Happy End fuer Harriet
Fehlverhalten hinzuweisen. Sie selbst hatte ihm eine Waffe in die Hand gegeben, die er nach Belieben verwenden konnte.
Hinzu kam das schlechte Gewissen Elizabeth gegenüber, die sich bestimmt schon große Sorgen über den Verbleib ihrer Geschwister machte. Es bekümmerte Harriet sehr, dass sie bereits am ersten Tag nach ihrer Ankunft für ein derart unerfreuliches Aufsehen sorgte.
Lord Ashby hatte ihr zugegebenermaßen einen großen Dienst erwiesen. Ohne ihn säße sie womöglich noch immer mit Adam auf dem Felsbrocken, völlig durchnässt und durchgefroren, und Justin würde wahrscheinlich orientierungslos und weinend durch das riesige Parkgelände irren. Ja, sie schuldete Lord Ashby gewiss Dankbarkeit und höfliches Benehmen.
Ihre guten Vorsätze wurden schon Augenblicke später einer Prüfung unterzogen, denn Hugh kam nach kurzem Anklopfen herein. Er brachte eine Flasche und zwei Gläser.
“Hier, trinken Sie das”, befahl er und schenkte ihr ein wenig von der bräunlichen Flüssigkeit ein.
“Was ist das?” wollte Harriet misstrauisch wissen.
“Brandy, Miss Woodthorpe. Und Sie sehen aus, als ob Sie einen kräftigen Schluck gebrauchen könnten. Wenn Sie ihn nicht trinken wollen, könnte ich Ihnen die Nase zuhalten.”
“Das würden Sie nicht wagen!”
“Wollen Sie es wirklich darauf ankommen lassen?” Hughs Stimme klang sanft, aber Harriet erkannte an dem Unterton, dass er keine Weigerung dulden würde. Also nippte sie vorsichtig und fühlte überrascht, wie eine wohlige Wärme ihre Glieder durchströmte.
“Na also, es geht doch.” Hugh trat noch einen Schritt näher. “Sie sehen bezaubernd aus.” Er legte ihr eine Hand unter das Kinn und hob ihren Kopf leicht an. “Ja, heute sind sie grün”, murmelte er wie im Selbstgespräch. “Ich war mir dessen nicht ganz sicher. Manchmal sehen Ihre Augen braun aus. Die Farbe dieses Hausmantels steht Ihnen gut. Sie sollten sie öfter tragen.”
Unwirsch schüttelte Harriet den Kopf. Sie verzichtete auf eine Antwort.
“Oh, bin ich bei Ihnen immer noch in Ungnade? Wie kann ich diesen unglücklichen Umstand bloß ändern?” Hugh setzte sich auf den Polsterhocker, der vor Harriet stand, hob einen ihrer Füße an und küsste ihn behutsam.
“Sie Wüstling!”, rief sie empört aus. Zu ihrem Leidwesen war sie vor Verlegenheit rot geworden.
“Aber, meine liebe Miss Woodthorpe! Achten Sie doch bitte auf Ihre Ausdrucksweise. Solch ein Wort sollte einer wohlerzogenen jungen Dame wirklich nicht über die Lippen kommen.”
“Das ist für Ihr Betragen noch ein harmloser Ausdruck”, gab Harriet heftig zurück. “Sie sind ein impertinentes Mannsbild. Keine Frau ist vor Ihren ehrlosen Absichten sicher.”
“Und was wissen Sie über meine Absichten? Ich glaube, ich muss sie Ihnen gelegentlich einmal erläutern.” Bedeutungsvoll schaute er auf den Ausschnitt des Hausmantels, der ein Stück weit auseinanderklaffte. Es war nicht schwer für ihn zu erkennen, dass Harriet nichts darunter trug.
“Ich möchte dieses Haus sofort verlassen”, erklärte Harriet in eisigem Tonfall. “Bitte, lassen Sie mir meine Sachen bringen.”
Lord Ashby griff nach ihrer Hand. “Verzeihen Sie, liebe Cousine. Es ist ungehörig von mir, Sie derart zu reizen. Aber die Versuchung ist einfach zu groß.”
“Mir scheint, Sie geraten sehr leicht in Versuchung. Verhalten Sie sich allen Damen gegenüber in dieser Weise? Oder beschränken Sie sich auf jene, die keinen Beschützer haben, so wie ich?”
“Sie haben doch mich”, schlug er umgehend vor.
Harriet lachte zornig auf. “Sie wollen mein Beschützer sein? Sie behandeln mich wie ein leichtes Mädchen, wie irgendein dummes, schwächliches Frauenzimmer!” Sie bemerkte seinen erstaunten Gesichtsausdruck und fuhr fort, bevor er etwas sagen konnte: “Ich bin nicht die Unschuld vom Lande, wie Sie vielleicht glauben, Sir. Schließlich war ich in Brüssel umgeben von Mitgliedern des Militärs.”
“Wie schön!”, gab Hugh schlagfertig zurück. “Ich habe nämlich nicht das geringste Interesse an bebenden Jungfrauen.”
“Sie unverschämter Kerl! Wollen Sie damit etwa andeuten …?”
“Nein, ganz und gar nicht.” Er nahm sie ohne Umschweife in die Arme. “Ich finde, dass Sie eine bewundernswerte Person sind, und bitte Sie ehrlich um Verzeihung für mein Benehmen. Aber wenn Sie diese Miene aufsetzen, als wollten Sie gegen die ganze Welt kämpfen, sind Sie einfach unwiderstehlich.”
Unter seinem eindringlichen Blick
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