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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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für diesen Handel abzuzweigen; doch nun war der Mann ganz und gar nicht zufrieden damit.
    »Nun schreit doch nicht so! Mehr habe ich nun mal nicht«, sagte sie beschwichtigend.
    »Hier wird es ja wohl mehr geben, in einem reichen Haus wie diesem!«
    »Gibt es aber nicht. Mein Onkel hat   ...«
    Er fiel ihr ins Wort. »Euer Onkel? Warum sagt Ihr das nicht gleich! Dann werde ich wohl mit dem sprechen müssen!«
    Nicht auch das noch! Henrike schüttelte sorgenvoll den Kopf und bemühte sich um eine feste Stimme: »Er ist nicht da. Ihr müsst mit mir vorliebnehmen. Und ich habe nun mal nicht mehr zu bieten.«
    Der Kaufmann wandte sich wutschnaubend ab. »Dann werden wir uns wohl nicht einig. Hätte ich geahnt, dass Ihr meine Zeit derart verschwendet! Aber ich dachte an Euren Vater, an unsere alte Freundschaft.«
    Wieder kam er mit der Freundschaft zu ihrem Vater, dabei hatte sie seinen Namen bislang noch auf keinem der Zettel gesehen. Sicher war es besser, wenn kein Handel zwischen ihnen zustande kam. Nun musste sie ihn nur noch loswerden. Doch er ließ sich Zeit, begann seine Waren noch einmal auszupacken. Plötzlich hielt er eine leere Kiste in der Hand.
    »Wo ist das restliche Garn, Kindchen? Ich habe dir meine Waren in treuem Glauben hiergelassen, nun will ich sie auch zurück   – und zwar vollständig!«
    Nervosität erfasste Henrike vollends. Es fehlte etwas? Wie konnte das sein?
    »Ich habe nichts genommen. Die Waren lagen die ganze Zeit hier im Keller. Niemand außer mir wusste von ihnen.«
    »Dann bist du eine Diebin, eine gemeine Diebin!« Er schrie jetzt.
    Jeden Moment konnte ihre Tante herunterkommen, und was wäre dann? Sie wagte kaum, es sich auszumalen. Henrike ging zu ihm, sah in und um die Kästen, sagte aufgewühlt: »Das mussein Versehen sein   ... Sie müssen danebengefallen sein   ... Zählt sie doch noch einmal durch«, bat sie.
    Er griff ihren Arm und drehte sie grob zu sich. »Willst du mich nun auch noch der Lüge bezichtigen? Mich, einen ehrenwerten Kaufmann! Du bist hier die Diebin. Ich werde den Büttel rufen!«
    Er ging schon zur Straße, sein Schritt war entschlossen. Doch Henrike hielt ihn zurück. Sie war ganz steif vor Sorge und Angst geworden. Sie sah sich schon am Pranger stehen, sah, wie alle sie anspuckten oder mit faulen Eiern bewarfen, sah sich einsam in einer Klosterzelle, sah sich als Bettlerin in der Gosse ihr Leben fristen!
    Tränen schossen ihr in die Augen, und sie bat: »Nein! Haltet ein! Ich bitte Euch. Es wird sich alles klären. Ihr werdet Euer Geld bekommen, das verspreche ich!«
    Der Kaufmann kam zurück und sah sie lauernd an. »Gut, einen Tag hast du noch. Ich bin im Gasthaus Zum Löwen abgestiegen. Bring mir heute Abend, was du mir schuldig bist, dann werde ich den Vorfall vergessen. Sonst zeige ich dich morgen an.«
    Henrike blieb allein zurück, bebend vor Verärgerung über ihre eigene Dummheit. Die falschen Anschuldigungen erzürnten sie bis aufs Äußerste, aber was konnte sie tun? Sie hatte keinen Beweis dafür, wie viele Waren er bei ihr gelassen hatte. Sie hätte sich niemals darauf einlassen dürfen, das wusste sie jetzt. Aber nun war es zu spät. Was sollte sie nur tun? Woher sollte sie das Geld nehmen? In Vaters Schreibkammer hatte stets etwas gelegen, aber seit ihr Onkel eingezogen war, war es verschwunden. Das Haushaltsgeld verwaltete die Tante, und zwar streng, wie Henrike durch die Streitereien mit der Köchin wusste. Sie könnte ihrer Tante alles beichten, aber Ilsebe würde ihr nicht helfen, im Gegenteil, vermutlich wartete sie nur auf eine Gelegenheit, sie zu bestrafen. Und damit, dass sie zu Asta geschickt würde, wäre es dieses Mal nicht getan, das wusste Henrike. Geschlagenoder eingesperrt zu werden, das könnte sie ertragen. Aber Ilsebe wollte sie loswerden, und zwar dauerhaft. Durch ein Ereignis wie dieses könnte Henrike direkt im Kloster landen oder in einer lieblosen, aber für Ilsebe gewinnbringenden Ehe am Rande der Welt. Telse könnte ebenfalls nichts tun, war ohnehin leidend, obgleich Henrike nicht so recht wusste, woran sie litt. Sie machte keinen sehr kranken Eindruck.
    Wer blieb ihr überhaupt noch, überlegte sie? Ihr zweiter Vormund Symon Swerting? Es wäre beschämend, sich an ihn zu wenden. Außerdem würde es ihn möglicherweise auf Hartwig Vresdorps Seite treiben. Ihr Verhalten könnte als weiterer Beweis dafür gedeutet werden, dass sie aufsässig war und infolgedessen bestraft und gemaßregelt werden musste. Der

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