Happy End fuer Rachel
seiner übermächtigen Gewalt zuschlug. Das neu entstandene Schweigen zwischen ihr und Joe ängstigte sie jedoch nicht weniger.
„Du lebst in Miami?“, fragte Rachel leise.
Ebenso leise erzählte er ihr, dass er in Miami einen Zweitwohnsitz hatte, falls seine Anwesenheit hier nötig sei.
„Wahrscheinlich gibt es auch noch einen wunderschönen Dritt-oder Viertwohnsitz“, bemerkte sie ironisch und versuchte, die Wehmut über ihr eigenes Kämpfen nach finanzieller Sicherheit nicht durchklingen zu lassen.
Joe Mendez lag nichts ferner, als mit seinen Besitztümern zu prahlen, darum wechselte er das Thema und fragte: „War es schwierig, ein Flugticket zu bekommen?“
Dankbar, ins Harmlose wechseln zu können, schüttelte sie den Kopf. „Beziehungen über meinen Schwiegervater“, erklärte sie noch.
Die ganze Zeit über musste Joe sich fast auf die Zunge beißen, um nicht mit der Frage herauszuplatzen, warum sie dann nicht schon früher gekommen war. Schließlich lag das Unglück schon drei Tage zurück. Aber im Grunde konnte er sich die Frage sparen, weil er die Antwort längst kannte. Und nachdem Joes Bild von Steve ohnehin schon leicht angekratzt gewesen war, bekam es nun klaffende Risse. Denn er wusste, dass Rachel sofort gekommen wäre, wenn Steve sie umgehend benachrichtigt hätte.
Rachel blickte ihm ins Gesicht und glaubte, in seinen Augen zu lesen, dass er etwas vor ihr verbarg. „Etwas ist nicht in Ordnung! Ich spüre das. Bitte sag mir die Wahrheit“, verlangte sie.
„Keine Sorge, alles wird gut“, beruhigte er sie.
Natürlich muss ich mich beruhigen, aber wie soll mir das in seiner Nähe gelingen? Die Erinnerung an den Kuss überwältigte sie immer mächtiger. Aus Angst, ihr Blick könnte seinem begegnen, sah sie konzentriert aus dem Seitenfenster.
Draußen duckten sich alte, einstmals prächtige Stadtvillen mit Säuleneingängen vor den dahinter aufragenden Wolkenkratzern. Genauso klein und hilflos, wie ich neben ihm, dachte Rachel und registrierte, dass er sie von der Seite betrachtete.
„Wie weit ist es denn noch bis zum Hotel?“, fragte sie nervös.
„Es liegt ein wenig außerhalb von Miami, aber wir sind bald da“, versprach er und beschäftigte sich mit dem Inhalt der Minibar. „Du hast sicher Durst, welche Erfrischung bevorzugst du?“
„Ich hätte gern ein Wasser“, antwortete sie. Dabei gestand sie sich ein, dass kein Getränk der Welt ihren Durst nach ihm löschen könnte. Dankend nahm sie die kleine Flasche entgegen und verzichtete auf ein Glas. Schon beim ersten Schluck war ihr bewusst, wie wenig das kühle Wasser die Hitze in ihr lindern konnte.
Joes Blick folgte ihren Händen und wanderte dann über die Rundungen ihres Dekolletés zu Rachels leicht gebogenem, schönem Hals. Seine Augen glitten ein wenig abwärts und verharrten dort auf der verführerisch glänzenden und weichen Haut.
Als er erwähnte, dass die prachtvolle Villa der Johansens ganz in der Nähe des Krankenhauses liege, ahnte er nicht, was er damit in Rachel auslöste. Beiläufig fügte er hinzu: „Steve braucht nur wenige Minuten bis zum Krankenhaus.“
„Dann wohnt er seit Daisys Unfall bei Laurens Familie? Darum habe ich ihn also nicht in seinem Apartment erreicht.“
„Seit dem Tod von Laurens Mutter verbringen die beiden viel Zeit bei Laurens Vater. Man kann sagen, dass sie seit fast einem Jahr dort wohnen, um dem alten Herrn die Einsamkeit zu nehmen. Wusstest du etwa nichts davon?“
„Er ist ja nicht verpflichtet, mich über seinen Aufenthaltsort zu informieren, solange er meine Tochter nicht bei sich hat.“
Dein Bild wird immer schäbiger, lieber Steve, dachte Joe grimmig. „Vom Unfallhergang hat er dir aber doch alles genau berichtet, oder?“, wollte er wissen.
Doch Rachel wusste nach wie vor nur in groben Zügen Bescheid und wollte nun endlich von Steve Genaueres erfahren. „Vor allem möchte ich wissen, warum Daisy keine Schwimmweste getragen hat. Davon weiß ich auch nur durch meine Schwiegermutter!“
In Joe wuchs der Groll gegen seinen Freund. Ihm war es vollkommen unverständlich, wie ein Mann Mutterliebe und – sorge derart missachten konnte. Außerdem fühlte er sich von Steve getäuscht, da dieser Rachel als berechnend und gefühllos beschrieben hatte. Es gefiel Joe gar nicht, dass Rachel erst im Krankenhaus erfahren sollte, wie es um ihre Tochter stand. Aber der Mann, den er bislang als Freund angesehen hatte, würde sich vor ihm verantworten müssen, so viel stand
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