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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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Anverwandten gehalten. Warum hatte Asta sich nicht mehr um sie gekümmert? Die Gefühle wirbelten durch Henrike wie die gefährlichen Strudel auf den Weltmeeren, die auf manchen Kirchengemälden zu sehen waren. Diese Strudel waren so gewaltig, dass sie ganze Schiffe verschlingen konnten, ein einzelner Mensch fiel gar nicht ins Gewicht. Auch Henrike war nur ein Staubkorn in den Verwerfungen der letzten Tage. Ihr kam es vor, als habe der Tod des Vaters alles mit sich gerissen, was in ihrem Leben Bestand gehabt hatte, als hätte sie keinen Boden mehr unter ihren Füßen.
    Astas Gesicht war maskengleich, ihre Stimme klar und hart. »Nein, das hat keine Bedeutung für mich«, sagte sie.
    Henrike sackte innerlich in sich zusammen. Diese Antwort war zu viel für sie. Sie war ihrer Tante also egal. War es nicht genug, dass sie ihren Vater verloren hatte? Dass ihre Tante und ihr Onkel sie abschoben? Wollten alle sie nur loswerden? Wem bedeutete sie überhaupt etwas? Ohne jemanden anzusehen, rannte sie hinaus.
    ~~~
    Die Haare des Pferdes kitzelten ihre Nase, seine Wärme und das leise Schnauben beruhigten sie. Als sie sich vor dem Haus in der Finsternis wiederfand, hatte sie nicht gewusst, wohin. Sie hätte sich am liebsten auf einen Pferderücken geschwungen, wäre davongeprescht ohne zurückzublicken. Sie hatte Pferde immer geliebt. So oft es ihr erlaubt gewesen war, war sie vor die Tore der Stadt geritten. Im letzten Jahr waren diese Ausritte selten geworden, kaum jemand fand die Zeit, sie zu begleiten.
    Und auch jetzt war es Bagge, der ihr Trost spendete. Das Pferd hatte zur Begrüßung gewiehert und mit den Hufen gescharrt, als sie in den Stall gerannt kam. Er war gut untergebracht, schiendie Reise gut überstanden zu haben. Nikolas’ Schläge hatten keine Spuren hinterlassen. Sobald sie ihre Hand auf Bagges weiche Nase gelegt hatte, hatte sie sich besser gefühlt.
    Wie das Haus wirkte auch der Stall gepflegt. Er war geräumig und ordentlich, Werkzeuge und Mistgabeln waren an der Wand befestigt, der Boden mit frischem Stroh bedeckt. Das musste man Asta lassen, ihren Hof führte sie gut. Sie war eine merkwürdige Frau, ihre Tante. Henrike schnaubte fassungslos   – was waren sie nur für eine Familie! Hatte Asta bereits gewusst, dass ihr Vater tot war? Sie hatte nicht auf die Nachricht seines Todes reagiert, keine Trauer gezeigt. Das passte zu Asta, schroff und gefühlskalt wie sie nun einmal war. Und hier sollte sie bleiben? Wie sollte sie das nur aushalten!
    Plötzlich hörte Henrike ein Rascheln und wollte sich gerade umsehen, doch da war es schon zu spät. Jemand packte sie an den Hüften und riss sie mit sich auf die Erde. Mit dem Gesicht landete Henrike im Stroh, Halme stachen in ihre Wangen. Sie versuchte sich hochzustemmen, doch ein Gewicht drückte sie zu Boden. Sie spürte Finger, die sich unter ihre Hüften schoben. Sie wand sich und wehrte sich verzweifelt. Schließlich gelang es ihr, sich umzudrehen, doch schon hatte ihr Angreifer sie wieder gepackt. Sie erkannte ihn jetzt   – es war Nikolas. Sie schrie um Hilfe, hoffte auf Antwort, doch das Einzige, was sie hörte, war das Rascheln der Tiere im Stroh. Nikolas riss ihr Hemd entzwei, weiß schienen ihre Brüste im Dunkel des Stalls auf.
    »Lass das!«, schrie sie. »Ich will nicht! Das ist eine Sünde!« Vielleicht würde sie ihn damit aufhalten können, fromm wie seine Familie war. Doch er lachte nur höhnisch. Mit einer Hand drückte er ihre Arme über den Kopf, dann leckte er ihre nackten Brüste ab. Ekel schüttelte sie.
    »Weißt du, wie oft ich mich schon versündigt habe?«, fragte er und zerrte an ihren Röcken. »Und ich kenne sie alle. Jede einzelne Sünde haben meine Eltern mir eingebläut. Auf dass ich einguter Mensch werde. Ich aber habe sie ausprobiert, eine nach der anderen. Sieh mich an: Haben sie mir geschadet? Nein! Ich bin das pure Leben, die Frauen lieben mich, stark und mächtig, wie ich bin!« Wie zum Beweis drängte er sich zwischen ihre Beine, rieb seine Hüften an ihren. Henrike presste verzweifelt ihre Schenkel zusammen, doch er war stärker. Tränen rannen über ihr Gesicht. Sie war panisch.
    »Lass mich! Du machst mir Angst!« Der Schrei verklang im Stall, das Wiehern der Pferde klang schrill.
    Ihr Vetter lachte nur noch lauter. »Und genauso mag ich es.«
    Noch immer zerrte er an ihren Röcken; Gott sei Dank hatte sie sich so dick angezogen. Ihr Herz raste, sie schrie weiter um Hilfe. Ein Hund schlug an. Nikolas legte grob die

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