Happy End fuer Rachel
und war fest eingeschlafen. Sehr sanft nahm Rachel dem Mädchen das Geschenk ab und legte es auf den Nachtschrank. Dann betätigte sie mit äußerster Vorsicht den Knopf, um das Kopfteil des Betts in die Waagerechte zu bringen. Zärtlich strich sie ihrer Tochter über die Wangen und flüsterte: „Schlaf dich gesund, mein Kleines. Morgen ist deine Mummy wieder bei dir.“
Nachdem Rachel die Zimmertür vorsichtig hinter sich zugezogen hatte, eilte sie über den Flur und durch die Halle zum Aufzug. Unten im Foyer begrüßte sie an der Rezeption diesmal wieder die Blondine. Mit fast übertriebener Höflichkeit sagte sie: „Ich wünsche Ihnen einen sehr angenehmen Abend, Mrs. Carlyle.“
Einen Moment fragte sich Rachel, warum sich die junge Hübsche wohl an ihren Namen erinnerte.
Nach einem kurzen Dank trat sie durch die Drehtür und stand nun vor den Stufen der Eingangstreppe.
Im Dämmerlicht des Abends wehten aus dem benachbarten Klinikpark süße Blütendüfte zu ihr herüber. Süß, so süß, dachte sie, aber auch irgendwie unheimlich. Ungeduldig sah sie auf ihre Armbanduhr und fuhr vor Schreck zusammen, als im gleichen Moment ein dunkler Luxussportwagen mit quietschenden Reifen vor ihren Füßen zum Stehen kam.
Aufatmend und gleichzeitig beunruhigt hörte sie Joes Stimme durch das geöffnete Seitenfenster. „Punkt neun Uhr! Da bin ich!“ Er sprang aus dem Wagen, stand nach zwei langen Sätzen vor ihr und fragte mit jungenhaftem Lächeln: „Darf ich beim Einsteigen behilflich sein, schöne Lady?“
Rachels Herz machte einen Sprung. Sprach er tatsächlich von ihr? Sie fühlte sich zwar wohl in ihrem Kleid, vielleicht ein wenig jünger. Aber schön waren wohl eher die Frauen, mit denen Joe sich sonst umgab. Dennoch taten ihr seine Worte unendlich wohl. Sie genoss es, sich von diesem attraktiven Mann die Seitentür des Wagens öffnen zu lassen und genoss auch das Besondere an seiner einladenden Handbewegung.
Außerdem bewunderte sie die Lässigkeit, mit der Joe sich in seiner sportlich-eleganten Kleidung bewegte. Der sandfarbene knitterfreie Leinenanzug saß wie angegossen. Das schwarze Oberhemd mit dem Caprikragen ließ den gebräunten Halsansatz frei.
„Wohin fahren wir eigentlich?“, fragte Rachel, als der Wagen anfuhr.
„Zum Sea House“, antwortete er. „Dort gibt es den besten Fisch. Du magst doch Fisch?“
Rachel nickte stumm.
Eine lange Weile fuhren sie schweigend. Als sie das Häusermeer der Innenstadt verlassen hatten, betrachtete Rachel die vorüberfliegende, im beginnenden Dämmerlicht liegende Landschaft. Hohe Palmen säumten die Straße. Zwischen ihnen blühten Oleander und Hibiskus, manchmal auch stacheliges Gesträuch mit seltsamen Blüten.
„Daisy will unbedingt zurück nach Hause, nach England“, platzte es aus Rachel heraus.
„Jetzt? Ich bitte dich! Sie wird noch etliche Zeit benötigen, bis ihr ein Flug erlaubt werden kann!“
Plötzlich hörte sie sich von Steves und Laurens Ferienplänen sprechen, die Daisy ausschlossen. Sie hatte sich wirklich nicht beklagen wollen und erschrak, als Joe auffuhr: „Toller Vater! Dabei habe ich ihm eine Chance gegeben!“
Anschließend schwieg er mit versteinerter Miene und trat auf das Gaspedal.
Es tat Rachel leid, dass ihre Worte seine Fröhlichkeit verjagt hatten. Gleichzeitig dachte sie: Er verhält sich wie ein Vater – nicht Steve!
Als sich Joes Hand warm auf ihr Knie legte, zuckte sie nicht zurück. „Hör zu, Rachel!“, klang seine Stimme nun sanft, aber auch bestimmt an ihr Ohr. „Nach Daisys Entlassung könnt ihr beide in meinem Haus Bahia Mar in Coral Gables wohnen. Dort kann sich die Kleine erholen, und der Weg zu den Kontrolluntersuchungen ist nicht weit.“ Seine Stimme klang plötzlich eindringlich bittend. „Bitte, seid dort meine Gäste, so lange es euch gefällt.“
Rachel stockte der Atem, doch schließlich brachte sie leise hervor: „Das geht nicht, Joe.“
Nachdenklich runzelte Joe die Stirn. „Ja, richtig, der Verlag erwartet deinen neuen Roman. Daran hatte ich nicht gedacht.“
„Auf meine Arbeit könnte ich mich momentan ohnehin nicht konzentrieren“, erklärte Rachel.
Vor einer noblen Villa brachte Joe den Wagen schließlich zum Stehen. Er stellte den Motor ab und sah Rachel fragend an. „Dann verstehe ich nicht, wo das Problem liegt? Warum kannst du nicht einmal meine Hilfe annehmen, ohne zu widersprechen? Ich muss ja fast vermuten, dass du glaubst, ich könnte etwas Besonderes dafür verlangen“,
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