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Happy birthday, Türke!

Happy birthday, Türke!

Titel: Happy birthday, Türke! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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verdammt mickriger Strohhalm. Aber es war einer.
    »Waren Sie dabei?«
    »Ja, wir wollten zu Freunden fahren.«
    »Das Datum wissen Sie noch?«
    »Nein, nicht genau, es war im Februar, aber den Tag weiß ich nicht.«
    »Wer hatte schuld an dem Unfall? Ihr Mann oder der andere Fahrer?«
    »Ich kenne mich da nicht aus. Ich glaube, Vasif hatte Schuld. Das andere Auto kam von rechts. Aber dann hatte er doch keine Schuld.«
    »Was heißt das, dann hatte er doch keine Schuld?«
    »Na ja, die Polizei kam, wir mußten alle mitfahren, und Vasif hat dann mit der Polizei lange geredet. Ich war nicht dabei, ich habe im Flur gewartet. Dann kam Vasif zurück und hat gesagt, es würde ihm nichts passieren.«
    »Mußte er nichts zahlen?«
    »Nein, zum Glück, wir hatten sehr wenig Geld damals, und Vasif war verzweifelt, als wir zur Polizei fuhren. Aber dann war er wieder froh und mußte nichts zahlen.«
    »Der andere Fahrer, können Sie sich noch an seinen Namen erinnern?«
    »Nein.«
    »Was war das für ein Mensch?«
    »Er war noch jung, mit blonden Haaren.«
    Davon gab es Millionen. Allerdings mußte eine Akte über den Unfall bei der Polizei liegen.
    »Wissen Sie noch die Polizeiwache, auf die man Sie gebracht hatte?«
    »Ja, sie ist hier in der Nähe, drei Straßen weiter. Der Unfall ist auch gleich hier um die Ecke passiert. Ich kann es Ihnen vom Fenster aus zeigen.«
    Wir standen auf und zwängten uns nebeneinander ans Küchenfenster. Sie beschrieb mir noch einmal, wie der Unfall genau geschehen war. Ohne Zweifel hatte Vasif Schuld gehabt. Das sah man sogar von hier oben. Wir betrachteten schweigend den lärmenden Verkehr, bis ich sie fragte: »Wo wollte Ihr Mann am Tag seines tödlichen Unfalls hinfahren?«
    »Es war Samstag und wir frühstückten, da kam ein Anruf, und Vasif telefonierte kurz. Dann sagte er uns, er müsse wegfahren. Er wollte gleich wiederkommen.«
    Sie stockte und preßte die Zähne zusammen.
    »Welcher Tag genau war das?«
    »Am fünfundzwanzigsten April neunzehnhundertachtzig.«
    »Wer angerufen hat, wissen Sie nicht?«
    »Nein, einer von Vasifs Freunden.«
    »Wo ist der Unfall denn genau passiert?«
    »Auf der Straße nach Kronberg.«
    Auch das mußte in einer Polizeiakte genauer beschrieben sein. Ich beschloß, Mutter Ergün in Ruhe zu lassen und zur Polizei zu gehen. Als erstes wollte ich bei der Abteilung Rauschgift nachfragen, ob es irgendwelche Schriftstücke über Vasif und Ahmed gab.
    »Gut, Frau Ergün, Sie haben mir wirklich sehr geholfen. Ich werde morgen wieder vorbeikommen. Und dann hoffentlich mehr wissen. Könnten Sie Ihrer Tochter Ilter ausrichten, sie möchte mich im Lauf des Tages im Büro oder bei mir zuhause anrufen? Die Nummer hat sie.«
    Wir verabschiedeten uns, und ich bedankte mich für das Frühstück. Gerade als ich mich umdrehen wollte, zuckte die alte Frau, wie von einem unsichtbaren Schuh getreten, zusammen. Ihre Augen flackerten widerwillig an mir vorbei.
    Die Küchentür knarrte leise. Billiges Parfüm wehte durch den Raum. Langsam wandte ich den Kopf und blickte in Richtung Parfüm. Ayse Ergün stand auf wackeligen Beinen im Türrahmen. Mutter und Tochter starrten sich stumm an, und ich verstand endlich.
    Wie im Dunst, suchten ihre Augen nach Halt; doch der Blick schwamm immer wieder weg, glitt ohne Ziel durch die Küche. Der kleine, magere Körper zitterte leicht, und die Finger krampften sich ineinander, als wollten sie sich verstecken. Ayse Ergün hatte nicht die Syphilis. Sie hing an der Fixe.

2
    »Wie bitte, was wollen Sie?«
    Er hatte den Ton eines aufstrebenden Offiziers, der einen Gefreiten wegen ungebügelter Hosen zur Sau macht. Seine Zähne hackten die Wörter am Ende scharf ab. Ich fürchtete, er könnte sich aus Versehen die Zunge abbeißen. Seine stahlblauen Augen blitzten mich ungnädig an. Immerhin popelte er nicht ständig in der Nase wie Nöli.
    Jetzt mußte ich mich schon zum zweiten Mal im Empfang des Polizeipräsidiums mit einem Schreibtischhelden herumärgern.
    »Haben Sie Dreck in den Ohren? Das Rauschgiftdezernat such ich. Soll ich’s Ihnen buchstabieren?«
    Er knallte Unter- und Oberkiefer aufeinander und kniff die Augen zusammen, als hätte ich ihm kochendes Wasser über die Socken gekippt.
    »Werden Sie bloß nicht unverschämt, ja! Ich kann Sie auch rausschmeißen lassen!« Drohend hieb er ein Lineal durch die Luft und schmetterte es auf die Tischplatte. Der kahl rasierte Nacken spannte sich.
    »Euch muß man treten, um ein halbwegs

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