Hansetochter
können. Auch Henrike hatte noch nicht die Zeit gefunden, sie auf dem Gutshof zu besuchen, aber dafür schrieben sie und Asta sich jetzt regelmäßig.
Heute wollten Adrian und sie zu dem Wappenmacher, um endlich das Wappen ihres Vaters abzuholen. Sie hatte nicht herausfinden können, ob er sich vor seinem Tod noch um einen Wappenbrief bemüht hatte, damit er es führen durfte. Aber es würde sich auch so gut in ihrer Stube machen. Es hatte lange gedauert, bis sie das nötige Geld dafür erübrigen konnten. Adrian und sie kauften und verkauften fleißig. Als die geraubten Pelzewieder aufgetaucht waren, hatten sie diese sogleich nach Brügge zu Adrians Familie geschickt, der Grundstock für die Mitgift seiner Schwester war damit gelegt. Dennoch war Geld knapp, und für den Wiederaufbau des Hauses in der Alfstraße hatten sie nur wenig zurücklegen können.
Vor der Ratslaube trafen sie auf etliche Ratsherren und andere angesehene Bürger, die bei dem schönen Wetter nach der Sitzung beisammenstanden und plauderten. Als sie Adrian und Henrike herannahen sahen, öffneten sie ihren Kreis.
Hermanus von Osenbrügghe kam auf sie zu. »Habt Ihr es schon gehört, Adrian? Es ist entschieden, dass der kleine Norweger Olaf König von Dänemark wird. Seine Mutter, Margarethe von Schweden, hat den dänischen Adel hinter sich gebracht. Nun sitzt ein Fünfjähriger auf dem dänischen Thron!«
»Haben die Städte der Hanse schon entschieden, wie sie sich verhalten wollen?«, fragte Adrian.
»Es heißt, die Hansestädte werden Olaf akzeptieren, wenn dieser ihre Handelsprivilegien bestätigt und mehrt. Darüber verhandeln die Räte derzeit. Auch ich werde demnächst den Eltern des neuen Königs, Håkon von Norwegen und Margarethe von Schweden, meine Aufwartung machen.«
Henrike fiel wieder das Gespräch mit ihrem Vater ein, bei dem sie zum ersten Mal von den Streitigkeiten über den dänischen Thron gehört hatte. Konnten sie jetzt endlich in Sicherheit leben, oder drohte noch immer ein Krieg?
»Wie wird sich die Gegenseite verhalten?«, fragte sie.
Hermanus von Osenbrügghe schüttelte sein silbriges Haar aus der Stirn, das in der Sonne glänzte. »Albrecht von Mecklenburg und seine Mutter, die Waldemarstochter Ingeborg, könnten einen Krieg beginnen. Aber sie haben, heißt es, keine Geldreserven mehr zur Verfügung. Wenn Ihr mich fragt, ich denke nicht, dass die Lage noch brenzlig wird«, beruhigte sie der alte Herr.
Dann wandte er sich an ihren Gemahl: »Die diplomatischenMissionen werden mich ganz schön auf Trab halten in diesem Jahr. Wie steht es, Adrian, habt Ihr schon über meinen Vorschlag nachgedacht, ins Stockholmgeschäft einzusteigen? Ich könnte einen Partner gebrauchen.«
Henrike lächelte ihrem Mann zu, sie wusste, was er sagen würde. Er hatte sie um ihren Rat gefragt, und sie waren schnell einer Meinung gewesen. Aus Schweden kam beispielsweise Kupfer, damit könnten sie einen neuen Handelszweig aufbauen. Und Hermanus von Osenbrügghe wäre sicher ein verlässlicher Partner.
»Wieso nicht? Lasst uns an einem der nächsten Tage darüber sprechen«, antwortete Adrian.
Sie verabredeten sich genauer und wollten schon weitergehen, als Ratsherr Dartzow sich leutselig nach Adrians Geschäften und dem Wiederaufbau des Hauses erkundigte.
»Wir werden uns demnächst zusammensetzen, wollen eine Art Zirkel gründen für die alteingesessenen Familien der Stadt. Ihr versteht, zum besseren Austausch untereinander«, sagte der Ratsherr.
Sein Bruder hatte die Worte vernommen und wandte sich nun auch ihnen zu. »Vielleicht habt Ihr ja auch Interesse, zu kommen. Ihr gehört nun ja auch zu unserem Kreis, Vanderen.«
Adrian nahm die Einladung an und verabschiedete sich.
Auf dem Weg zum Wappenmacher flüsterte Henrike: »Sagtest du nicht, dass die beiden Dartzow-Brüder dir in deiner Anfangszeit in Lübeck so ablehnend begegnet sind?«
Adrian lächelte amüsiert. »Aber jetzt hat sich die Lage verändert. Jetzt gehöre ich offenbar dazu – dank dir! Die Frage ist nur: Will ich auch zu diesem Klüngel gehören?«
Henrike sah ihn schelmisch an. »Warten wir es ab. Wie sagt unsere Margarete so schön: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.«
»Ja, unsere Margarete ist schon eine kluge Frau«, meinte Adrian lachend. »Sie hat mir ja auch befohlen, dass ich die eingebildete Schnepfe sausen lassen und dich nehmen soll.« Er streichelte zärtlich über ihre Hand.
Nachdenklich sah Henrike auf die Marktstände,
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