Happy End fuer Harriet
auf ihrem Pferd nur so dahinflog. Gervase, der behauptet hatte, nur ein mittelmäßiger Reiter zu sein, konnte problemlos das Tempo mithalten.
So viel also für seine angeblich geringen Reitkünste, dachte Harriet und beschloss, Ashbys Rat zu befolgen. In Zukunft würde sie Gervase nicht mehr nach seinen Worten, sondern nur nach seinen Taten beurteilen.
“Donnerwetter, was für ein Erlebnis!” Piers lachte Harriet begeistert an. Es schien ihn nicht zu kümmern, dass das Wasser aus ihren Kleidern tropfte. “Mit dir gibt es keinen Augenblick der Langeweile. Ich habe schon seit Monaten nicht mehr so viel Spaß gehabt.”
“Spaß nennst du das?” Harriet nahm ihren Hut ab und schaute bedauernd auf das einstmals fesche, jetzt völlig durchweichte Modell. Die Feder würde wohl nicht mehr zu retten sein.
“Spaß oder nicht, Harriet und Lavinia sollten sich auf der Stelle umziehen”, ließ sich Lord Ashby vernehmen und betrachtete die Szene mit unverhülltem Vergnügen.
“Sie sind tatsächlich eine Nixe”, stellte er fest und trat einen Schritt auf Harriet zu. “Wasser scheint Ihr bevorzugtes Element zu sein.”
“Ich dachte, Sie wollten meine Schwester auf ihrer Ausfahrt begleiten”, gab sie schnippisch zurück.
“Danken Sie mir, dass ich anders entschieden habe. Sie waren sich wohl des kurz bevorstehenden Gewitters nicht bewusst.”
“Hugh, es ist ja nichts passiert. Du brauchst uns also keinen Vortrag zu halten”, mischte sich Piers ein.
“Nein, wenn man davon absieht, dass ein Blitz die große Eiche, direkt auf eurem Weg, getroffen hat.”
“Wir waren nicht mal in der Nähe des Baumes”, erklärte Harriet. Sie raffte ihre tropfnassen Röcke und schritt erhobenen Hauptes so würdevoll wie möglich die Treppe hinauf.
Dort wurde sie sogleich von Kathie in Empfang genommen, die ihr half, die nassen Kleider auszuziehen, und sie sodann von Kopf bis Fuß kräftig mit einem Handtuch trocken rieb. Unterdessen kam Elizabeth herein.
“Liebste Harriet!”, rief sie erregt aus. “Hast du nicht schreckliche Ängste ausgestanden? Ich mag dich dieser Tage gar nicht mehr aus dem Haus lassen.”
“Unsinn! Ich hatte überhaupt keine Angst, sondern habe, ganz im Gegenteil, dieses Erlebnis von Herzen genossen. Schade, dass du nicht dabei sein konntest.”
Elizabeth schüttelte sich. “Sobald sich das Unwetter ankündigte, entschied Lord Ashby bereits, dass wir nicht ausfahren würden. Wie recht er doch hatte!”
“Wie immer”, erwiderte Harriet knapp und setzte ironisch hinzu: “Ich frage mich, ob er wohl auch auf Wasser wandeln kann.”
“Aber, Harriet!” Elizabeth war schockiert. “Das ist ja beinahe Gotteslästerung, was du da sagst.”
“Verzeih mir, Lizzie, doch Lord Ashby stellt meine Geduld auf eine sehr harte Probe.” Sie fing einen warnenden Blick von Kathie auf, die sich an den durchnässten Kleidungsstücken zu schaffen machte.
“Aber selbstverständlich hatte er dieses eine Mal wirklich recht”, erklärte sie in versöhnlichem Tonfall. “Ich bin froh, dass du im Hause geblieben bist. Wo sind denn die Jungen? Sie waren bestimmt enttäuscht, dass sie sich drinnen aufhalten mussten.”
“Lord Ashby war mit ihnen in den Ställen, um die Welpen zu beobachten. Später haben wir alle vier gemeinsam das Federspiel gespielt.”
Harriet traute ihren Ohren kaum. “Seine Lordschaft bei einem Kinderspiel? Das glaube ich nicht.” Sie ließ sich von Kathie in ein geblümtes Musselinkleid helfen.
Elizabeth kicherte. “Fordere ihn besser nicht heraus”, warnte sie. “Er ist verflixt gut in dem Spiel.”
Harriet versagte sich eine weitere sarkastische Bemerkung über die Tugenden von Lord Ashby. Wenn sie in aller Ruhe darüber nachdachte, musste sie zugeben, dass es schon ungewöhnlich für einen Mann war, eine Stunde und länger darauf zu verwenden, zwei kleine Jungen zu unterhalten.
Sie nahm sich vor, ihm bei nächster Gelegenheit ihren Dank dafür auszusprechen. Warum nur war sie anscheinend die einzige Person, die etwas gegen ihn hatte? Harriet fand sofort eine Erklärung dafür. Die anderen waren bisher noch nicht Opfer seiner scharfzüngigen Bemerkungen geworden und wurden auch nicht ständig von ihm bis aufs Blut gereizt.
Trotz all ihrer Vorbehalte suchte Harriet bei einem leichten Mittagsmahl, bestehend aus kaltem Huhn, verschiedenen Salaten und Früchten zum Dessert, Lord Ashbys Nähe und dankte ihm für seine Fürsorge.
“Haben Sie mir also verziehen?” wollte er halblaut
Weitere Kostenlose Bücher