Hansetochter
machte sich Sasse am Rand des Durchgangs bereit zuzuschlagen.
»Was ist ...« Eine junge Stimme, blonde Zöpfe, ein schmaler Körper.
»Katrine!« Henrike stürzte auf das Mädchen zu, das mit einer Schale Wasser in den Händen eingetreten war.
Katrine wirkte unverletzt, doch die Schatten in ihrem Gesicht sprachen deutlich von ihrem Kummer. Die beiden schlossen sich in die Arme und drückten sich fest. Henrike spürte, wie die Schultern des Mädchens bebten, wie ihre Tränen ihren Hals benetzten.
»Endlich bist du da! Der Angriff, das Feuer, dieser furchtbare Verwalter, dieses Hospital ...« Katrine war außer sich.
Henrike nahm ihre Hände, stellte Adrian und Janne vor und fasste die Ereignisse beim Gutshof und das Gespräch mit dem Vogt zusammen. Sasse wurde sehr wütend, als er davon hörte.
»Und nun ihr. Erzählt uns alles«, sagte sie, »aber der Reihe nach«, bat Henrike.
Es dauerte lange, bis Katrine die Vorgänge genau geschildert hatte und schließlich bei ihrer Ankunft in Travemünde angekommen war.
»Bis hierhin hatten sich die bösen Gerüchte schon verbreitet. Sie wollten uns erst gar nicht aufnehmen, weil sie sagten, Asta habe die Unzucht gefördert. Dabei ist das eine pure Verleumdung. Wie oft hat Asta für das Hospital gespendet – aber das zählt auf einmal nicht mehr.« Sie sah den Knecht an. »Sasse hat dafür gesorgt, dass sie sich eines Besseren besannen. Dass wir das Lager hinter dem Wandschirm bekamen. Gesche wollten sie natürlich auch nicht aufnehmen, aber auch da haben wir getan, was wir konnten.«
»Wo ist sie? Wie geht es ihr?«, wollte Henrike wissen.
»Sie ist in einem abgelegenen Saal. Damit sie die anderen nicht mit ihrer Sündhaftigkeit beschmutzt, meinten die Mönche. Auch sie ist schwer verletzt. Aber das Kind hat sie wie durch ein Wunder behalten. Ich gehe abwechselnd zu ihr und zu Asta«, sagte Katrine, und ihre Erschöpfung klang immer mehr durch.
Henrike strich ihr über die Wange. Es tat ihr weh, das Mädchen so kummervoll und zermürbt zu sehen. Wie gerne wollte sie ihr eine Freude machen, sie ein wenig erheitern.
»Alle Welt liebt deinen Gürtel. Ich habe dir hübsche Garne mitgebracht. Damit du noch mehr Gürtel besticken und dir so deinen Lebensunterhalt verdienen kannst«, sagte sie aufmunternd.
»Aber erst einmal muss alles wieder gut werden«, meinte Katrine matt, als wüsste sie kaum, wovon Henrike sprach.
»Das wird es, ganz bestimmt«, sagte Henrike tröstend. »Ich hoffe es zumindest.«
Katrine lächelte nur schwach.
Henrike bestand darauf, im Hospital bei Asta zu bleiben,falls sie aufwachen sollte. Adrian und Janne hingegen sollten zu einem Gasthof gehen, sich dort einquartieren und am Morgen wieder zu ihnen kommen. Gemeinsam mit Katrine bereitete sich Henrike ein Strohlager am Fuß von Astas Lager, während sich Sasse direkt vor den Wandschirm legte. Henrike schlief kaum, tastete immer wieder nach der Hand ihrer Tante und lauschte auf ihren Atem, der schwer, aber gleichmäßig ging.
Als am Morgen die Glocken der Hospitalskirche läuteten, ließ sie Katrine schlafen und setzte sich zu Asta auf das Bett. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Mussten die Verbrennungen gereinigt oder mit einer Salbe eingerieben werden? Gab es hier einen Medicus, der sich um die Kranken kümmerte? Oder war auch das eine Frage des Geldes? Sie war froh darüber, dass sie einen Teil ihres Geldes eingesteckt hatte, auch wenn es vermutlich nicht für die Bestechung von Mönchen, den Gasthof, die Verpflegung und für Medizin ausreichen würde. Aber Adrian hatte ihr ja so großzügig geholfen, wieder einmal. Wie hatte sie nur schlecht von ihm denken können? Jetzt war es Zärtlichkeit, die sie beim Gedanken an ihn erfüllte, Dankbarkeit und, auch das gestand sie sich nun ein, Begehren. Nie hatte ein Mann sie derart berührt wie Adrian. Ob er wohl ebenso für sie empfand?
Asta stöhnte, warf den Kopf hin und her. Henrike nahm einen Krug von einem Tischchen neben dem Bett. Sie füllte eine Schale mit Wasser und setzte sie an den Mund ihrer Tante. Obgleich Einiges daneben lief, schien sie tatsächlich zu trinken. Sasse sah nach Asta, sagte, er werde etwas zu essen besorgen. Es rührte Henrike, die Besorgnis in dem harten, wettergegerbten Gesicht des Knechtes zu sehen. Schon in ihrer Zeit auf Astas Gut war ihr aufgefallen, wie vertrauensvoll Sasse und Asta miteinander umgingen – sie schienen sich gegenseitig sehr wichtig zu sein.
Auch Adrian und Janne traten nun
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