Happy End auf Sizilianisch
in dieser Gegend gehören sie der Familie Martelli.”
Angie entging nicht, dass er von seiner Familie zum wiederholten Mal in der dritten Person sprach, als gehöre er nicht dazu.
“Dieses Haus ursprünglich auch. Vincente Martelli hat es für meine Mutter gekauft.”
“Er scheint ja ein sehr großzügiger Mann gewesen zu sein.”
“Das schon”, bestätigte Bernardo. “Doch vor allem wollte er seine Geliebte vor den Anfeindungen der Dorfbewohner in Schutz nehmen. Als unverheiratete Mutter hatte sie wahrlich keinen leichten Stand.”
Zu Angies großer Enttäuschung wurde Bernardo davon abgehalten, mehr über seine Herkunft zu erzählen, weil plötzlich eine große und kräftige etwa fünfzigjährige Frau aus dem Haus trat. Sie begrüßte Angie in akzentfreiem Englisch, ehe sie sich an Bernardo wandte. “Das Essen ist gleich fertig, Signore Tornese”, teilte sie ihm mit, bevor sie wieder in der Küche verschwand.
“Das war Stella, meine Haushälterin”, erklärte Bernardo. “Sie ist eine fantastische Köchin. Manchmal schimpft sie mit mir, weil ich nur selten Gäste einlade und sie ihre Kochkunst nicht öfter unter Beweis stellen kann.”
Er schlug vor, die Zeit bis zum Essen für einen Rundgang durchs Haus zu nutzen.
Die karge Schönheit der Räume überraschte Angie. Und doch gefiel ihr auf Anhieb, mit welch bewusster Zurückhaltung alles gestaltet war. Die wenigen Möbel waren überaus erlesen, der Fußboden bestand durchgehend aus rotem Klinker, und die Wände aus Naturstein waren nicht verputzt.
Als sie die Diele erreichten, kam Stella aus der Küche, um etwas mit Bernardo zu besprechen. Kaum hatten sich die beiden zurückgezogen, bemerkte Angie eine Tür, die einen Spaltbreit offen stand. Einen Moment lang zögerte sie, doch schließlich öffnete sie sie ganz.
Auf den ersten Blick glich der Raum den anderen Zimmern aufs Haar. Ebenso sachlich und nüchtern eingerichtet, wirkte er wie eine Mönchszelle. Nur das große Messingbett wollte nicht zu diesem Eindruck passen.
Erst als Angie den Raum betrat, fiel ihr das Gemälde auf, das über dem Kopfende des Bettes hing. Es zeigte das Porträt einer attraktiven jungen Frau, deren Lächeln ihrem Gesicht eine faszinierende Güte und Milde verlieh.
Gleichzeitig aber meinte Angie in ihren Augen ein tiefes Misstrauen und eine Strenge erkennen zu können, die sie unwillkürlich an Bernardo erinnerte.
Als Angie bewusst wurde, dass es das Porträt seiner Mutter war, das so unterschiedliche Gefühle in ihr auslöste, bekam sie plötzlich ein schlechtes Gewissen, weil sie ohne Erlaubnis in seine Privatsphäre eingedrungen war.
So leise, wie sie es betreten hatte, verließ sie das Schlafzimmer, und kaum hatte sie die Tür wieder angelehnt, tauchte Bernardo in der Diele auf.
Insgeheim fragte sich Angie, ob er ihr auf dem Rundgang durchs Haus auch sein Schlafzimmer zeigen würde, doch er führte sie in einen Raum, in dem ein Schreibtisch und mehrere Aktenschränke standen.
“Hier erledige ich den ganzen Papierkram”, erklärte er, und sein Gesichtsausdruck verriet, wie ungern er sich in seinem Arbeitszimmer aufhielt. “Zum Glück geht es mit der modernen Technik viel schneller als früher”, setzte er mit einem Blick auf den Computer hinzu.
Durch die geöffneten Fenster war der strahlend blaue Himmel zu sehen, und Angie durchquerte den Raum, um die milde Frühlingsluft einzuatmen. Als sie den Abgrund bemerkte, der sich unter ihr auftat, schrak sie unwillkürlich zusammen.
“Ich hätte dich warnen sollen”, sagte Bernardo und kam auf sie zu. “Das Haus ist direkt in die Felswand gebaut, und auf dieser Seite fällt das Gelände senkrecht ab.”
“Eigentlich bin ich ja schwindelfrei”, erwiderte sie benommen. “Doch damit hatte ich nicht gerechnet.”
“Sei lieber vorsichtig.” Bernardo legte ihr den Arm um die Taille, um Angie behutsam vom Fenster wegzuziehen.
Die Berührung war nur leicht, und trotzdem meinte Angie darin Bernardos urwüchsige Kraft zu spüren. Widerstandslos lehnte sie sich an ihn und ließ sich von ihm tiefer in den Raum führen. So nah, wie sie sich waren, konnte Bernardo unmöglich verborgen bleiben, dass ihr Herz in Erwartung seiner Zärtlichkeit schneller schlug.
Unwillkürlich blickte sie auf, und was sie in seinen Augen sah, löste unbändige Freude in ihr aus. Bernardo schien ihre geheimsten Wünsche nicht nur erraten zu haben, sondern auch zu teilen.
Umso unvorbereiteter traf es sie, als er plötzlich den Arm
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