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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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ernst. »Ist er zu seinem Ziel gekommen?« Henrike biss sich auf die Lippen. »Du weißt, was ich meine. Hat er   ... Ich muss es wissen, Kind. Noch können wir etwas tun.«
    Stumm schüttelte Henrike den Kopf. Asta stieß erleichtert die Luft aus. »Darf ich dich dennoch untersuchen? Hast du Schmerzen?«
    Wieder Kopfschütteln, zögernder.
    Asta holte einen Tiegel aus einer Truhe. »Auch gut. Hier ist eine Salbe. Reibe dich dort ein, wo es weh tut. Ich lasse derweil ein Spannbett bringen.« Henrike wollte sich zunächst nicht einreiben, tat es aber dennoch, zu sehr brannten die Innenseitenihrer Oberschenkel. Ein Mädchen mit langen blonden Zöpfen stellte das Spannbett auf, holte Laken und Decke. Verstohlen sah sie Henrike an, aber diese kniff abweisend die Lider zusammen.
    Schließlich kehrte auch Asta zurück. »Du schläfst heute in meinem Bett, und ich hier neben dir. Nichts wird dir geschehen, solange ich da bin.« Endlich löschte Asta das Licht.
    Henrike jedoch öffnete im gleichen Moment wieder die Augen und starrte aufgewühlt in die Nacht.
    ~~~
    Es war noch dunkel, als ihre Tante sich am nächsten Morgen erhob. Henrike tat so, als schliefe sie noch, denn sie wollte für sich sein. Asta flüsterte dem Hund etwas zu und ging hinaus. Lange blieb Henrike allein. Sie weinte haltlos, über den Tod ihres Vaters, die schrecklichen Menschen, die sie plötzlich umgaben, und über den gestrigen Überfall. Weinte, bis keine Tränen mehr kommen wollten. Als es hell wurde, sprang der Hund vom Bett und ließ seinen Schwanz freudig hin und her schwingen. Griseus, der Graue   – der Name passte zu ihm. Er wollte hinaus. Henrike musst aufstehen, obwohl sie sich wie zerschlagen fühlte. Sie öffnete die Tür einen Spalt, wagte es jedoch nicht, die Kammer zu verlassen, aus Angst, sie könnte ihrem Vetter begegnen.
    Was hatte Asta gemeint, als sie sagte, noch könne man etwas tun? Warum war sie so nett zu ihr, wo sie doch eigentlich nichts mit ihr zu tun haben wollte? Wie konnte sie selbst jemals nach Lübeck zurückkehren, wenn sie wusste, dass Nikolas in der Stadt war? Griseus lief zwischen ihr und dem Gang hin und her und kläffte leise; er schien Henrike aufzufordern, ihn zu begleiten. Langsam folgte sie ihm in die Küche des Hauses, wo die Mägde geschäftig ihren Pflichten nachgingen. Nikolas war nicht zu sehen. Sie konnte noch immer seine Hände auf sich spüren, seinen Atem fühlen. Unwillkürlich schlug ihr Herz schneller. Der Hundlegte seinen Kopf an ihre Seite und stupste sie an. Sie zuckte zusammen, als Matertera Asta sie ansprach. Die Gutsherrin saß an einem Tisch an der Seite des Raumes. Ihr gegenüber saß das Mädchen mit den blonden Zöpfen, sie musste etwas jünger als Henrike sein. Zwischen ihnen lagen Wachstafeln.
    »Komm nur. Sie sind schon fort. Ich habe die Säcke mit Getreide, die sie haben wollten, auf den Wagen laden lassen und sie im Morgengrauen vom Hof gejagt«, sagte Asta. »Dein Vetter hat eine üble Wunde auf der Wange, die wird ihn daran erinnern, dass man Frauen keine Gewalt antun sollte.« Sie kraulte den Hund zwischen den Ohren. »Und du kannst jetzt raus, ich bin ja da!« Mit zwei Sprüngen war Griseus aus der Tür.
    Eine Schale Hirsebrei wurde vor Henrike gestellt, doch sie hatte keinen Hunger. Sie bemerkte, dass das Mädchen während des Gesprächs Kringel in die weiche Oberfläche der Wachstafel geritzt hatte.
    »Heute scheint ein schöner Tag zu werden, der letzte vielleicht in diesem Herbst. Du kannst mich begleiten, wenn du gegessen hast«, sagte Asta. »Und du, Katrine, glättest die Wachstafel wieder und beginnst von Neuem.«
    Das junge Mädchen zog schmollend die sommersprossige Nase kraus, gehorchte aber.
    ~~~
    Sonnenschein und Wolkenschatten wechselten sich in schnellem Tempo ab, als sie aufbrachen. Der scharfe Wind zauste das Gras, brachte das Schilf zum Rascheln. Henrikes Rockschöße wurden hochgeweht, als sie den kleinen Wagen erklomm, der mit Säcken und einem Fass beladen war. Henrike hatte eigentlich keine Lust, unterwegs zu sein, auch zog und ziepte es in jeder Faser ihres Körpers. Die Bilder des letzten Abends ließen ihr keine Ruhe. Doch so schwer es ihr auch fiel, das zuzugeben,in Astas Nähe fühlte sie sich sicher, denn die Gutsherrin strahlte Kraft und Ruhe aus. Henrike wollte sich hinten auf die Ladefläche setzen, doch Asta rief sie nach vorn auf den Bock. Vielleicht wollte sie ja endlich mit ihr über Vaters Tod sprechen? Stattdessen fragte sie nur, ob

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