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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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nicht«, beharrte sie.
    Hilflosigkeit überfiel Henrike. Wie sollte sie das nur allein schaffen! Wenn sie ihre Tante wäre, würde sie die Köchin vermutlich mit dem Stock zum Gehorsam zwingen. Aber sie war nicht ihre Tante, wollte auch nie so werden, also ergab sie sich in ihr Geschick.
    »Gut. Dann werde ich es eben tun«, sagte Henrike entschlossen.
    Sie band sich den Beutel mit ihrem Wachsbüchlein, den sie gestern noch schnell genäht hatte, an den Gürtel. Hübsch war ernicht, aber er erfüllte seinen Zweck. Dann nahm sie die Packen auf und trug sie zur Tür.
    »Wartet!«, hörte sie da hinter sich. »Schon gut, ich mach’s ja! Ich kann es nicht mitansehen, wie Ihr Euch lächerlich macht. Außerdem würde Margarete mir nie verzeihen, wenn ich ihren Schützling so auf die Straße gehen ließe!«
    Sie luden die Packen auf den Karren und gingen in Richtung Stadtmauer. Henrike voraus, die Köchin mit dem Karren hinterher, bei jedem Schritt leise murrend. An dem Abschnitt des Hafens, wo die Flandern-Schiffe be- und entladen wurden, gab es weniger Koggen als anderswo. Viele Kaufleute bevorzugten inzwischen die Route über Land, weil sie sicherer war. Adrian Vanderen würde schon seinen Grund haben, sein Schiff nach Brügge zurückzuschicken, und dass sein Vorhaben keineswegs aussichtslos war, bewiesen die zahlreichen Händler, die die Verladung ihrer Waren auf die Kogge beaufsichtigten. Adrian war in ein Gespräch mit einem anderen Mann vertieft. Als Henrike sich näherte, fielen ihr sogleich die ernsten Mienen und der schroffe Ton der Männer auf.
    »Was heißt das, Ihr könnt das Bier nicht liefern?«, fragte Adrian Vanderen gerade.
    Der Mann hob die Achseln.
    Henrike erkannte ihn jetzt, es war ein Brauer, mit dem ihr Vater auch schon zu tun gehabt hatte.
    Adrian redete auf ihn ein, er wirkte wütend. »Aber wir waren uns doch einig, Schiffsbier und gutes Bier. In die Hand habt Ihr mir zugesagt, dass Ihr liefert.«
    »Ist ausverkauft. Kann’s nicht ändern«, gab der andere gleichgültig zurück.
    »Und woher soll ich Eurer Meinung nach auf die Schnelle so viel Bier bekommen?«, fragte Adrian heftig.
    »Eure Sache, nicht meine.« Der Brauer grinste herausfordernd. »Wenn andere mehr bieten   ...«
    »Heißt das, Ihr habt einem anderen Schiffer mein Bier verkauft?«
    Henrike schämte sich plötzlich für ihre Stadt, in der Absprachen nicht eingehalten und in der ehrliche Kaufleute schlecht behandelt wurden. Sie überlegte fieberhaft, wie sie helfen könnte. Bier war für die Verpflegung der Mannschaft und der Mitreisenden so wichtig wie Schiffszwieback, Fleisch, Fisch und Grünzeug, noch wichtiger vielleicht. Durst ist schlimmer als Heimweh, das hatte sie einen Schiffer ihres Vaters schon mal sagen hören. Ob Adrian von einem anderen Brauer in der kurzen Zeit genügend Bier bekommen könnte, war fraglich. Und wenn, dann würde dieser die Notlage sicher ausnutzen und einen unverschämten Preis fordern.
    »Sorgt Euch nicht«, sagte sie laut. »Mein Vater handelte mit einem Brauer, auf den immer Verlass war. Ich kann Euch mit ihm bekannt machen. Er wird sicher für einen guten Freund des Consuls Vresdorp ein paar Fässer beschaffen können.«
    Die Männer starrten sie an.
    Henrike konnte dem Brauer förmlich ansehen, wie er überlegte. Ratsherr Vresdorp musste er kennen, aber wusste er auch, dass ihr Vater tot war? Vielleicht nicht. Und was für Folgen konnte es haben, wenn er es sich mit dem Freund eines Ratsherrn verdarb?
    Sie sammelte sich noch einmal und erhob die Stimme. »Und für diesen Brauer wird sich sicher unser Gerichtsherr interessieren, der Unehrlichkeit kaum dulden wird. Ist hier kein Büttel in der Nähe?« Henrike sah sich suchend um.
    Adrian war von ihren Worten überrascht gewesen, warf Henrike aber jetzt einen schnellen Blick zu und reckte sein Haupt ebenfalls über die Menge.
    »Eben waren noch einige da. Ich werde meinen Gehilfen losschicken, damit er einen Büttel heranschafft und diesen Brauer zur Rechenschaft zieht. Ich habe den Kauf glücklicherweise inmein Handelsbuch eingetragen und kann beweisen, dass wir uns einig gewesen sind.«
    »Da, ich sehe einen! Janne, lauf schnell und hole ihn heran!« Henrike gab ihrer Köchin einen Schubs, die widerwillig einen Schritt nach vorne tat.
    Der Brauer hob beschwichtigend die Hände, blickte Henrike und Adrian zerknirscht an. »Ich denke, das wird nicht nötig sein, Herr Vanderen. Ich sehe schon, es ist dringend. Ich werde sehen, ob ich einen

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