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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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sich los. Wie sie sich um ihre Tante sorgte! Sie ging zu dem Baum, packte den Dolchgriff und zog daran, vergeblich. Adrian fasste mit an und reichte ihr schließlich den Dolch. »Kommt«, sagte sie und schob ihn wieder in die Gürtelscheide. »Die Zeit drängt.«
    ~~~
    Schon von Weitem konnten sie die verkohlten Wände sehen. Überall lagen Trümmer, auch die Grassoden waren verbrannt, so dass die Pferde scheuten. Henrike saß ab und musste sich zwingen, weiterzugehen. Da sah sie die ersten Arbeiter, die zerstörteBretter abrissen oder neue anbrachten. Einige trugen Verbände, andere waren durch ihre Verletzungen in den Bewegungen eingeschränkt. Henrike sprach sie an, doch die meisten begrüßten sie verschüchtert. Da bemerkte sie Dietrich Grapengeter. Der Verwalter saß vor dem Eingang des Gutshofes an einem Tisch und tat sich an einem gebratenen Hasen gütlich. Er musste von dem Überfall und Astas Verwundung gehört haben und hatte offensichtlich keinen Augenblick gezögert, die Leitung des Hofes an sich zu reißen. Unbeeindruckt sah er sie an.
    »Wo ist meine Tante?«, fragte sie ansatzlos.
    Dietrich Grapengeter stand auf. Die Peitsche hatte er auf den Knien gehalten, nun nahm er sie in die Hand. Das Hemd hing ihm nachlässig über die Hose, sein Kinn glänzte von Fett. Wie konnte er sich so gehen lassen, während die Menschen auf dem Hof litten oder schufteten?
    »Was wollt Ihr hier?«, herrschte er sie an.
    Henrike nahm ihren ganzen Mut zusammen. »Ich bin die rechtmäßige Erbin dieses Hofes und möchte die Ordnung wiederherstellen«, sagte sie so fest sie konnte.
    Er blieb vor ihr stehen, strich die Peitsche durch seine Handfläche. Es beruhigte Henrike, Adrian dicht hinter sich zu wissen.
    »Die Ordnung auf diesem Hof ist längst wiederhergestellt.« Er lachte hässlich. »Unzucht und unheiliges Treiben wurden beseitigt. Der Hof braucht einen Verwalter, jetzt wo die Alte weg ist.«
    Henrikes Knie wurden weich. Waren sie womöglich zu spät gekommen? »Wo ist meine Tante?«, verlangte sie zu wissen.
    »Ich hab sie ins Spital nach Travemünde schaffen lassen. Ich brauche hier keine verreckende Alte«, sagte er eiskalt.
    Nach Travemüde also, sie mussten so schnell wie möglich dorthin! Dennoch konnte sie nicht dulden, dass dieser Mann auf dem Hof blieb. Wer wusste schon, wofür er noch verantwortlich war!
    »Habt Ihr den Hof überfallen, um ihn an Euch zu bringen?«
    Dietrich Grapengeter grinste. »Das kann auch nur ein Weib fragen! Warum sollte ich? Ich verliere doch selbst etwas dabei. Schließlich will ich es mir auf diesem Hof gut gehen lassen. Aber es sieht so aus, als hätte ich jetzt erst einmal zu tun«, sagte er böse.
    Grapengeter hatte bemerkt, dass die Ackerleute ihre Arbeit unterbrochen und sich zu ihnen gesellt hatten, um ihren Wortwechsel zu verfolgen. Mit einem Ruck hob er die Peitsche und schlug blindlings auf sie ein. Kinder wurden getroffen, Männer. Eine Frau taumelte schreiend, auf dem Gesicht knallrote Streifen.
    Adrian fiel ihm in den Arm.
    »Hoho, wer ist der denn? Dein Stecher? Bist du sein Liebchen? Bist du etwa auch so eine Hure wie deine Tante?«, brüllte Grapengeter.
    Henrike war wie vor den Kopf geschlagen ob so viel Bösartigkeit.
    Adrian versetzte dem Mann eine heftige Ohrfeige. Ein wilder Kampf entbrannte zwischen ihnen. Endlich konnte Adrian seinen Kontrahenten überwältigen und ihn an einen Balken fesseln. Die Ackerleute hatten sich während des Zweikampfs um die Viehmutter Maria und den Knecht Hem geschart und beobachteten sie.
    Schließlich traten Henrike und Adrian zu ihnen.
    »Wir waren schon dabei, den Hof wiederaufzubauen, als er plötzlich auftauchte. Angst und Schrecken hat er verbreitet«, schimpfte die Viehmutter, deren Gesicht durch einen frischen Peitschenstriemen gezeichnet war. Henrike hatte sie als resolute und unbeugsame Frau kennengelernt.
    »Wie geht es meiner Tante wirklich? Wo sind Katrine und die Magd Gesche? Wo ist Sasse?«, sprudelte es jetzt aus ihr heraus.
    »Gut, dass Ihr da seid, Jungfer Henrike. Ihr werdet es schonrichten, mit Gottes Hilfe. Es stimmt, was er sagt. Die Herrin hat er ins Spital nach Travemünde schaffen lassen, genau wie Gesche. Sasse und Katrine sind hinterher. Sasse will sie beschützen.«
    Henrike war etwas beruhigt. Astas treuer Knecht würde zumindest einen weiteren Angriff verhindern können.
    Die Frau senkte den Blick. »Wir konnten nichts dagegen tun«, sagte sie.
    Henrike legte die Hand auf ihren Arm. »Ich weiß. Ihr

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