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Happy birthday, Türke!

Happy birthday, Türke!

Titel: Happy birthday, Türke! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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freundliches Wort zu bekommen. Na ja, ich finde den Weg auch alleine.«
    Noch während ich sprach, stand er auf und bekam ein käsiges Gesicht. Ich drehte mich um und verließ die Halle. Der Offizier sagte nichts mehr. Wahrscheinlich hing er am Telefon und ordnete meine standrechtliche Erschießung an.
    Ein paar fleischfarbene Nylons trippelten mir im grauen Flur entgegen.
    »Entschuldigen Sie, wo liegen denn die Räume vom Rauschgiftdezernat?«
    Sie musterte mich nicht ohne Ehrfurcht. Vielleicht glaubte sie, ich sei ein Opiumkönig, der sich nun der Gerechtigkeit stellt. Vielleicht faszinierte sie aber auch nur mein immer noch mit angetrocknetem Blut verziertes Kinn.
    »Im vierten Stock.«
    »Danke.«
    Diesmal nahm ich den Aufzug. Nummer vier leuchtete auf, und die verkratzten Türen schoben sich auseinander.
    Zuerst roch ich ihn, besser gesagt seine Zigarre. Gleich darauf sah ich ihn. Futts Metzgerfigur stand wartend neben der Aufzugstür. Und neben ihm ein schmächtiges Bürschchen, das irgendeinen Satz verschluckte, als es mich erblickte. Ich mußte lachen.
    Eine dicke, rote Ader trat aus Futts kahlem Schädel, und seine fette Brust pumpte Luft. Doch das Gebrüll blieb aus. Statt dessen ließ er das Lächeln eines Folterknechts spielen, der genüßlich sein nächstes Opfer in Augenschein nimmt.
    »Ach, der Herr Abgesandte.«
    Es klang bierfreundlich, als wolle er mir gleich eine Zigarre anbieten. Nur seine Augen wurden eng. Er hätte Charakterdarsteller beim Kinderfilm werden sollen: als lieber Onkel von nebenan, der immer mit den kleinen Mädchen Pipi machen will.
    »Ach, der Herr Kriminalkommissar. Was macht der Fall Hamul? Bahnen sich tatsächlich internationale Verwicklungen an, oder bleibt es beim Durchschnittskanaken? Mein Interesse ist privater Natur, das haben Sie ja inzwischen festgestellt.«
    Der liebe Onkel steckte langsam seine Zigarre zwischen die polierten Zähne, nahm einen tiefen Zug und schoß dann kleine, niedliche Rauchringe in die Luft. Das Bürschchen neben ihm mußte von mir gehört haben. Es trat nervös Löcher in den Boden, und ich hatte das Gefühl, es würde nur auf einen Wink des Chefs warten, um sich endlich auf mich zu stürzen. Seinen Körpermaßen nach zu urteilen, würde er wahrscheinlich an den Haaren ziehen.
    Futt blies mir aus seiner Lunge den letzten Rest Rauch ins Gesicht und sagte mit der teilnehmenden Stimme eines Anwalts, der seinem Klienten das Hinrichtungsdatum verrät: »Mein lieber Herr Kayankaya, ich habe voraussichtlich heute nachmittag keine allzu dringenden Termine; ich werde mich deshalb erkundigen, wie man am schnellsten seine Lizenz als Privatdetektiv verliert. Mit Ihrem hellen Köpfchen eine andere Arbeit zu finden, ist sicherlich ein Kinderspiel.«
    »Ingenieur bei der Müllabfuhr!« sprudelte das Bürschchen hastig und verzog die dünnen Lippen zum flatternden Lächeln.
    Futt fand das offensichtlich weniger komisch und wies ihn mit einem schneidenden Blick zurecht.
    Die beiden gaben einen exzellenten Einblick in das einfach strukturierte Leben einer Herrchen-Hund-Beziehung.
    Futt zog die Augenbrauen hoch und fuhr fort.
    »Nun, Herr Kayankaya, ich bin kein Unmensch, doch gewisse Dinge ärgern mich. Vor allem, wenn irgend jemand glaubt, er könne auf meine Kosten seinen Spaß haben. Ich halte Ehrlichkeit für eine der vornehmsten Tugenden, und wären Sie mir gegenüber aufrichtig gewesen, wer weiß, vielleicht würden wir jetzt zusammenarbeiten. So allerdings…«
    Vielsagend strich seine Hand durch die Luft. Der Hund friemelte an seiner Hosennaht und blickte erwartungsvoll zum Herrchen hinauf. Doch das Herrchen blickte nicht hinunter.
    Anstatt zu kläffen, haspelte er dann: »Ähm, Herr Kriminalkommissar, sollten wir nicht jetzt gleich, äh… ich meine… jetzt wo…«
    Futt peitschte ein kurzes, bestimmtes »Nein« auf ihn nieder.
    Ich war meine Rolle als Zuschauer bei der Dressur leid und fragte Futt: »Daß er Männchen machen kann, weiß ich jetzt, aber findet er auch das Stöckchen?«
    Futt lachte. Nicht aus vollem Herzen, aber doch so, daß das Bürschchen anfing, mir leid zu tun. Es sah mich an, als hätte ich rumerzählt, er habe ein kleines Geschlechtsteil.
    »Wenn Sie ausgelacht haben, wischen Sie sich den Rotz vom Kinn, sonst könnte glatt noch jemand seinen Spaß auf Ihre Kosten haben.«
    Er griff sich ans Kinn. Jetzt lachte ich und ging. Bevor ich die Tür des Rauschgiftdezernats fand und anklopfte, hörte ich noch, wie der Aufzug kam und die

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