Happy birthday, Türke!
beiden einstiegen. Bei dem seltsamen Spiel zwischen Herr und Hund hatte ich irgendwie das Gefühl gehabt, ich sei der Knochen.
Eine tiefe Stimme blökte langgezogen »Ja«, und ich drückte auf die Türklinke. Das Büro lag in Richtung aufgehende Sonne. Ich mußte die Augen zusammenkneifen, als ich eintrat.
Es war ein großer Raum mit drei abgegriffenen Holzschreibtischen, einer hoffnungslos mit Ordnern überladen. Dahinter saß die tiefe Stimme. Der Mensch hatte das intellektuelle Kopfschmerzengesicht mit zwei dicken, roten Brillen-Beulen auf der Nase. Er hatte die Brille abgenommen und kaute leidend auf dem einen Bügel herum. Vor ihm dampfte eine Tasse mit schwarzem Kaffee. In der Ecke säuselte ein Radio Wetterberichte. Es roch nach dicker Zigarre. Futt mußte auch schon weiter gekommen sein. Er legte Stirn und Augen in sorgenvolle Falten, als würde ihn ein Sack Kartoffeln drücken, und musterte mich wie seinen Zahnarzt.
Da er keine Lust zeigte, als erster den Mund aufzumachen, tat ich es.
»Guten Morgen. Ich bin Kemal Kayankaya, habe zu Weihnachten eine Lizenz für Privatermittlungen geschenkt bekommen und will, nachdem ich Sankt Nikolaus als Schwulen entlarvt habe, nun beweisen, der langhaarige Sohn Gottes war der größte Haschisch-Hippie von Jerusalem.«
Er verzog keine Miene, sondern sah mich weiter stumm mit seinem Migräneblick an. Ein netter Mensch hätte ihm eine Packung Aspirin schenken sollen. Ich war kein netter Mensch.
»Ich mach Ihnen einen Vorschlag, wie Sie sich mühsames Sprechen ersparen können. Wenn Sie mit dem linken Ohr wackeln, bedeutet es ›Ja‹, mit dem rechten ›Nein‹, und ich darf nur drei direkte Fragen stellen. In Ordnung?«
Anstatt mit dem rechten Ohr zu wackeln, sagte er: »Nein.«
Dann folgte eine kleine Pause, und ich überlegte, ob das alles war, was ich von ihm hören sollte.
»Ich weiß nicht, wer Sie sind. Im übrigen, es interessiert mich auch nicht besonders. Falls Sie mich nur besuchen wollten, um den Witzbold vorzuführen, bitte ich Sie, jetzt wieder zu gehen. Ich habe einiges zu tun.«
Er zog ein zerknülltes Taschentuch aus der Hose und begann seine Brille zu putzen.
»Ich bin gekommen, um zu erfahren, ob es in der Abteilung Rauschgift eine Akte über einen gewissen Ahmed Hamul gibt. Er ist letzte Woche in der Nähe vom Bahnhof in ein Messer gestolpert.«
Er schob die Brille auf die Nase. Jetzt war er der Germanistikstudent nach durchlesener Nacht. Er paßte einfach nicht hierher.
»Selbst wenn es eine Akte gäbe, wären Sie einer der vielen, die sie nicht zu sehen bekommen. Verschwenden Sie nicht Ihre und meine Zeit, gehen Sie woanders Witze reißen, ich bin sicher, mit ein wenig Geduld findet sich auch jemand, der darüber lacht.«
Abschließend legte er die Hände ineinander. Er bot den Anblick eines Professors nach längerem Vortrag, der nun hofft, die Studenten hätten keine weiteren Fragen und würden gehen.
»Wer oder was muß man denn sein, um an die Akten ranzukommen?«
»Alles, was Sie nicht sind.«
»Also gut, dann eben nicht. Aber wir sehen uns wieder«, fügte ich hinzu, ohne die geringste Ahnung, weshalb. Während ich den Raum verließ, schleimte das Radio irgendwas von sieben Brücken, über die ich gehen müsse.
Ich ließ die stickigen Flure des Polizeipräsidiums hinter mir und trat auf die sonnige Straße. Ein bis zum Platzen gefülltes Paar Jeans drängte sich an mir vorbei. Ich blickte ihm hinterher, bis sich eine schlabberige Latzhose dazwischen schob.
Ich steuerte die nächste Telefonzelle an, um einen ehemaligen Kripokommissar anzurufen. Theobald Löff sitzt seit zwei Jahren seine Rente ab. Ich hatte ihn getroffen, als er eine frühere Klientin von mir wegen Mordes suchte. Es war der erste und einzige Polizist, den ich kennengelernt hatte, mit dem man sich verständigen konnte.
Löff, mit allen Ehren aus dem Polizeidienst entlassen, würde bestimmt die Akteneinsicht erhalten, die ich brauchte. Also stupste ich zwei Zehner in den Telefonschlitz und wählte Löffs Nummer. Es klingelte drei-, viermal. Dann rief eine gehetzte Stimme durch die Leitung, ich solle bitteschön einen Moment warten, die Milch koche über. Das war Löffs Frau. Sie hatten vor knapp vierzig Jahren geheiratet und führten das, was als glückliche und langweilige Ehe umschrieben wird. Ich stand in der stickigen Telefonzelle und spürte die Schweißtropfen einzeln aus meiner Achsel herauskullern. Es roch nach verdautem Knoblauch.
Endlich kam Frau Löff
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