Happy End am Mittelmeer
betrachtete sie alles mit großen Augen. „Das habe ich schon bemerkt.“
„Wir fahren einen Umweg, und ich fürchte, die Route führt uns nicht durch die schönsten Flecken von England. Ich versuche, Aufsehen zu vermeiden und Orte zu umgehen, in denen mich womöglich jemand kennt. Aber in einer Stunde etwa gibt es schönere Ansichten.“
„Okay. Ich probiere zu schlafen.“ Ayme kuschelte sich in den Sitz, schloss die Augen und schlief auf der Stelle ein.
David nahm das mit Erleichterung auf. Solange sie schlief, konnte sie keine Fragen stellen. Was Ayme betraf, waren seine Gefühle wirklich gemischt. Warum hatte er sie mitgenommen? Er hätte sie allein zurücklassen sollen, das wäre wahrscheinlich vernünftiger gewesen. Aber er fühlte sich in irgendeiner Weise für sie verantwortlich, und er wollte für ihren Schutz sorgen.
Andererseits würde sie sich letztendlich nicht gerade bei ihm dafür bedanken, sie in diese wilde Katz-und-Maus-Jagd mit hineingezogen zu haben. In einem netten Hotel in einer touristisch reizvollen Stadt, wo sie sich die Zeit mit Shopping, Sightseeing oder was auch immer vertreiben konnte, wäre sie wohl besser aufgehoben gewesen, während er durch verschiedene Städte und Länder hätte reisen können, ohne auf ein Baby Rücksicht nehmen zu müssen. Wenn Ayme das Kind erst einmal einen Tag lang durch die Gegend getragen hatte, würde sie vielleicht so eine Lösung akzeptieren.
Es war ein reizvoller Gedankengang, er hatte allerdings eine schwerwiegende Schwachstelle, und das fiel ihm ziemlich schnell auf. Irgendein Mensch da draußen zeugte unter seinem Namen Babys. Er musste herausfinden, wer es war, und ihm Einhalt gebieten. Solange er das nicht erledigt hatte, sollte er besser die junge Frau im Auge behalten, die ihm dieses spezielle Problem aufgeladen hatte.
Na ja, das war nicht ganz fair. Das Problem hatte die ganze Zeit bestanden. Er hatte nur nichts davon gewusst, bis sie bei ihm auftauchte.
Das alles war vielleicht nur ein Vorwand, weil er sie bei sich haben wollte und sie gerne ansah. Er schaute sie an. Ihr Anblick war absolut hinreißend.
Er hatte nie zu denen gehört, die sich von einem schönen Gesicht bezirzen ließen. Schließlich gab es davon viele, und romantische Abenteuer hatte er seinerzeit reichlich genossen. Er würde es nicht zulassen, dass eine kleine, fatale Anziehung seinen Plänen im Weg stand.
Er war nüchtern und pragmatisch, wenn es darum ging, zusammen mit seinem Bruder die Rückeroberung ihres Landes zu erreichen. In Zeiten wie diesen war Romantik nicht angesagt. Selbst ein flüchtiger Flirt konnte einem Mann den Verstand rauben und ihn von seinen Zielen ablenken. Das, was er und sein Bruder planten, sah nach Schwierigkeiten aus, war gefährlich und womöglich verhängnisvoll.
Beziehungen waren unangebracht. Punkt, aus, Ende.
David fragte sich, und das nicht zum ersten Mal, was Monte wohl zu alldem sagen würde. Er wollte ihn anrufen, aber dies war weder der richtige Ort noch die richtige Zeit. Er musste irgendwohin, wo es sicher war. Später – sobald sie eine Übernachtungsmöglichkeit in Küstennähe gefunden hatten – würde er eine Möglichkeit finden, seinen Bruder zu kontaktieren.
Ayme schlief zwei Stunden, und als sie aufwachte, reckte und streckte sie sich wie ein Kätzchen, sah ihn an und blinzelte, als sei sie überrascht, ihn zu sehen. „Hallo, Sie sind ja immer noch da.“
„Wo sollte ich denn sonst sein?“, fragte er halb amüsiert.
„Seit mein Leben zu einem Albtraum wurde, bin ich ständig auf traumhafte Ereignisse gefasst. Es könnte ja der verrückte Hutmacher aus ‚Alice im Wunderland‘ am Steuer sitzen oder zumindest ein wütender Igel.“
„Es ist ein Siebenschläfer“, murmelte er, während er abbremste, um auf der schmalen Straße ein entgegenkommendes Fahrzeug passieren zu lassen.
„Okay, ein wütender Siebenschläfer.“ Sie lächelte, fand es lustig, dass er die Details der Geschichte von Alice im Wunderland kannte. „Sie sind also weder noch.“
„Nein. Früher allerdings warf man mir vor, einen Hang zum weißen Kaninchen zu haben.“ Er lächelte sie von der Seite an. „Immer zu spät und in Eile.“
„Ach.“ Sie nickte weise. „Nervige Eigenschaft.“
„Ja. Angeblich soll Unpünktlichkeit eine Form von Egoismus sein, aber ich glaube, es ist etwas völlig anderes.“
„Und was?“, fragte sie wissbegierig, weil sie selbst bei allem und jedem zu spät kam und gern eine neue, schöne Ausrede
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