Happy End fuer Rachel
Rachel die blassen Wangen des schlafenden Mädchens so vorsichtig, als hätte sie es gerade geboren. Ihr entging der liebevolle Ausdruck, mit dem Joe sie dabei beobachtete.
„Ich hatte einen riesigen Kopfverband erwartet.“ Daisy trug nur eine Netzhaube über dem Kopf, durch deren Maschen ihr blondes Haar schimmerte. Lediglich oberhalb der Schläfe verriet eine weiße Mullkompresse unter den Gittern die Stelle der Verletzung.
„Unsere Methoden haben sich zum Glück sehr verbessert“, erklärte der Arzt. „Sie sollten sich jetzt ausruhen“, empfahl er dann. „Die Kleine wird erst in sechs bis acht Stunden aufwachen. Hinterlassen Sie Ihre Telefonnummer, dann werden wir Sie informieren, sobald erste Anzeichen für ihr Erwachen auftreten. Und es besteht kein Anlass zur Sorge, Madam. Sollten Sie noch Fragen haben, stehe ich Ihnen später gern zu Verfügung.“ Er bat um Verständnis, nun die Visite fortsetzen zu müssen. Nach einer Verneigung in Rachels Richtung und einem freundschaftlichen Klaps auf Joes Schulter verschwand er aus der Tür.
„Kein Anlass zur Sorge!“, wiederholte Rachel und begann leise zu schluchzen.
Dem schlafenden Kind versprach sie: „Ich werde mich hier nicht von der Stelle rühren, mein Engel!“
Plötzlich spürte sie Joes sanft massierende Finger in ihrem Nacken. „Gonzales hat recht. Du bist mit deinen Kräften am Ende und musst neue für später schöpfen. Hier kannst du im Moment nichts ausrichten!“ Joes Ton ließ jeglichen Widerspruch in Rachel verstummen. Entschlossen zog er sie hoch und schob sie aus dem Krankenzimmer.
Nach dem ersten Schritt in die Besucherhalle blieb Rachel abrupt stehen. „Nein!“, hörte Joe sie sagen. „Nein! Ich hinterlasse jetzt meine Nummer und fahre für kurze Zeit ins Hotel. Ich nehme ein Taxi. Danke für alles!“
Im gleichen Moment klingelte sein Handy. Noch während er es nach dem Telefonat vom Ohr nahm und zusammenklappte, erklärte er mit finsterer Miene: „Ich muss zur Firma. Dringend! Luther wird dich fahren. Das Taxi nehme ich.“ Die letzten Worte rief er schon auf dem Weg zum Fahrstuhl.
Im Schwesternzimmer schrillte das Telefon. Die ältere Krankenschwester hob ab, nickte immer wieder und legte wieder auf. Dann schob sie die Glasscheibe auf. „Dr. Gonzales muss Sie bitten, das Gespräch mit ihm auf morgen Mittag zu verlegen. Die Unfall-OP, die er vor sich hat, könnte die ganze Nacht dauern.“
Rachel nickte stumm und reichte ihr eine Visitenkarte, auf deren Rückseite sie noch rasch die Nummer des Hotels schrieb.
Im Fahrstuhl fiel ihr siedend heiß ein, dass sie bei einer Taxifahrt im Hotel nicht einmal Wäsche zum Wechseln gehabt hätte, da ihr Gepäck in Joes Wagen lag.
Dem Himmel sei Dank, flüsterte sie und betrat das Foyer.
Luther sprang aus einem der Sessel. Dann ließ die Lautsprecherdurchsage alle Anwesenden für einen Moment erstarren. „Mrs. Carlyle! Mrs. Carlyle! Bitte kommen Sie rasch in den zweiten Stock auf Station vier.“
Rachel verwünschte die Langsamkeit des Fahrstuhls. Oben wartete bereits die aufgeregte ältere Krankenschwester auf sie. Ihre Stimme überschlug sich, als sie auf dem Weg zu Daisys Zimmer atemlos erklärte: „Was für ein Segen, dass Sie noch da sind! Daisy ist unruhig geworden. Dr. Gonzales geht besonders bei Kindern äußerst vorsichtig mit den Dosierungen um. Es ist gut möglich, dass sie aufwacht, und es würde ihr guttun, endlich ihre Mutter zu sehen.“
Nervös sank Rachel auf die Bettkante. Daisys Augenlider bebten. Nichts auf der Welt werde ich je mehr lieben können als dich, mein Kind, dachte Rachel und nahm die unruhig hin-und hertastenden Hände ihres Kinds in die ihren. Kurz darauf schlug Daisy die Augen auf und tatsächlich, sie lächelte. „Mummy, endlich! Endlich bist du da!“, hauchte das Mädchen fast tonlos.
Mit spröder Stimme erwiderte Rachel leise: „Ja, mein Schatz, jetzt bin ich da und bleibe bei dir. Aber du warst vorher doch auch nicht allein. Dad und Lauren waren doch bei dir.“
„Oh nein, Mummy“, kam es noch von Daisys Lippen, dann schlief sie wieder.
Fassungslos starrte Rachel die Schwester an. Diese nickte bekümmert. „Es stimmt leider, Mrs. Carlyle. Daisys Vater war nicht häufiger als dreimal an ihrem Bett. Und er kam immer allein und sagte etwas von einer Krankenhausphobie seiner Partnerin.“
Sie legte tröstend eine Hand auf die Schulter der versteinert dasitzenden Mutter. „Gehen Sie sich jetzt ausruhen, Mrs. Carlyle. In einigen Stunden
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