wenn jemand dich zerstören will? Hey, jetzt ist es mir aber bitterernst damit, meine Quelle zu schützen.« »Gibt es irgend etwas, was wir für deinen Kumpel auf der Post tun können? Müssen wir denn etwas für ihn tun?« »Wer, glaubst du wohl, kommt zum Abendessen?« »Alles klar, Ardelia ... Einen Augenblick, ich dachte, ich wäre zum Abendessen eingeladen.« »Du darfst dir was mit nach Hause nehmen.« »Besten Dank.« »Kein Problem, Schwester. Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite.«

KAPITEL 47
    Als Starling ein Kind gewesen war, zog sie aus einem Schindelhaus, das im Wind ächzte, in den soliden roten Backsteinbau des Lutheraner Waisenhauses. Der ziemlich baufällige
Familienwohnsitz ihrer frühen Kindheit hatte eine warme Küche gehabt, wo sie sich eine Orange mit ihrem Vater teilen konnte. Aber der Tod weiß, wo die kleinen Häuser stehen, wo die Leute leben, die für wenig Geld einer gefährlichen Arbeit nachgehen. Ihr Vater fuhr von diesem Haus in seinem alten Pick-up zu dem Nachtdienst los, der ihm den Tod brachte, Starling rückte von ihren Pflegeeltern auf einem Schlachtpferd aus, als man dort die Lämmer schlachtete, und fand eine Zufluchtsstätte in dem Waisenhaus der Lutheraner. Bürokratische Strukturen, groß und mächtig, gaben ihr, seit sie denken konnte, Sicherheit. Die Lutheraner mochten zwar wenig zwischenmenschliche Wärme und Orangen und dafür reichlich Jesus bieten, aber Regeln waren Regeln, und wenn man sie befolgte, war so weit alles okay. Solange es darum ging, unpersönliche Tests zu bestehen oder auf der Straße einen guten Job zu machen, wußte sie sich auf sicherem Terrain. Aber Starling hatte kein Fingerspitzengefühl für die Machtpolitik innerhalb des Bureaus. Als sie am frühen Morgen aus ihrem alten Mustang stieg, erschien ihr die hohe Fassade Quanticos nicht länger als der ziegelsteinerne Schoß, der ihr Zuflucht bot. Durch die
Dunstschleier über dem Parkplatz wirkten die Eingänge seltsam verkrümmt. Sie wollte Jack Crawford sehen, aber dafür war keine Zeit. Die Filmerei auf Hogan’s Alley begann, sobald die Sonne hoch genug am Himmel stand. Für die Untersuchung des FelicianaFischmarkt-Massakers mußte der Hergang der Schießerei nachgestellt werden. Also wurde auf dem Hogan’s -AlleySchießstand in Quantico jeder Schuß, jede Geschoßbahn wiederholt, über die Rechenschaft abzulegen war. Starling mußte sich selbst spielen. Sie verwendeten den Original Lieferwagen. Die neu hinzugekommenen Einschußlöcher hatte man mit farblosem Kitt verspachtelt. Wieder und wieder zwängten sie sich aus dem alten Van. Ein ums andere Mal fiel der Agent, der John Brigham spielte, aufs Gesicht, und der, der Burke spielen mußte, krümmte sich auf dem Boden. Die Veranstaltung, bei der ohrenbetäubende Platzpatronen zum Einsatz kamen, ließ sie vollkommen ausgelaugt zurück. Am frühen Nachmittag waren sie fertig. Starling hing ihre SWAT-Ausrüstung auf und fand Jack Crawford in seinem Büro. Sie war wieder zur Anrede »Mr. Crawford« zurückgekehrt. Er schien zunehmend fahriger zu werden und sich vom Rest der Welt zu entfernen. »Darf ich Ihnen eine Alka-Seltzer anbieten, Starling?« fragte er, als sie in der Tür seines Büros auftauchte. Crawford warf im Lauf eines Tages eine ganze Reihe rezeptfreier Medikamente ein. Er schluckte Ginkgo Biloba, Saw Palmetto, St. Johns Wort und Aspirin für Kinder. Er nahm sie in einer genau festgelegten Reihenfolge von seiner Handfläche ein, wobei er

Weitere Kostenlose Bücher