Happy End fuer Harriet
Selbstbeherrschung bei Ihren häufigen Temperamentsausbrüchen wäre auch angebracht, denn sonst regt sich Ihre Schwester nur unnötigerweise auf.”
Harriet hatte unter dem strengen Blick der alten Frau das Gefühl, wieder ein kleines Kind zu sein, das zur Ordnung gerufen wurde. “Ich werde an deine Worte denken”, versprach sie bereitwillig, “aber wenn ich unerträglich gequält und gereizt werde, kann ich mich nicht zurückhalten.”
“Gerade dann ist es notwendig, sich zu beherrschen”, gab Kathie unnachgiebig zurück.
“So wie du es uns stets vormachst, nicht wahr, Kathie?” Harriet zwinkerte ihr vielsagend zu und tätschelte ihr liebevoll die Hand. Schnell lief sie aus dem Raum, um ihre Brüder zu suchen, bevor Kathie etwas entgegnen konnte.
Als Harriet sich später in den Salon begab, nahm sie sich fest vor, Hugh Ashby mit Freundlichkeit zu begegnen, ganz gleich, wie sehr er auch versuchen würde, sie herauszufordern.
Doch zu ihrer großen Überraschung kümmerte er sich fast ausschließlich um Elizabeth, die in seiner Gesellschaft offenkundig ihre Schüchternheit abgelegt hatte. Auf seine interessierten Fragen hin schilderte sie ihm lebhaft ihr Leben in Brüssel.
“Und was kannst du mir über Wellington erzählen? Du hast ihn doch kennengelernt? Wie schätzt du ihn ein?” Er duzte Elizabeth, worin Harriet ein deutliches Zeichen sah, wie vertraut ihre Schwester inzwischen mit ihm war.
“Das ist schwer zu erklären”, antwortete Elizabeth. “Wir kennen Wellington ja schon seit unserer Kinderzeit. Manche Leute finden sein Benehmen schroff und manchmal unhöflich, aber wir haben es niemals so empfunden.”
Hugh lachte. “Er ist bekannt dafür, ein weiches Herz für Kinder und Damen zu haben. Aber sowohl für die, die in seinen Diensten stehen, als auch für die Politiker kann er ein echtes Scheusal sein.”
“Sie scheinen ihn ja gut zu kennen”, warf Harriet spitz ein. “Das wundert mich umso mehr, als wir Sie weder in Spanien noch in den Niederlanden gesehen haben.”
“Nein, Sie haben mich dort nicht angetroffen”, bestätigte Lord Ashby kühl und unbeteiligt und brachte das Tischgespräch dann auf den bevorstehenden Ball in Bath.
Harriets Neugier erhielt durch seinen knappen Kommentar neue Nahrung. Seit ihrer ersten Begegnung hatte sie sich wiederholt gefragt, warum er wohl nicht in der englischen Armee diente, wenn sich allerorten die jungen Männer freiwillig meldeten, um ihr Land gegen Napoleon zu verteidigen.
Als sie später mit Elizabeth allein war, kam sie auf das Thema zurück. “Findest du es nicht auch seltsam?” wollte sie wissen. “Lord Ashby ist kerngesund und ein großer, starker Mann. Da muss man doch glauben, er würde sich schämen, das Kämpfen anderen zu überlassen.”
Elizabeth wirkte unsicher. Nervös spielte sie mit ihren Haarbürsten, die auf dem Toilettentisch aufgereiht lagen. “Vielleicht wäre es besser, ich würde nicht darüber sprechen, Harriet.”
“Warum denn nicht? Mir kannst du doch alles erzählen. Hat Ashby erwähnt, wann und wo er Wellingtons Bekanntschaft gemacht hat?”
“Ich möchte nicht, dass du ihm Unrecht tust”, gab Elizabeth zögernd zurück. “Ich kann dir nur sagen, dass er auf seine Weise gekämpft hat. Das war wahrscheinlich gefährlicher, als an militärischen Schlachten teilzunehmen.”
“Was meinst du damit?”
“George hat mir ein wenig darüber berichtet, obwohl er sich zu absolutem Stillschweigen verpflichtet hatte. Lord Ashby ist erst nach England zurückgekehrt, nachdem der französische Kaiser damals seine erste Niederlage erlitten hatte und nach Elba verbannt worden war.”
“Aber was genau hat er denn bloß getan?” Harriet ließ nicht locker.
Elizabeth seufzte. “Ich weiß wirklich nicht, ob ich es dir sagen darf. Aber nachdem Hugh nichts mehr mit diesen Dingen zu tun hat, macht es vielleicht keinen Unterschied, wenn du von seiner damaligen Tätigkeit erfährst.” Sie atmete noch einmal tief durch und stieß dann hervor: “Er hat sozusagen hinter den feindlichen Linien gearbeitet.”
“Er war ein Spion?” Harriet konnte kaum glauben, was sie da hörte.
“Er hat Informationen gesammelt, durch die viele Menschen gerettet werden konnten”, gab Elizabeth würdevoll zurück. “Lord Ashby spricht fließend Französisch und Spanisch, und ich wünschte, er wäre jetzt in Frankreich. Dann könnte er Wellington mit Informationen über die Pläne der Franzosen versorgen.”
“Aber ganz gewiss gibt
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