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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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zu betrügen. Vermutlich hat er Euch einen falschen Namen genannt, damit man ihm nichts nachweisen kann.«
    Ratzes hässliches Lachen bewies, das Adrian sein Verhalten richtig gedeutet hatte.
    »Ach was, Vanderen. Die Kleine hier hat es nicht anders verdient. Und Ihr seid ein schlechter Verlierer, wie ich schon sagte. Ich   ...« Eine Ohrfeige machte seinen Worten ein Ende. Dieses Mal hatte Henrike zugeschlagen.
    »Wie konntet Ihr mir das antun!«, rief sie. Ihre Hand pulsierte heftig von dem Schlag.
    »›Wie konntet Ihr mir das antun?‹«, äffte Heymo Ratze sie höhnisch nach und grinste. »Vater tot, Onkel weg, reiches Haus. Da ist was zu holen. Wer da nicht zugreift, ist wirklich schwer von Begriff.«
    Adrian löste Ratzes Geldbeutel vom Gürtel und fischte die Würfel heraus. Der Mann wandte sich, kam jedoch gegen Cords festen Griff und die Fesseln nicht mehr an.
    »So schwer von Begriff wie die Männer, denen du das hart verdiente Geld aus der Tasche ziehst, Ratze? Was würden sie wohl dazu sagen, dass diese Würfel angefeilt sind und deshalbimmer auf dieselbe Seite fallen? Und erst der Scharfrichter der Stadt?«
    Das Grinsen in Ratzes Gesicht gefror. »Das würdet Ihr nicht tun.«
    Adrian warf die Würfel in die Luft und fing sie wieder auf. »Oh doch, das würde ich. Es würde mir sogar Vergnügen bereiten, dich am Galgen baumeln zu sehen.«
    »Dann muss ich die Kleine leider öffentlich des Diebstahls beschuldigen. Ihr Wort steht dann gegen das meine. Schaden wird es ihr mehr als mir.«
    Henrikes Hals war wie zugeschnürt. Hatte die Boshaftigkeit dieses Mannes denn nie ein Ende? Adrian packte Ratze am Hals, seine Worte klangen gepresst.
    »Du wirst diese Stadt verlassen und nie wieder zurückkehren. Wenn ich dir nur noch einmal begegne oder von deinen Untaten höre, wird sich das Gericht um dich kümmern. Und das wird ganz sicher kein Auge zudrücken.«
    Sein Gegenüber bleckte die Zähne. »Und meine Waren?«
    Adrian Vanderen wandte sich um. »Darum kümmern wir uns jetzt. Keinen Laut, mit Cord ist nicht zu spaßen, der hat schon so manchen Leib aufgeschlitzt.«
    Henrike bemerkte jetzt das Messer, das der Glatzköpfige dem Betrüger in die Seite hielt. Der Mann nickte verkniffen, blieb aber still, als sie aus dem Stall traten und zur Alfstraße gingen. Henrike lief mit Adrian voraus.
    »Werden wir Probleme haben, die Waren aus dem Kaufkeller zu holen?«, fragte Adrian leise.
    Sie überlegte. »Ich hoffe nicht, alle müssten schon schlafen. Ich schlüpfe hinein und öffne von innen. Aber was wollt Ihr mit den Waren machen?«
    Adrian sah sie fragend an. »Wollt Ihr sie behalten?«
    Die junge Frau dachte an die schönen Garne und an Katrine. Aber Garn würde sie auch woanders bekommen.
    »Ich will sie nicht, für kein Geld der Welt. Sie würden mir kein Glück bringen«, sagte sie entschlossen.
    Er lächelte. »Ich habe schon eine Idee, lasst Euch überraschen.«
    Plötzlich kam Henrike alles wie ein großes Abenteuer vor, wie eines der Spiele, die sie mit ihrem Bruder gespielt hatte   – nur, dass es dieses Mal um ihr Leben und ihre Ehre ging.
    Alles klappte, wie geplant. Als sie den Karren mit den Waren auf die Straße gezogen hatten, zwirbelte der Betrüger aufgeräumt seinen Bart. Er schien zu glauben, dass er noch einmal ungestraft davonkommen würde. Aber ganz so war es nicht, wie sich herausstellte. Adrian ließ ihn den Karren vor die Tür des nächsten Armenhauses ziehen. Dann versteckten sich Henrike und Adrian Vanderen hinter einer Häuserecke, Ratze von Adrian fest am Handgelenk gepackt, während Cord den Türklopfer betätigte, bevor auch er zu ihnen gerannt kam. Laut hallte der Ton in dem Gebäude. Schließlich öffnete sich quietschend die Tür, und der Karren wurde hineingezogen. Im Armenhaus würde man mit dieser Spende etwas anzufangen wissen. Ratze stöhnte gequält auf. Cord hielt ihm die Messerspitze unter das Kinn, die Augen des Betrügers waren schreckgeweitet.
    »Fort mit dir«, zischte Adrian. »Kehre nie mehr hierher zurück. Wenn ich dich noch einmal sehe, freut sich der Scharfrichter. Oder mein Gehilfe hier schlitzt dich auf!«
    Der Glatzkopf drückte etwas fester zu. Ein Blutstropfen rann Ratzes Kehle hinab.
    »Es wäre mir ein Vergnügen, Herr«, sagte Cord, dann stieß er ihn von sich.
    Heymo Ratze lief, so schnell er konnte, davon. Henrike hoffte, ihn nie wieder zu sehen. Adrian Vanderen klopfte seinem Gehilfen zufrieden auf die Schultern. Henrike sah den Glatzkopf scheu an.

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