Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hannibal

Hannibal

Titel: Hannibal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
Vom Netzwerk:
ist ein Job.« Ein Job. ]ob war einer jener Begriffe aus ihrem gemeinsamen Wortschatz, der für etwas Gutes stand. Er schaffte Klarheit, bedeutete eine festumrissene Aufgabenstellung, die nach einer Lösung verlangte. Bei ihnen war nie die Rede davon, daß man in dem bürokratischen Zentralismus des Federal Bureau of Investigation zwangsläufig zum Scheitern verurteilt war. Crawford und Starling waren beseelt von einer Mission, was nicht hieß, daß sie mit Religion viel im Sinn hatten. Jeder von ihnen konzentrierte sich ausschließlich auf das Baby, das gerade vor ihm lag, wohl wissend, ohne es je auszusprechen, daß Gott niemals als helfende Hand in Erscheinung treten würde. Daß Er gar nicht daran dachte, um des Lebens von 50000 IBO-Kindern willen Regen zu senden. »Wenn Sie so wollen, haben Sie ihn Ihrem jüngst in Erscheinung getretenen Briefpartner zu verdanken.« »Dr. Lecter.« Crawfords Widerwillen, diesen Namen auszusprechen, war ihr nicht neu. »Ja, eben derselbe. Über all die Jahre hinweg hatte er sich uns entzogen war sauber davongekommen -, und nun schreibt er Ihnen einen Brief. Warum?« Es waren mittlerweile sieben Jahre vergangen, seit Dr. Hannibai Lecter, verantwortlich für zehn Morde, aus dem Polizeigewahrsam In Memphis entsprungen war, was fünf weiteren Menschen das Leben gekostet hatte. Es schien, als wäre er vom Erdboden verschluckt worden. Das FBI legte den Fall zwar niemals zu den Akten, und schon gar nicht dachte jemand daran, ihn zu schließen. Er würde offen bleiben, bis man Lecter gefaßt hätte. Dasselbe galt für Tennessee und die anderen zuständigen Jurisdiktion. Aber es gab schon lange keine Sondereinheit mehr, die auf ihn angesetzt war, obwohl die Verwandten der Opfer nicht aufgehört hatten, die Justiz des Staates Tennessee mit Eingaben zu bombardieren, und von den Behörden Taten sehen wollten. Es gab reihenweise gelehrte Abhandlungen über seine Geistesverfassung, in der Mehrzahl von Psychologen geschrieben, die ihn niemals zu Gesicht bekommen hatten. Einige Arbeiten stammten von Psychiatern, die Lecter in Fachzeitschriften zerrissen hatte. Sie fühlten »Ich offenkundig nun sicher genug, um aus der Deckung zu kommen Ein paar von ihnen vertraten die Auffassung, daß seine gestörte Psyche ihn zwangsläufig in den Selbstmord treiben müsse und daß er aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr am Leben sei. Im Cyberspace hingegen war das Interesse an Hannibai Lecter nach wie vor ungebrochen. Theorien über ihn schössen wie Pilze aus dem Hoden. Lecter wurde mindestens genauso häufig gesichtet wie Elvis. Immer wieder machten Leute die Chat-Räume unsicher, die vorgaben, Lecter zu sein. Im fluoreszierenden Halbdunkel des Netzes wurden die Polizeifotos seiner Exzesse schwarz verkauft. Auf der Beliebtheitsskala der Sammler gräßlicher Mysterien rangierten sie gleich hinter den Fotos der Exekution von Fou-Tschou-Li. Eine Spur vom Doktor nach sieben Jahren - sein Brief an Clarice Starling, als sie von der Boulevardpresse gekreuzigt wurde. Der Brief trug keinerlei Fingerabdrücke. Trotzdem war das FBI der Auffassung, daß er keine Fälschung darstellte. Clarice Starling zumindest war sich dessen sicher. »Warum hat er das getan, Starling?« Crawford schien beinahe wütend auf sie zu sein. »Ich habe niemals wie diese Dummköpfe von Psychiatern vorgegeben, ihn zu verstehen. Wie erklären Sie sich sein Verhalten?« »Offensichtlich dachte er, das, was gerade auf mich einstürzt, würde mich ... zerstören, mich bezüglich des Bureaus desillusionieren. Er genießt es zu sehen, wenn jemand seinen Glauben verliert. Er hat ein regelrechtes Faible dafür. Denken Sie an die Trümmerstücke von Kirchen, die er zu sammeln pflegte. Der Haufen Schutt in Italien, als damals diese Kirche einstürzte und all die alten Leute unter sich begrub, die zur Messe gegangen waren. Irgend jemand setzte auf die Spitze der Trümmer einen
Weihnachtsbaum. So etwas ist ganz nach seinem Geschmack. Es amüsiert ihn. Er spielt mit mir. Als ich ihn damals befragt habe, machte er sich einen Spaß daraus, mir meine Bildungslücken vorzuführen. Er hält mich für ziemlich naiv.« Sein Alter und die Einsamkeit sprachen aus Crawford, als er sagte: »Haben Sie schon einmal daran gedacht, daß er Sie vielleicht mögen könnte, Starling?« »Ich glaube, daß ich ihn irgendwie amüsiere. Die Dinge amüsieren ihn entweder, oder sie tun es nicht. Im letzteren Fall ...« »Haben Sie jemals gefühlt, daß er Sie mag?« Crawford

Weitere Kostenlose Bücher