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Hansetochter

Hansetochter

Titel: Hansetochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weiß
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»Welchen Schaden sie in so kurzer Zeitanzurichten vermochten«, murmelte sie schließlich und sah ihre Nichte liebevoll an. Henrike war froh, bei Asta zu sein, fühlte sich in ihrer Obhut geschützt und geborgen. Sie dachte an das letzte Gespräch mit ihrer Tante. Was immer zwischen ihrem Vater und Asta vorgefallen war, sie würde es schon noch erfahren. Sie zog die Mundwinkel hoch, es sollte ein Lächeln sein, auch wenn es eher einer Grimasse glich.
    »Immerhin lebe ich noch.«
    »Es war nie geplant, dass du sterben solltest   – jedenfalls vermute ich das«, entgegnete Asta. »Eine Lektion, das ja. Sie haben dich verprügelt und dir einige Finger gebrochen. Aber dein Tod, so kurz nach dem deines Vaters, und dann durch gedungene Mörder, das wäre doch zu auffällig gewesen.«
    Henrike fuhr hoch, doch ein dumpfes Ziehen im Bauch ließ sie abrupt innehalten.
    »Habt ihr sie erwischt?«, fragte sie mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Leider nicht, obwohl Sasse und die anderen Knechte gleich hinterher sind. Wir Frauen haben euch versorgt. Es waren zwei, so viel wissen wir.« Die Männer waren ihretwegen gekommen. Vielleicht hatte ihr Gefühl sie nicht getrogen, und sie hatten sie schon länger beobachtet. Dass sie Katrine überfallen hatten, war vermutlich Zufall gewesen. Henrike hatte einen bitteren Geschmack im Mund.
    »Ich hatte in den letzten Tagen oft das Gefühl, dass jemand um den Hof herumschleicht.«
    Asta sah sie alarmiert an. »Warum hast du nichts gesagt?«
    »Ich dachte, es sind die Geister der Toten«, gab sie zu. Ihre Schuldgefühle waren übermächtig. Vielleicht hätte sie den Überfall verhindern können! Sie wollte die Beine aus dem Bett schwingen, aber die Bewegung fiel ihr schwer.
    »Wie geht es Katrine? Ich will sie sehen, schließlich ist es meine Schuld, dass sie angegriffen wurde.«
    Ein strenger Ausruf ließ sie verstummen. »So etwas will ich nicht hören! Es ist nicht die Schuld der Frauen, wenn Männer ihnen etwas antun.« Sanft, aber bestimmt schob Asta sie auf das Lager zurück.
    Jetzt fiel Henrike wieder ein, was der Mann zu ihr gesagt hatte: ›Schönen Gruß aus Lübeck!‹ Sie erzählte es der Tante. Asta ballte die Fäuste, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Vermutlich hat Nikolas die Kerle geschickt. Er wollte sich rächen. Also trägt er die Verantwortung dafür. Er und diese Dreckskerle natürlich.«
    »Was ist denn nun mit Katrine?«, wollte Henrike endlich wissen.
    Asta ließ Kräuter in einen Becher rieseln und reichte ihn der jungen Frau. »Sie hatte nicht so viel Glück wie du neulich im Stall.«
    Henrike wusste, was das bedeutete. Die Männer hatten Katrine Gewalt angetan. Sie bohrte ihre Fingernägel in die Unterarme, um nicht laut aufzuschreien. Tränen benetzten ihre Wangen, und die Worte kamen ihr nur stoßweise über die Lippen: »Nikolas Vresdorp. Wenn du tatsächlich dafür verantwortlich bist, dann wirst du dafür büßen!«
    ~~~
    Sie saßen auf einer Bank in der Stube, wie so oft in letzter Zeit. Katrine stickte still. Henrike hielt ihr die Fäden, suchte die passenden Garne oder leistete ihr einfach Gesellschaft. Zwei Tage nach dem Überfall hatte sie die Freundin besuchen dürfen, hatte an ihrem Bett gewacht und später mit ihr geplaudert. Am Anfang hatten sie über den Angriff gesprochen. Henrike hatte sich ausführlich nach Katrines Zustand erkundigt und ihr ihre Schuldgefühle eingestanden. Sie wünschte, sie hätte die Gefahr schneller erkannt und besser reagiert. Sie hätte Griseus beisich behalten müssen, dann wäre es vielleicht gar nicht so weit gekommen. Es hatte sich herausgestellt, dass einer der Männer die Hunde mit dem Fleisch eines Hasen abgelenkt hatte. Wenn sie das bemerkt hätten, wären sie nicht in die Falle gegangen. Die Freundin nahm die Gewalttat mit einem unerschütterlichen Gottvertrauen hin, suchte Trost im Gebet und war sogar dankbar, dass Henrike nicht das gleiche Schicksal erlitten hatte.
    »Reichst du mir das blaue Garn?«, bat sie jetzt.
    Henrike holte es aus dem kleinen Korb aus geflochtener Weide und reichte es der Freundin.
    Katrine hielt es ins Licht und lächelte zart. »Ist es nicht schön! Wie dieses blaue Kleid, das du hast. Erzähl mir doch, wie man diese wunderschöne Farbe hinbekommt. Du weißt es doch sicher, Henrike!«
    Oft, wenn sie so zusammensaßen, fragte Katrine sie über das Leben in Lübeck und nach den vielen Dingen aus, die sie in dem Kaufmannshaus gelernt hatte. Henrike erzählte Katrine von der

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