Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
Vom Netzwerk:
es eigentlich sein Liebstes war, Grenzen zu überschreiten. Aber vielleicht nicht sofort   ... Eine Magd im Hause Konrad Vresdorps war ihm auch sofort aufgefallen. Schön drall, der Blick unschuldig. Sie würde entsetzt sein, wenn er mitihr das tat, was ihn am meisten erregte. Bei dem Gedanken daran geriet sein Blut in Wallung. Er sollte sie suchen, bevor er zu seinem Vater ging.
    Nikolas schaute zunächst in die Küche, wo eine alte Vettel Kräuter hackte. Als er sich von einem der appetitlich duftenden Hühnchen, die sich auf dem Bratspieß drehten, die knusprige Haut abriss, blickte sie ihn missbilligend an, schwieg jedoch. Er hätte ihr gern gezeigt, wer hier jetzt das Sagen hatte. Aber lange würde sie ohnehin ihre Stelle nicht behalten, wie er seine Mutter kannte. Ilsebe Vresdorp liebte es, Dienstboten zu schikanieren. Die meisten gaben aus freien Stücken die Stelle auf, oder Ilsebe wurde ihrer überdrüssig und setzte sie auf die Straße.
    Er durchschritt die Diele. Es war ein schöner Raum, machte was her. Nicht so muffig und eng wie der Eingang in ihrem Haus in der Fleischhauerstraße. Wie peinlich ohnehin, dieses Viertel in Lübeck, in dem der Gestank der geschlachteten Tiere über allen Häusern lag, in dem man täglich mit dumpfen Handwerkern zusammenkommen musste. Wann würden sie sich endlich ein Haus in einer besseren Wohngegend leisten können? Vielleicht gab der Tod des Onkels den entscheidenden Anstoß, trotz seines wahrhaft skandalösen Testaments. Denn hier würde es ihm gefallen, hier würde er gut Geschäfte einfädeln können. Schließlich war er ein genialer Kaufmann, im Gegensatz zu seinem Vater, diesem Stümper.
    Aus einer Kammer hörte er das Kratzen eines Reisigbesens. Er spähte hinein. Da war sie, die Magd. Hintern und Busen schwangen im Rhythmus des Fegens verführerisch und weich, das machte sie sicher absichtlich, um ihn zu bezirzen. Doch als sie ihn bemerkte, wirkte sie erschreckt. Ja, das mochte er! Nikolas wollte schon zu ihr gehen, da rief sein Vater aus der Schreibkammer nach ihm. Er leckte sich die Lippen   – der Magd würde er sich später widmen.
    Hartwig Vresdorp beugte sich tief über die Tischplatte, beinahe berührte seine Nase das eng beschriebene Pergament. Mit seinen kurzen dicken Fingern ließ er Sand auf den Brief rieseln. Er wartete einen Moment, pustete ihn weg und faltete den Bogen. Nikolas würdigte er keines Blickes. Er bohrte seine Fingernägel in die Handflächen. Dass dieser Mann so viel Macht über ihn hatte, erbitterte ihn. Irgendwann würde er über seinen Vater gebieten und ihn spüren lassen, was für ein grausamer Herr er sein konnte. Schließlich hatten seine Eltern ihn dazu gemacht.
    »Ihr wolltet mich sehen, Vater?«, fragte er mit mühsam beherrschter Stimme.
    Hartwig Vresdorp hielt das Siegelwachs über die Kerze, ließ einige Tropfen auf den Bogen fallen und presste ein kleines Metallsiegel hinein, dann reichte er seinem Sohn den Brief.
    »Diesen Brief und einige Waren wirst du Asta nach Travemünde überbringen. Im Gegenzug bringst du Korn, Flachs und was sonst noch so in ihrem Lager ist hierher nach Lübeck. Die Ernte wird sie bereits eingebracht haben, denke ich«, sagte er und schenkte sich ein Glas Wein ein.
    Wieso sollte er jetzt zu dem gottverlassenen Gut dieser alten Vettel reisen, die irgendwie mit ihnen verwandt war? Vater könnte doch Rotger schicken, der war für diese Handlangerdienste gut genug.
    »Du reist heute noch ab. Henrike wird dich begleiten, sie lässt du dort.«
    Nikolas’ Laune hellte sich etwas auf. Mit seiner Base allein in einem Wagen? Das hörte sich schon besser an. Travemünde, das war mit dem Wagen eine Reise von einem halben Tag, vielleicht einem ganzen, je nach Zustand des Weges. Da konnte man sich ausgiebig   ... kennenlernen. Heute würde ein guter Tag werden.
    Doch seine Vorfreude währte nur kurz, denn sein Vater sah auf und fügte hinzu: »Deine Mutter wird euch begleiten.«
    Nikolas bemühte sich, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen; diese Genugtuung wollte er dem Alten nichtlassen. Unzufrieden strich er über sein Kinn. Zwischen seinem sorgsam gestutzten Doppelspitzbart fühlte er Stoppeln, es wurde schon wieder Zeit für eine Rasur.
    »Kann Rotger die Fahrt nicht übernehmen? Ich habe viele andere Verpflichtungen.« Er dachte dabei vor allem an die Magd, sie würde ihn ablenken, wenn Henrike fort war.
    Hartwig Vresdorp stürzte den Inhalt seines Glases in einem Zug hinunter. »Du musst

Weitere Kostenlose Bücher