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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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an. Er passte ihm ausgezeichnet. Das Innenfutter aus Hermelin fügte sich nahtlos an den schwarzen Wollstoff an, der pelzbesetzte Kragen lag weich auf seinen Schultern auf. Dafür, dass der Meister die Feinheiten der neuesten Brügger Mode von Adrians Sommerschaube hatte kopieren müssen, war dieser Wintermantel sehr gut gelungen. Zufrieden reichte Adrian Vanderen dem Meister die vorab verabredete Summe. Mit einem Gesichtsausdruck, als ob es ihm jetzt leidtäte, so muffig zu einem guten Kunden gewesen zu sein, zupfte dieser noch einmal die Ärmel an Adrians Schaube zurecht.
    »Wirklich sehr kleidsam, mein Herr«, sagte er. »Und diesen Schnitt trägt man in Brügge jetzt? Es dauert immer etwas länger, bis sich Neuerungen bei uns herumsprechen. Schlechte Nachrichten verbreiten sich dagegen wie der Wind. Buchstäblich.« Seine Stimme klang, als habe er etwas Bestimmtes im Sinn.
    Adrian hakte nach. »Ihr meint sicher den Sturm. Hat er besondere Schäden angerichtet?«, wollte er wissen.
    Sein Gegenüber ließ die Münzen in seinem Geldbeutel verschwinden. »Der verfluchte Sturm   – verzeiht, aber das ist er doch!   – hat vor der Stadt Bäume umgerissen. Er hat die Schiffe im Hafen gegeneinander geworfen. Schon vor Tagen soll im Sturm eine Kogge, die auf dem Weg nach Lübeck war, untergegangen sein. Mit Mann und Maus.«
    Ein Junge brachte eine Lage Buntwerk heran, Eichhörnchenfell, bei dem abwechselnd Rücken und Wamme, rotes Rückenfell und weißer Bauch, zusammengenäht worden waren.
    »Gott sei es geklagt. Ein schlimmes Unglück für alle Beteiligten«, sagte Adrian ehrlich betroffen. Ein Schiffsuntergang bedeutete den Verlust von Leben und Ladung. Selbst wenn man das Glück hatte, sich retten zu können, stand man danach oft genug vor dem Ruin.
    Der Meister prüfte unterdessen die Nähte des Buntwerks. »Ein Schaden leider auch für mich, fürchte ich«, murmelte er über das Feh gebeugt. »Auch die Gotthilf soll untergegangen sein. Der verstorbene Herr Vresdorp war der Eigner. Er brachte mir nur die besten Pelze aus dem Osten heran. Ich werde also noch länger auf Nachschub warten müssen. Und sein Bruder hat neulich gerade eine neue Schaube bei mir bestellt, nicht ganz so prächtig wie Eure, aber fast ebenso teuer. Ich hoffe, er wird mich nach diesem Unglück nicht auf meinen Lohn warten lassen.«
    Der Meister gab die Lage Buntwerk zurück. Er war nicht zufrieden, der Junge würde viele Nähte noch einmal aufmachen und erneuern müssen. Adrian aber war durch seine Worte unter Hochspannung versetzt worden. Vresdorp hatte sein Schiff verloren? War es etwa das, auf dem auch Adrians Waren transportiert worden waren? Er hatte Mühe, sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen, und eilte hinaus.
    ~~~
    »Aber Vater hat es so gewollt!« Die Stimme des Jungen klang erregt.
    Ein scharfes Knallen.
    »Begreifst du denn nicht, dass wir jetzt andere Sorgen haben, verdammter Bengel?!«
    Adrian Vanderen hatte den Türklopfer betätigt und war, als niemand reagiert hatte, durch den Windfang in das Haus in der Alfstraße eingetreten. In der Diele stand Simon. Er war unverkennbar wütend, sein Gesicht leuchtete mohnrot, auf einer Seite war ein Handabdruck zu erkennen. Der Mann, der Simon gegenüberstand, drehte sich um. Sein Antlitz war von dem roten Striemen einer gerade verheilenden Wunde gezeichnet. Nikolas Vresdorp. Adrian hatte ihn nur kurz bei dem Begräbnis Konrad Vresdorps gesehen. Ein musternder Blick, ein unverschämter Ton: »Hat Euch jemand hereingebeten?«
    »Offenbar habt Ihr mein Klopfen nicht gehört.« Adrian nickte dem Jungen freundlich zu. »Simon, schön, dich zu sehen.«
    Das Gesicht des Jungen entspannte sich etwas. »Herr Vanderen!«
    Bei dieser Begrüßung wurde der andere Mann hellhörig. Es war, als setzte Nikolas Vresdorp eine Maske auf, leutselig kam er näher und streckte die Hand aus.
    »Ihr seid also Adrian Vanderen. Mein Vater hat Euch erwähnt.«
    Adrian zögerte einen Moment, schlug aber ein und drückte die Hand sehr fest; er wollte am liebsten diesem Mann, der Kinder drangsalierte, eine Ahnung davon geben, was es hieß, sich mit einem Gleichwertigen zu messen.
    »Ich habe beunruhigende Neuigkeiten erfahren«, sagte er.
    Nikolas Vresdorp gab den Druck der Hand zurück, löste sich aber schnell. »Ich weiß nicht, wovon Ihr sprecht.«
    »Die Gotthilf , ein Schiff Eures verstorbenen Onkels, ist samt Ladung verloren gegangen, heißt es.«
    Nikolas zupfte an seinem Doppelspitzbart. Wie lange er

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