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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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selbst gerade erst davon erfahren.«
    Nikolas schien über diese Antwort nicht gerade erfreut. »Die Herren entschuldigen mich«, sagte er schroff und ging hinaus.
    Adrian hoffte, dass Simon ihm nicht über den Weg lief, denn er würde seine Wut sicher an dem Jungen auslassen.
    »Was ist denn nun genau geschehen?«
    »Wir haben noch keine endgültige Nachricht«, wich Hartwig Vresdorp aus.
    Adrian sah ihm durchdringend in die Augen. »Merkwürdigerweise scheinen andere in der Stadt besser informiert zu sein«, sagte er.
    Hartwig Vresdorp spitzte säuerlich die fleischigen Lippen. »Ihr müsst Euch schon gedulden, bis ich mehr weiß. Möglicherweise sind Eure läppischen Waren an Bord gewesen, wahrscheinlich sogar. Aber diese Ladung verwalte nun mal ich.«
    Adrian verschränkte die Arme vor der Brust. Er musste sich zusammenreißen, um Hartwig Vresdorp für seine Unverschämtheit nicht zu strafen.
    »Waren im Wert von etwa tausendfünfhundert Mark in lübischer Währung würde ich nicht läppisch nennen«, sagte er beherrscht.
    Für einen Moment wirkte Vresdorp beeindruckt, dann winkte er jedoch ab. Er war sich der Höhe von Adrians Geschäftsbeteiligung offenkundig nicht bewusst gewesen.
    »Wie auch immer. Ich werde mich zu gegebener Zeit darum kümmern.«
    So leicht ließ Adrian sich jedoch nicht abwimmeln. »Ihr wisst genauso gut wie ich, wie nach dem Schiffsrecht in diesen Fällen vorzugehen ist. Ich verlange eine genaue Aufstellung aller verlorenen Waren und beteiligten Handelspartner. Und zwar so schnell wie möglich. Ansonsten werde ich mich an den Rat der Stadt wenden.«
    Hartwig Vresdorp wollte ihn zur Tür schieben, aber Adrian ließ nicht zu, dass er ihn anfasste.
    »Ihr habt wenig Glück in Lübeck, so scheint es. Üble Gerüchte. Der Tod des Geschäftspartners. Der Verlust der Ware. Ihr solltet lieber wieder nach Brügge zurückkehren.«
    »Das könnte euch so passen, aber das werde ich nicht tun«, sagte Adrian. ›Ganz im Gegenteil‹, dachte er bei sich. Irgendetwas stimmte an Hartwig Vresdorps Verhalten nicht. Er würde einige Nachforschungen anstellen, Cord könnte sich umhören. Der Koch würde sich freuen, diese wichtige Aufgabe zu übernehmen.
    ~~~
    Schon vor der Tür seiner derzeitigen Bleibe zogen Adrian Wohlgerüche in die Nase, die seine schlechte Laune verblassen ließen.
    »Wir haben Besuch«, begrüßte ihn Liv und nahm ihm die Schaube ab.
    Adrian fürchtete, dass es wieder Mechthild Diercksen war. Die Frau seines Gastgebers tauchte häufig unangemeldet auf, angeblich, um nach dem Rechten zu sehen. Allerdings war sie merkwürdigerweise immer ausstaffiert, als würde sie zu einem Empfang gehen. Aber nein, ihr schweres Duftwasser lag nicht in der Luft. Adrian entspannte sich etwas; nach Geplänkel stand ihm heute wirklich nicht mehr der Sinn. Auf dem Küchentisch lag frisches Brot, auf dem Herd brutzelte etwas, Dampf stieg aus einem bronzenen Grapen auf, den Cord zum Kochen besorgt hatte. Das Wasser lief Adrian im Mund zusammen. Am Schneidebrett stand eine Frau neben Cord, den Rücken ihm zugewandt. Dennoch erkannte Adrian sie sofort.
    »Frau Margarete?«, fragte er erstaunt. »Was macht Ihr denn hier?«

11
    Astas Gut bei Travemünde, November 1375
    H enrike!«
    Stimmengewirr. Rauschen, als ob Wind tost. Die Lider regen sich nicht, zu schwer. Da   – ein Spalt. Verschwommenes Licht, Druck auf der Brust, Schmerzen. Das Verlangen, den Oberkörper zu heben. Die Hände   – wunde Klumpen. Aufstützen unmöglich. Husten, der Bauch krampft. Alles tut weh. Die Augen drehen sich in den Höhlen, als habe sie keine Macht mehr über sie. Aber Henrike will sehen. Die Lider hochreißen. Rote Schlieren. Plötzlich Bilder, in ihrem Kopf. Der Wald. Das zahnlose Grinsen. Das strampelnde Mädchen. »Katrine?« Ihre eigene Stimme ist nur noch ein Krächzen. Sie fühlt eine Hand auf ihrer Wange, warm und trocken.
    »Katrine lebt. Ihr seid beide im Gutshaus.« Es ist die Stimme von Asta.
    Henrike lässt sich zurücksinken. In Sicherheit also.
    ~~~
    Als sie erwachte, verband Asta gerade ihre rechte Hand. Henrikes Blick war klar. Zwei Finger der linken und einer der rechten waren geschient, der Rest verbunden. Asta untersuchte Henrikes Wunden, rieb die blauen Flecke mit Salbe ein. Henrike musste die Zähne zusammenbeißen; die kleinste Berührung war schier unerträglich.
    »Was ist mit Katrine?«, fragte sie gepresst.
    »Schscht«, machte Asta. »Später.« Bedächtig fuhr sie fort, Henrike zu vorsorgen.

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