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Happy End am Mittelmeer

Happy End am Mittelmeer

Titel: Happy End am Mittelmeer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raye Morgan
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war, durften sie auf keinen Fall nebeneinanderstehen, sodass jeder die Ähnlichkeit bemerkte und womöglich Fragen stellte. Also wartete er auf die passende Gelegenheit, färbte sich die Haare dunkler und ließ sich einen Schnurrbart wachsen.
    In dieser Situation erwies es sich als nützlich, hochrangige Vertraute in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen zu haben. Schon bald erhielt er eine Einladung zu einem Empfang, bei dem auch Mark Stephols erwartet wurde. Als sie einander mit den Worten vorgestellt wurden: „Mr. Stephols, darf ich Ihnen Mr. David Dykstra von Dykstra Shipping vorstellen?“, sahen sie einander an und trotz des gefärbten Haars, trotz des Schnurrbarts, spürten sie sofort, dass sie miteinander verwandt waren.
    Sie reichten sich die Hand, und Monte flüsterte: „Komm in den Rosengarten.“
    Wenige Minuten später trafen sie sich heimlich und starrten sich an, als wollten sie nicht glauben, was sie sahen.
    David fing an zu reden, Monte hingegen legte einen Finger auf die Lippen. „Pst, die Wände haben Ohren.“
    David lächelte, obwohl er vor Aufregung bebte. „Die Sträucher auch?“
    „Man kann nie wissen. Vertraue nichts und niemandem.“
    „Dann lass uns ein paar Schritte gehen.“
    „Gute Idee.“
    Sie spazierten einige Minuten durch den Garten, tauschten Höflichkeiten aus, bis sie weit genug entfernt vom Haus waren, um sich etwas sicherer zu fühlen.
    Irgendwann sagte Monte aus heiterem Himmel: „Erinnerst du dich an das Schlaflied, das unsere Mutter sang, wenn sie uns zu Bett brachte?“
    David blieb stehen, versuchte sich konzentriert zu erinnern. Wie ging das noch?
    Schließlich schloss er die Augen und begann leise zu murmeln, als hole er die Worte aus einer anderen Zeit, von einem anderen Ort. In seinem Kopf hörte er die Stimme seiner Mutter. Über seine Lippen kam das ambrische Schlaflied.
    Als er geendet hatte und die Augen wieder öffnete, drehte er sich zu seinem Bruder. Mark war still geblieben, aber die Tränen strömten ihm über die Wangen. Er ergriff Davids Hand und hielt sie fest.
    „Endlich“, flüsterte er. „Endlich.“

5. KAPITEL
    Ayme schlief nicht lange, und bald saß sie aufrecht da und ließ die Schönheit der Landschaft auf sich wirken.
    „Ich hätte schon früher nach Europa kommen sollen. Leider nahmen mich mein Jurastudium und mein beruflicher Einstieg sehr in Anspruch, und ich wollte auch immer für die Familie da sein.“
    Bei den letzten Worten wurde ihre Stimme leicht brüchig, und sie musste ihre aufsteigenden Gefühle hinunterschlucken. Es würde eine Zeit geben, um mit Trauer und Schmerz umzugehen. Doch diese Zeit war noch nicht gekommen.
    „Und einen Freund gab es nicht?“, fragte David. „Ich bin sicher, Sie haben zu Hause jemanden, der auf Sie wartet.“
    „Eigentlich nicht“, gestand sie.
    „Wirklich nicht?“
    „Wirklich nicht. Nach dem College begann ich mit dem Studium, und danach arbeitete ich in der Kanzlei. Es blieb einfach keine Zeit für Freunde.“
    „Sie machen Witze. Die meisten Frauen nehmen sich die Zeit.“
    „Na ja, ich nicht. Ich wollte immer unbedingt mein Bestes geben, Erfolg haben und meine Eltern stolz auf mich machen.“
    „Ihre Adoptiveltern, nicht wahr?“
    Sie nickte und biss sich auf die Lippen.
    „Hm.“ Er nickte auch. „Weil du dachtest, es sonst nicht wert zu sein, geliebt zu werden, wolltest du unbedingt eine Einser-Schülerin sein, nicht wahr?“
    Sie lächelte flüchtig. Zum einen, weil er sie anscheinend verstand, zum anderen, weil er sie plötzlich geduzt hatte. Aus Versehen?
    Nein. Er schüttelte den Kopf, als hätte er ihre Frage gehört, und sie nickte, denn ihr gefiel die vertrauliche Anrede. Du, das klang so nah, so …
    „Und deine Schwester Sam?“, unterbrach er ihre Gedanken.
    „Sam war nicht so gut.“ Sie wünschte, sie hätte es nicht gesagt. Sie hatte doch nie mehr auch nur ein böses Wort über ihre Adoptivschwester verlieren wollen. Sie legte sich die Hand aufs Herz, als könne sie so den Schmerz zurückdrängen, und sprach weiter: „Ich kam mit einigen anderen Kindern nach Texas, die ebenfalls ihre Eltern bei dem Putsch verloren hatten. Wir wurden fast alle in amerikanische Familien mit ambrischen Wurzeln vermittelt.“
    „Demnach war es eine organisierte Rettungsaktion.“
    „Irgendwie. Aber das habe ich dir doch schon erzählt, oder nicht? Ich wurde von der Familie Sommers in Dallas, Texas, adoptiert, und ich wuchs auf wie andere amerikanische Kinder.“ Sie sah die

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