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Happy birthday, Türke!

Happy birthday, Türke!

Titel: Happy birthday, Türke! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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du’s geschafft hast, die zwei in Klump zu hauen, aber es muß ein großartiges Schauspiel gewesen sein.«
    In der Ferne hörte man eine Polizeisirene, die näher kam.
    »Pack deine Freunde zusammen. Gleich sind die Bullen hier und stellen unangenehme Fragen.«
    Er sah mich belustigt an.
    »Danke für den Tip, wär ich nicht drauf gekommen. Bist ’n kluges Köpfchen. Paß auf, daß nicht jemand aus Versehen Blei reinballert.«
    Mir langten die wilden Männer mit großer Klappe. Bevor ich wegging, sah ich noch einmal nach dem Jungen, dem ich den Kopf demoliert hatte. Seine Nase war blutender Brei, der langsam die Backe runterlief und aufs Pflaster tropfte. Er röchelte. Ich rüttelte an seinen Schultern. Als er die Augen aufschlug, brummte ich: »Merk dir, mit Gästen aus dem Ausland geht man freundlich um. Das nächste Mal reiß ich dir die Ohren ab.«
    Er wollte was sagen, spuckte aber nur roten Rotz.
    Ich verließ das Schlachtfeld und ging ziellos die Straße hinauf.
    Ein grünes Polizeiauto donnerte flötend an mir vorbei.
    Ich war sicher, sie würden nur eine charmante Milly antreffen, die mit Erstaunen ausrief: »Aber Herr Kommissar, hier war alles ruhig, glauben Sie mir!«
    Ich steuerte die nächste Fast-Food-Tür an und bestellte drei Pappbecher Bier. Mein Kinn war anständig ramponiert, und das Mäuschen hinter der Theke verzog angewidert sein Gesicht.
    »Ist nur Schminke, Schwester. Ich komm drüben vom Theater, hab grad Pause.« Sie lachte.
    »Oh, tut mir leid, sieht ziemlich echt aus. Was wird denn gespielt?«
    »Shakespeares ROMEO UND JULIA, als moderner orientalexistentialistischer Gegenentwurf zu herkömmlichen traditionell europäischen Interpretationsmodellen.«
    Sie nickte ernst und meinte: »Ah, ja.«
    Nach einer Pause: »Und was passiert da so?«
    »Romeo trifft Ali Baba und tauscht Julia gegen die vierzig Räuber.«
    »Mhm, und dann?«
    »Julia verliebt sich in die vierzig Räuber, die vierzig Räuber wollen mit Romeo Kinder machen, und Ali Baba steht im Regen. Am Ende vertragen sich alle, schwimmen im Nil einer neuen Zukunft entgegen und singen »Fußball ist unser Leben‹.«
    Sie sah mich mit großen Augen an. Dann drehte sie sich um und holte mein Bier. Als ich das Geld in die Schale legte, fragte sie: »Und weshalb das blutige Kinn?«
    »Um das Publikum zum Nachdenken zu bringen.«
    Ich ließ sie stehen, balancierte die Bierbecher an einen Tisch, setzte mich und steckte mir eine Zigarette an.
    Es war mächtig Betrieb im Laden. Kurzbehoste Amerikaner drängten sich um die kleinen, grünen Plastiktische, ständig bemüht, ihre Münder zum Lächeln zu verzerren. In der Ecke stand eine Musikbox. Mick Jagger hockte drin und blökte ›You can’t always get what you want‹. Ich habe was gegen gegrölte Lebensweisheiten von Rock-Opas.
    Das Bier begann sanft in meinem Hirn zu wirken. Ich überlegte, ob ich nachhause ins Bett gehen sollte. Meine Suche nach der Dirne wurde doch immer aussichtsloser; außerdem war mir die Lust auf Balgereien mir Urkörpern vergangen.
    Ich beschloß, mein Glück noch bei den Straßendirnen zu versuchen. Mehr als angespuckt konnte ich dabei nicht werden.
    Doch zuerst ging ich auf die Toilette. Jemandem war es nicht gut gegangen. In der Ecke dampfte Erbrochenes. Mein Magen zog sich zusammen, und ich mußte tief durchatmen, um nicht direkt daneben zu kotzen. Ich pinkelte schnell, wischte mir noch vor dem Spiegel angetrocknetes Blut vom Kinn und verließ Klo und Kneipe.
    Zehn vor zwölf. Inzwischen war der Himmel stockdunkel. Ich lief durch eine ruhige Seitengasse. An mir vorüber schlichen nur ein paar schüchterne Freier, die sich nicht trauten, im Rampenlicht die Frage nach Preis und Leistung zu stellen. Bei einer Pizzeria lugte ein weißer Lackschuh aus der Häuserwand. Ich ging drauf zu. Aus einem Ventilator strömte Duft von warmem Teig auf die Straße. Hier hätte ich mich auch hingestellt.
    In den hochhackigen Lackschuhen standen lange, weiße Beine; um Bauch und Busen wand sich eine grell-türkise Netzkonstruktion; eine ebenfalls türkise Schleife band das strähnige, blonde Haar zum Zopf zusammen.
    Bevor ich ein Wort loswerden konnte, rotzte sie: »Weiter, weiter, ich nix Ficki-Ficki mit dir, habe meine Prinzipien«, und machte dabei eine Handbewegung wie ein Polizist, der den Verkehr regelt.
    »Wieso Ficki-Ficki, hab nur ’ne Frage.« Das interessierte sie überhaupt nicht.
    »Hau ab, Mann, fahr deinen Kümmelschwanz ein und mach die Fliege, du hast hier nix

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