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Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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der Karte die Entfernung ab. Ungefähr zwei Meilen durch den Wald bis zur Farm. Sie fuhr in den dunklen Tunnel der Feuerwehrzufahrt hinein. Von Zeit zu Zeit tauchte der
Nachthimmel über ihr auf und verschwand wieder, wenn sich die Baumkronen über ihr schlössen. Praktisch ohne das Gaspedal zu berühren, schlich sie im zweiten Gang durch den Wald. Sie hatte nur die Parkleuchten eingeschaltet und versuchte alles, um den Mustang so leise wie möglich zu halten. Abgestorbene Äste strichen über das Fahrgestell. Als der Kilometerzähler 1,8 Meilen anzeigte, hielt sie an. Bei abgeschaltetem Motor konnte sie in der Dunkelheit eine Krähe schreien hören. Die Krähe war über irgend etwas stocksauer. Sie betete zu Gott, daß es wirklich eine Krähe war.

KAPITEL 85
    Cordell betrat wie ein Henker die Sattelkammer. Er hatte
Infusionsflaschen unterm Arm, von denen Schläuche
herunterbaumelten. »Der Dr. Hannibal Lecter!« sagte er. »Wie sehr habe ich mir doch Ihre Maske für unseren Club in Baltimore gewünscht. Meine Freundin und ich haben jetzt eine mit Kerkertouch aus Metall und Leder.« Er legte seine Utensilien auf den Amboß und schob einen Schürhaken ins Feuer. »Gute und schlechte Nachrichten«, sagte Cordell mit seiner aufmunternden Pflegerstimme und dem leichten Schweizer Akzent. »Ist Mason schon mit Ihnen die Abfolge durchgegangen? Der Plan lautet: In Kürze, während ich Mason hier herunterbringe, werden Ihre Füße den Schweinen zum Fraß vorgesetzt. Danach dürfen Sie die Nacht mit Warten verbringen, und morgen früh werden Carlo und seine Brüder Sie mit dem Kopf voran durch die Gitterstäbe an die Schweine verfüttern. Auf diese Weise können die Schweine zuerst Ihr Gesicht fressen, wie die Hunde das bei Mason getan haben. Ich werde Sie an den Tropf hängen und mit Aderpressen bis zum Schluß bei Laune halten. Sie sind wirklich fertig mit der Welt, müssen Sie wissen. Das ist die schlechte Nachricht.« Cordell warf einen flüchtigen Blick in Richtung Fernsehkamera, um
sicherzugehen, daß sie auch wirklich ausgeschaltet war. »Die gute Nachricht ist, daß es für Sie nicht schlimmer werden muß als ein Besuch beim Zahnarzt. Was haben wir denn da, Doktor?« Cordell wedelte ihm mit einer Spritze für subkutane Injektionen vor der Nase herum. »Lassen Sie uns wie zwei echte Medizinmänner darüber reden. Ich könnte einfach hinter Sie treten und Ihnen einen Schuß ins Rückenmark verpassen. Danach würden sie dort unten rein gar nichts mehr fühlen. Sie schließen einfach die Augen und versuchen wegzuhören. Allenfalls spüren Sie, daß etwas an Ihnen zieht und zerrt. Wenn Mason seinen Spaß für den Abend gehabt hat und wieder drüben im Haus ist, könnte ich Ihnen etwas geben, das Ihr Herz sofort stillstehen läßt. Wollen Sie mal einen Blick darauf werfen?« Cordell streichelte ein Fläschchen mit dem
neuromuskulären Blocker Pavulon und hielt es dicht vor Dr. Lecters geöffnetes Auge, aber nicht dicht genug, um von ihm gebissen werden zu können. Der Feuerschein strahlte Cordells gieriges Gesicht von der Seite an, seine Augen glänzten fiebrig und selig vor Glück. »Sie haben viel Geld, Dr. Lecter. Jedenfalls sagt das jeder. Ich weiß doch, wie der Hase läuft - ich verteile mein Geld ja auch auf mehr als einen Ort. Hole es hervor, transferiere es, veranstalte einen Mordswirbel. Ich kann mein Geld übers Telefon transferieren. Ich wette, daß Sie das auch können.« Cordell holte ein Handy aus seiner Tasche. »Wir werden Ihren Bankmenschen anrufen, Sie geben ihm den Code durch, er wird ihn mir gegenüber bestätigen, und ich bringe Sie heil nach drüben.« Er hielt die Spritze fürs Rückenmark hoch. »Spritz, spritz. Sprechen Sie mit mir.« Dr. Lecter murmelte etwas mit gesenktem Kopf. »Koffer« und »Schließfach« war alles, was Cordell hören konnte. »Kommen Sie schon, Doktor, und dann dürfen Sie auch schlafen. Auf geht’s!« »Nichtmarkierte Hunderter«, sagte Dr. Lecter, und seine Stimme verlor sich. Cordell neigte sich näher zu ihm hin. Dr. Lecter stieß mit dem Kopf nach vorn, bekam mit seinen kleinen, spitzen Zähnen Cordells Augenbraue zu fassen und riß ihm, als dieser
zurücksprang, ein ziemlich großes Stück heraus. Dr. Lecter spuckte die Augenbraue wie die Haut einer Weintraube Cordell ins Gesicht. Cordell desinfizierte die Wunde und klebte ein Heftpflaster darauf, was ihm einen leicht lächerlichen Gesichtsausdruck verlieh. Er packte seine Spritze wieder ein. »All die Linderung

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