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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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liegen in meiner Hand. Euch etwas anzutun wäre natürlich die pure Verschwendung. Es würde aber auch einen Haufen meiner Probleme lösen.«
    Dann holte er wortlos weitere Beutel hervor und warf sie indie Schatulle. Henrike hörte das Klimpern von Geld. Würde etwa auch er abreisen?
    ~~~
    Henrike legte den Riegel der Kellerluke um und stieß die Pforten auf. Licht und Luft strömten in den Kaufkeller. Für einen Augenblick genoss sie die Sonnenstrahlen, die sogar Hartwigs Drohungen verblassen ließen. Beklommen dachte sie daran, was er Simon und ihr antun konnte. Der Brief war weg. Jetzt hatte sie keinen Beweis mehr für den Betrug. Sie würde weitermachen, dabei aber noch vorsichtiger sein müssen.
    In ihrem Haus in der Alfstraße war es so ruhig wie seit langer Zeit nicht mehr. Simon und Nikolas waren unterwegs nach Bergen. Onkel Hartwig und Rotger waren zu wichtigen Geschäften nach Wismar abgereist. Ilsebe leistete ihrer Tochter am Krankenbett Gesellschaft. Jost, Margarete und Gesche waren fort. Die Köchin, die neue Magd und der Knecht gingen wie gewohnt ihrer Arbeit nach.
    Sie drehte sich um und stand in dem ungewohnt leeren Kaufkeller. Mit jedem Tag, den der Frühling voranschritt, liefen mehr Schiffe in den Lübecker Hafen ein. Mit jedem Tag wurden mehr Güter in der Stadt umgeschlagen. Nur bei ihnen fand kein Handel mehr statt. Mit dem Schiff nach Bergen waren viele Waren aus dem Keller verschwunden. Nikolas hatte alles Getreide, Malz und die Leinwand als Tauschware gegen den begehrten Fisch mitgenommen, mit dem Hartwig Vresdorp seit jeher handelte. Lediglich im Gewölbekeller standen noch einige Fässer, dort, wo Henrike sich vor einiger Zeit versteckt hatte. Dort, wo   – wie sie sich jetzt wieder erinnerte   – Hartwig und Nikolas irgendetwas hin- und hergeschoben hatten. Wie hatte sie das vergessen können! Gleich würde sie nachschauen gehen.
    Doch erst einmal hatte sie etwas anderes vor. Sie holte denBrief hervor, den vorhin ein Bote abgegeben hatte und der ihr in der Tasche zu brennen schien, so ungeduldig hatte sie darauf gewartet, ihn endlich lesen zu können.
    Liebe Henrike,
    ich bin wohlbehalten hier wieder angekommen. Seitdem liegt viel Arbeit hinter mir, deshalb komme ich erst jetzt dazu, dir zu schreiben. Alle auf dem Gutshof sind wohlauf. Auch Katrine geht es gut, und ich freue mich sehr, zu beobachten, wie sie langsam ihre Angst verliert. Sie arbeitet nicht nur in der Weberei, sondern fertigt vor allem Gürtel für dich an, eine Arbeit, die sie glücklich zu machen scheint. Bald werden wir dir die ersten schicken können, wenn denn das Garn reicht. Über das Kleid hat sie sich übrigens sehr gefreut. Sie wagt kaum, es zu tragen. Ich muss sie fast dazu überreden, es an den Sonntagen anzuziehen.
    Sasse hat in Travemünde die ersten Erkundigungen eingeholt. Tatsächlich hat jemand den Mann mit der frischen Brandwunde gesehen. Schon morgen wird Sasse erneut aufbrechen und der Spur nachgehen. Ich hoffe wirklich, dass er die Bösewichte findet.
    Ich hoffe, dass es dir trotz allem gut geht und du dich gut gegen deine Verwandten behauptest. Ich bin sehr froh, dass du Griseus an deiner Seite hast.
    Gott schütze dich,
    deine Asta
    Henrike wurde es schwer ums Herz. Wenn Asta nur wüsste! Überall hatte Henrike nach ihrem Hund gesucht, doch er war und blieb verschwunden.
    Plötzlich ließ eine Stimme sie aufschrecken. Eilig faltete sie den Brief zusammen und steckte ihn in ihren Ärmel.
    »Seid gegrüßt, Jungfer. Ich suche Konrad Vresdorp.«
    Ein Mann stand im Eingang. Er trug gepflegte Kleidung und einen breiten Schnauzbart. Seine Worte hatten ihr einen Stichversetzt, dabei waren inzwischen beinahe fünf Monate vergangen, seit ihr Vater gestorben war.
    »Konrad Vresdorp ist tot. Ich bin seine Tochter. Kann ich Euch weiterhelfen?«
    Der Mann wirkte bestürzt. »Tot? Der gute Konrad Vresdorp? Was für ein Unglück!« Er sprach ihr immer wieder sein Beileid aus, rang die Hände dabei.
    »Ihr kanntet ihn wohl gut?«, fragte Henrike, obgleich sie den Mann noch nie gesehen hatte. Aber bei den vielen Handelspartnern des Vaters musste das nichts heißen.
    »Sehr gut, ja, ausgezeichnet«, murmelte der Mann, fiel jedoch gleich wieder in sein Lamento zurück. »Was soll ich nur tun? Was soll ich tun?« Nervös zwirbelte er seinen Schnauzbart. »Führt Ihr seinen Handel weiter, junge Frau?«
    Henrike war überrumpelt. »Ich   ... genau genommen   ...«, begann sie.
    Plötzlich nahm er ihre Hand in seine,

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