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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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würden auch sie Kinder haben, vielleicht schon bald, und er wäre sicher ein wunderbarer Vater. Bevor sie sich verabschiedeten, baute er für das Mädchen einen Steinturm, den die Kleine gieksend umstieß und den Mette wieder aufrichten musste.
    ~~~
    Henrike und Adrian ritten eine Weile durch die Auen, bis sie eine ruhige, geschützte Stelle an einem Hain entdeckten. Hinter ihnen lag ein Erlenbruchwäldchen, vor dem Schachbrettblumenwuchsen. Aus dem Schilfröhricht in Richtung Fluss stiegen immer wieder kleine und große Vögel auf. Es war ein herrlich warmer Tag Ende Mai, und Adrian breitete seine Pferdedecke auf der Erde aus. Henrike gesellte sich zu ihm und legte ihren Kopf in seinen Schoß. Zärtlich glitten seine Finger durch ihre Haare, spielten mit einer Locke.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass eine Dirne so auf ihre Ehre bedacht wäre«, sagte er nach einer Weile.
    Henrike ärgerte sich inzwischen selbst über ihr Verhalten. Sie hätte es besser wissen sollen und fühlte sich nun verpflichtet, Mette zu verteidigen.
    »Warum sollte sie nicht auf ihre Ehre bedacht sein? Sie ist eine Frau wie jede andere. Sie verdient nur auf eine besondere Art und Weise ihr Geld.«
    Adrian zupfte gedankenverloren einen Grashalm heraus. »Für eine Dirne sah sie doch recht unscheinbar aus«, meinte er.
    Henrike setzte sich auf, Eifersucht keimte in ihr auf. Woher wollte er das wissen? War er oft bei Huren gewesen? Mette hatte er zumindest nicht gekannt.
    »Kennst du dich damit etwa so gut aus?«, fragte sie mit schmollendem Unterton.
    Adrian fuhr mit der Spitze des Halmes über ihren Hals. Es kitzelte furchtbar, Henrike wollte es sich aber nicht anmerken lassen.
    »Willst du das wirklich wissen?«, fragte er. Als sie schwieg, meinte er: »Glaubst du ernsthaft, ein Kaufmann in meinem Alter hat noch nie ein Hurenhaus von innen gesehen?« Er legte den Finger unter ihr Kinn und hob es an, so dass sie ihn ansehen musste. »Zählt es für dich wirklich, was früher war? Ist es nicht wichtiger, dass wir uns gefunden haben, dass wir uns lieben? Dass ich dich liebe?«
    Der Halm kitzelte über ihr Gesicht, dieses Mal musste sie lachen und ließ es auch zu.
    »Aber es gefällt mir, dass du eifersüchtig bist. Denn wenn ich dir auch schon oft gesagt habe, dass ich dich liebe, so hast du es mir doch noch nie gesagt«, raunte er ihr ins Ohr.
    Henrike genoss die Gänsehaut, die über ihren Rücken zog. Sie suchte seinen Mund und fand ihn, zog ihn mit sich auf die Decke. Es war so ein schöner Tag, viel zu schön, um schnell in die Stadt zurückzukehren. Mit genüsslicher Langsamkeit küssten und liebkosten sie sich, öffneten Band um Band ihre Kleidung, entdecken Stück für Stück ihre Körper neu.
    »Ich liebe dich, Adrian Vanderen«, murmelte Henrike. »Und wie ich dich liebe!«
    ~~~
    Jost stand fassungslos vor den Ruinen des Hauses in der Alfstraße, in dem er so viele Jahre gewohnt und gearbeitet hatte. Immer wieder blickte er auf die umliegenden Häuser, vergewisserte sich, dass er an der richtigen Stelle war, aber es gab keinen Zweifel. Konrad Vresdorps einstmals prächtiges Kaufmannshaus lag in Ruinen. Nicht genug, dass er stundenlang im Rat zu den Vorkommnissen in Schonen befragt worden war und etliche Kaufleute ihm mit Misstrauen begegneten, weil Hartwig Vresdorps Betrügereien auf ihn zurückfielen. Nun auch noch das! Aber was war mit den Bewohnern? Was war mit Henrike und Telse? Die Kaufmannsfrau gegenüber konnte ihm weiterhelfen. Ilsebe Vresdorp sei tot, Hartwig im Gefängnis, Telse in Stralsund und Henrike könne er in der Mengstraße finden. In der Mengstraße? Was machte sie dort? Was war in all der Zeit bloß geschehen?
    Jost machte sich sogleich auf den Weg. Er musste sich vergewissern, dass es Henrike gut ging, wollte Näheres erfahren und ihr von seinen letztlich doch erfolgreichen Geschäften berichten. Als Adrian Vanderen ihm freudig lächelnd entgegentrat, keimte eine Befürchtung in Jost auf, und als der Kaufmann Henrikerief, drohte sie Gewissheit zu werden. Jost spürte, wie sich seine Schultern nach vorne neigten, als hätte er keine Kraft mehr, sich gerade zu halten.
    »Jungfer Henrike«, stieß er hervor, als sie in der Diele auf ihn zutrat, strahlender und schöner als je zuvor. Irritiert blickte er auf das Gebende um ihr Haupt, das zierlich und geschmackvoll war. War sie tatsächlich verheiratet?
    Sie umfasste seine Hände. »Jost, wie schön, dich wohlbehalten wiederzusehen! Du warst sicher zuerst in der

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