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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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müssen, dass der Bergenfisch nach Qualität und Größe in Königslobben, Rackfisch, Lotfisch, Halovassen oder Kropelinge unterschieden wurde. Helmold hatte sich als guter Freund erwiesen, als er an dem Abend, als Simon und die anderen im Schütting verprügelt worden waren, Hilfe geholt hatte. Aus heiterem Himmel war der Gesellenobmann Otte eingeschritten, das hatte man ihm zumindest später erzählt. Simon selbst konnte sich ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch bruchstückhaft an das Geschehen erinnern.Er wusste nur, dass Otte plötzlich im Raum gestanden und ein großes Geschrei angestimmt hatte, später hatte er auch das gestrenge Gesicht des Hofverwalters gesehen.
    Wie lange er danach bewusstlos in Fieber und Schmerzen gelegen hatte, wusste er nicht. Immer wieder war der Königsfisch in seinen Träumen aufgetaucht, war auf ihn zugeschwommen und hatte das Maul aufgerissen, als ob er ihn verschlingen wollte. Dann war ein großer Mann gekommen und hatte den bedrohlichen Fisch abgewehrt. Wenn er darüber nachdachte, musste es wohl der heilige Christophorus gewesen sein, dessen Bild er in seiner Koje hängen hatte. Auch das Gesicht seines Freundes hatte er vor sich gesehen, den Mund zum Schrei aufgerissen. Seinen Rücken, der eine einzige rote Wunde gewesen war, hatte Otte versorgt. Sobald Simon wieder klar denken konnte, hatte er sich nach Claas erkundigt, doch der Gesellenobmann hatte sich über den Lehrjungen ausgeschwiegen. Simon hatte schon das Schlimmste befürchtet, doch dann hatte er herausgefunden, dass Claas nicht ganz so schwer verletzt worden war; offenbar hatte Nikolas bei ihm selbst am stärksten zugeschlagen. Doch für Ottes Groll gab es einen anderen Grund: Der Junge war verschwunden, und niemand wusste, wie er den Hof hatte verlassen können. Simon lächelte in sich hinein, wie immer, wenn er an Claas’ Flucht dachte. Er hoffte, dass es dem Freund gut ging   – wo auch immer er war. Vielleicht würden sie sich tatsächlich irgendwann wieder sehen.
    Er selbst wurde seit dem Vorfall von Nikolas in Ruhe gelassen. Sein Vetter war von den Älterleuten des Bergener Kontors scharf gerügt und zu einer Bierbuße verurteilt worden. Sie hatten ihn allerdings nicht für die Schläge bestraft, sondern dafür, dass er unerlaubterweise gehandelt und so den Schütting entehrt hatte. Wenn schon Lehrjungen im Schütting geprügelt wurden, dann nur von den Verwaltern des Hofes, hatten die Jungen später hinter vorgehaltener Hand gelästert. Simon wusste, dass esnur ein Waffenstillstand auf Zeit war. Oft bemerkte er Nikolas’ lauernden Blick, seine geballten Fäuste, wenn ihm etwas nicht schnell genug ging. Nein, dieses Problem war noch nicht ausgestanden.
    Ihre Glocke wurde geläutet, es gab Essen. Simon ging in die Außenstube und begrüßte die anderen Lehrjungen und Gesellen mit einem Nicken. Ein Platz an der Schale wurde ihm freigehalten, niemand aß ihm mehr etwas weg. Die Zähigkeit, mit der er die Brutalität seines Vetters ausgehalten hatte, aber auch sein Sachverstand hatten ihm Respekt verschafft. Sobald sein Rücken halbwegs verheilt war, hatte der Gesellenobmann ihm neue Aufgaben zugeteilt, und Simon hatte sie ohne Beanstandungen bewältigt. Ja, mehr noch, er hatte auch andere Lehrjungen unterstützt und sogar Gesellen bei Schreibarbeiten und Rechnungen helfen können. So hatte er manche Station in ihrem Hof durchlaufen, hatte manchen Händler in Bergen kennengelernt.
    Liv ließ sich neben ihm auf die Bank fallen und stöhnte. »Anstrengend, dieses Kaufmannsleben«, sagte er leise. »Könnte etwas Abwechslung gebrauchen. Wie wär’s, kommst du nachher mit in den Krug?«
    Simon zog lächelnd die Nase kraus. In den Krug? Wieso nicht!
    ~~~
    Ellin kam ihm entgegen, sie war wohl auf dem Markt gewesen. Die junge Frau trug das Kind auf der Hüfte, und in ihrer Hand einen Korb mit frischem Gemüse. In der Sonne sahen die blonden Haare, die unter ihrer Haube herausschauten, fast weiß aus, ihre Haut durchscheinend. Simons Herz schlug schneller, schon lange hatte er Ellin nicht mehr gesehen.
    »Herr Simon, Ihr seid noch hier in Bergen?« Sie wirkte verwirrt, fast ein bisschen ängstlich, ohne dass Simon wusste warum.
    Liv trat forsch einen Schritt vor. »Willst du uns nicht vorstellen?«, forderte er Simon auf.
    »Das ist Frau Ellin, Krämerin in Bergen. Und das ist Liv, er ist ein Boots..., äh, ein Kaufmann aus Lübeck.«
    Liv verbeugte sich. Die junge Frau blickte ihn misstrauisch an.
    »Frau Ellin, sollen

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